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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0077
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76

1111 Voraussetzungen

zum angebeteten „Halbgott"^. Krieg war im Selbstverständnis der Ritter
nicht nur Aufgabe und Recht, sondern auch PfhchtA Er war einerseits ein
Mittel, um Streitigkeiten zu lösen und Beute zu machen/? diente andererseits
aber eben auch dazu, sich vor anderen durch heldenhafte Taten auszuzeich-
nen: „Wer mehr leistet, gilt mehr", so das wiederkehrende, anstachelnde
Mantra Geoffrois de Charny, für das er folgerichtig eine Rangordnung der
Gelegenheiten nannte, bei denen Ehre und Ruhm erworben werden konnte.
Dabei rangiert der Krieg deutlich vor Fehden oder Turnieren.^
Diesen Anforderungen gerecht zu werden, erforderte freilich ständige Ak-
tivität und Training. Der Ritter zeichnete sich nicht nur durch besondere
Umgangsformen aus, sondern eben auch durch körperliche Fitness, was zu
einem regelrechten Körperkult führte.^ Es war also Tatkraft gefordert: Mi-
chel Pintoin berichtete, dass viele französische Adlige 1404 bereitwillig dem
Aufruf des walisischen Fürsten Owain Glyndwr folgten, sich seinem Krieg
gegen die Engländer anzuschließen, da sie des unwürdigen Müßiggangs
überdrüssig waren, den ihnen der geltende Waffenstillstand aufzwangd" Der
Frieden wurde weniger als politischer und militärischer Erfolg gesehen, son-
dern führte auch in den Augen König Johanns II. zu fehlendem Training und
so zur Trägheit einiger Ritter - weswegen er 1356 zu deren Ertüchtigung den
Ordre de TEtode gründete.^

25 Vgl. Kaeuper, Chivalry and violence, S. 129; sowie Kaeuper, Holy warriors, S. 36.
26 Diverse Quellen schildern, dass Zurückhaltung im Kampf kritisiert wurde und unter
Kämpfern ein starker Wille zur Offensive bestand: Chronique des regnes, Bd. 2, S. 135; Basin,
Charles VII, Bd. 1, S. 284; Bassett, Fleet Prison, Bd. 2, S. 10-12; Chronique du Religieux, Bd. 1,
S. 350 und 428; Bd. 3, S. 160; Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5, S. 207 (1,460).
22 Zu Streitigkeiten: Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 14, 96, 348; Bd. 3, S. 208; Monstrelet, Chro-
nique, Bd. 2, S. 65. Zum Beutemachen: The Book of Chivalry, S. 86; Chronique du Religieux,
Bd. 1, S. 108; Philippe de Commynes, Memoires, Bd. 1, S. 92 (11,1).
26 The Book of Chivalry, S. 86-90, siehe auch S. lOOf. Es verwundert daher nicht, dass Prestwich
für seinen „Karriereführer" für Ritter Geoffroi de Charny als Hauptquelle heranzog; Prestwich,
Ritter.
29 Darauf weist z. B. Chastellain in seinem Miroer hin: Vos Jaiis, uos moeMrs, ü feMf/we mirer, Ei uos
deaMX eorps des HMires pre/erer. Chastellain, Oeuvres, Bd. 6, S. 204f. Siehe dazu Auge, So solt er,
S. 28-32; Westerhof, Death, S. 33-56; Pintaric, Röle, S. 420f.; Martin, Mentalites [1998], S. 377
und 386; Kortüm, Menschen, S. 41-45.
20 iMMMmeraddes Modües a(jMerMMi, pui ad idam modis OMMidMS HMdeiadaMi, iMdigMMM dueeMies in regMO
mareessere ocio, eum idi reperire sperareMi maieriam iriMmpdorMm. Chronique du Religieux, Bd. 3,
S. 166. Zum Aufstand Owain Glyndwrs siehe Davies, Revolt. Für ähnliche Beispiele siehe
Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 162 sowie Bd. 3, S. 168; The Book of Chivalry, S. 86.
Ei pu/ep/iM ds fia edeuaierie de Moire Roi/HMme, CM) OMi reiadd daMS i'Efaf MMe paix ei secMriie si
pro/oMdes, pM'apres de ioMgs siedes eeouies, pMeipMes-MMS des memdres de eei ordre, desaeeoMiMmes des
armes ei depouruMS d'exercices, OM poMr HMire cause iguoree de MOMS, se soMi demesuremeMi piouges,
daus ie desoeMuremeMi ei ies uaudes dM siede, HM mepris de i'doMMeur, deiasi ei de ieMr dede reuommee,
poMr s'adaisser de gaiie de cceur a ia reederede de ieMrs aises persoMMedes. Ediert bei Vattier, Fondati-
on, S. 42f. Eine lateinische Version liegt in Paris, AN, JJ 81, fol. 288' (Nr. 570). Englische Über-
setzungen bei Kaeuper, Geoffroi de Charny, S. 60; Boulton, Knights, S. 184f.
 
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