Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0043
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
42

III Orientierung

zur frühen Neuzeit" (1994-2000) im Mittelpunkt, das die Selbstsicht der Zeit-
genossen in den Blick nahm und die Darstellung des Krieges insbesondere
anhand von Chroniken und Traktaten untersuchte. Das Interesse galt dabei
vor allem den sprachlichen Bildern, mit denen die Chronisten ihre Zeit er-
fassten und Wiedergaben.^' Uber die als direkte Ergebnisse des Projekts zwi-
schen 1997 und 2002 publizierten Bände hinaus^ hat der methodische An-
satz, explizit die sprachliche Umsetzung von Krieg und Schlachten in den
Darstellungen einzelner mittelalterlicher Autoren zu untersuchen, breite
Wirkung entfaltet und weitere Studien angeregt.^ Dies führte einerseits zu
einer Sensibilisierung gegenüber der genutzten Lexik und der jeweiligen
Schreibintention eines Autors, andererseits aber auch zu einer gewissen Ver-
einzelung der Ergebnisse. Eine über greifende Analyse der Darstellungs-
strategien mittelalterlicher Chronisten steht noch aus.
Wenn man diese Ansätze dem Einfluss des Engnisfic turn zuschreibt, hat
auch der zcomc turn auf ähnliche Weise Beachtung und Umsetzung in der
Geschichtswissenschaft gefunden: Den Brückenschlag zwischen Kunst-
geschichte und Geschichtswissenschaft nahm 1990 Raynaud in Angriff, die
Gewalt- und Kriegsdarstellungen in mittelalterlichen Miniaturen auf die Art
ihrer Wahrnehmung und Darstellung hin untersuchte und dabei auch die
Bild-Text-Relation mit einbezogA Ihrer breit angelegten Studie folgten Spe-
zialuntersuchungen bestimmter Handschriften oder inhaltlicher Aspekte, wie
der Darstellung von Hinrichtungen oder städtischen WehranlagenA
Neben Analysen spezieller Bildmotive wurde auch nach der ,visuellen
Kultur' des Mittelalters insgesamt gefragt. Groebner betonte 2003, dass auch
die optische Wirkung von Gewalt spezifischen Normen gehorcht habe und
somit, sei es als Bild oder als Ekphrasis, bewusst inszeniert worden sei A Die-
sem Ansatz folgte auch Mills, der anhand von Darstellungen gefolterter Kör-
per aufzeigte, wie sehr deren Interpretation zwischen gerechter Strafe und
Martyrium von kulturell bedingten Codierungen abhingA Entsprechend
rückte gegenüber dem Dargestellten der Betrachter in den Blick, dessen

43 Die Vorstellung des Forschungsprogramms findet sich bei Brunner, Vorwort.
44 Mit mittelalterlichem Schwerpunkt oder Anteil: Leng, Ars belli; Brunner et al., Dulce bellum
inexpertis; Bach, Ritterschaft; Hruschka, Kriegsführung; Die Wahrnehmung und Darstellung;
Der Krieg im Mittelalter; Kerth, Landsfrid.
43 Fournel, Violences; Prietzel, Tod; Kriegs/Bilder; Extreme Formen von Gewalt; Prietzel, Blicke;
Scharf, Reden; Le Saux, War; Le Brusque, Chronicling; Sprandel, Legitimation und Delegitima-
tion; Bousquet, Image; Schmitt, Chroniqueurs; Allmand, Writers; Sprandel, Subjektivität; Voll-
rath, Konfliktwahrnehmung. Zum Aspekt der Mythisierung bestimmter Schlachten siehe:
Schlachtenmythen.
46 Raynaud, Violence. Siehe dazu Martin, Mentalites [1998], S. 120f.
47 Oschema, Mord; Jucker, Norm; Rehm, Körperstrafen; Morel, Iconographie; Tammen, Gewalt;
Groebner, Ungestalten; Ellena, Temps; Ellena, Noblesse; Raynaud, Defenses; Signori, Frauen;
Hurel, Representation; Raynaud, Langage.
43 Groebner, Ungestalten, hier S. 164-167.
49 Mills, Suspended animation.
 
Annotationen