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Besprechungen neuer Erscheinungen (Einzelblätter, Mappen und Bücher).
The Dürer Society. London.
1898 sf. fol.
Das Programm, das sich diese vornehme,
nunmehr bereits fünf Bände umfassende Kunst-
publikation gestellt und bis jetzt auch treu besolgt
hat, ist nach ihrem Prospekt aus dem Jahre 1898
folgendes:
Sie will mit Hilse der modernen photo-
mechanischen Reproduktionsmethoden die Werke
Dürers und der Künstler um ihn wiedergeben. Sie
beabsichtigt, in erster Linie eine Reihe von treuen
Kopien nach diesen Meistern zu bringen, und zwar
einschließlich solcher Gemälde, die bisher noch
nicht auf würdige Weise reproduziert wurden oder
aus irgend einem Grunde unzugänglich sind. Eine
Anzahl von Taseln soll die Beziehungen zwischen
deutscher und italienischer Kunst während des 15.
und 16. Jahrhunderts illustrieren.
Jedes Jahr wird eine Mappe ausgegeben,
die fünfzehn bis fünfundzwanzig Blätter mit be-
gleitendem Texte enthält.
Die in jedem einzelnen Falle gewählte
Vervielsältigungsart ist jene, welche am besten
geeignet ist, die besonderen Eigenschaften des
Originals zum Ausdruck zu bringen.
Um für die ganze Ausgabe eine gleich-
mäßige Vorzüglichkeit des Druckes zu erzielen,
wurde die Zahl der privaten Mitglieder aus 250
Subskribenten beschränkt. Fünfzig Exemplare
werden für ösfentliche Institute und den Verkauf
zu erhöhtem Preise an Nichtmitglieder gedruckt.
Einzelne Tafeln werden nicht abgegeben.
Der Jahresbeitrag ist mit einer Guinea
angesetzt und berechtigt die Mitglieder, alle
Publikationen der Gesellschaft zu beziehen.
In jedem Bande wird nachstehende Reihen-
folge der Reproduktionen eingehalten: Gemälde,
Zeichnungen, Stiche und Holzschnitte.
Sekretäre der Gesellschaft sind der ebenso
rührige wie kundige S. Montagu Peartree
und unser Mitarbeiter CampbellDodgson, dem
zugleich ausschließlich der wissenschaftlich ge-
diegene Text zu verdanken ist.
Ich zähle im folgenden alle jene Blätter
auf, die mir besondere Erwähnung zu verdienen
scheinen oder zu denen irgendeine Bemerkung zu machen ist.
Jahrgang I. 1898. Eine Kopie des Rosenkranzbildes, vielleicht
von Johann Rottenhammer, einst im Palazzo Grimani-Spago zu Venedig,
jetzt im Besitze von A. W. Miller Esq., Woodlands, Sevenoaks, Kent.—
Dürers Selbstporträt von 1484. Es wäre nicht uninteressant gewesen,
bei dieser Gelegenheit etwas über den Autor der vom 4. Februar 1576
datierten Kopie im Britischen Museum zu ersahren. — Der Tod des
Orpheus von 1494. Im Text ist nicht nur der bekannte norditalienische
Kupferstich, der Dürer die Anregung zu jenem Blatte gab, sondern auch
eine italienische Zeichnung aus Pergament aus dem Besitze des Earl os
Rosebery, die denselben Gegenstand darstellt, wiedergegeben. Ob sie
Dürer gekannt hat, ist zweiselhaft. Der Hase, der in ein Erdloch schlüpst,
findet sich z. B. auf der Pupila Augusta-Zeichnung (L. 389). Der Ähnlich-
keit des Orpheus mit einem der bereits Gestürzten aus dem Antonio
Pollaiuolo zugeschriebenen Stiche »Herkules besiegt die zwöls Giganten«
ist meines Wissens noch nicht gedacht worden. — Der von 1508
datierte Knabenkops im Besitze des Hon. A. E. Gathorne-Hardy, London,
wird hier nicht, wie es im Texte heißt, zum ersten Mal verösfentlicht. Er
findet sich schon vortresflich reproduziert in der Publikation,'welche der
Albrecht Dürer.
Handzeichnung.
Burlington Fine Arts Club anläßlich seiner Dürer-Ausstellung im Jahre
1870 veranstaltet hat. — Zwei Stiche aus der Schule Mantegnas, die
Porträte Lodovico Gonzagas und seiner Gemahlin Barbara von Hohen-
zollern darstellend. — Porträt Karls V., anonymer deutscher Holzschnitt
von 1518, nach dem einzigen Abdruck im Dresdener Kupserstichkabinett.
Aus dem mit der Inschrist »Jost de Negker zu Augspurg, 1519« ver-
sehenen Blatt und der Kopie darnach sind die charakteristischen Züge
des jugendlichen Habsburgers viel besser getrosfen als aus dieser slauen
Arbeit; die beiden letzteren Holzschnitte geben daher wohl auch eine
treuere Vorstellung von dem gemeinsamen Original. — Springinklee,
St. Wilgesortis und der Geiger, nach dem Abdruck in der Bodleiana zu
Oxsord, der, wie im zweiten Bande korrigiert wird, nicht der einzige
ist, da sich je ein Exemplar im Berliner Museum (ohne Monogramm)
und in der Sammlung Blasius zu Braunschweig (mit salschem Dürer-
Monogramm) besindet.
Jahrgang II. 1899. Porträt des jungen Mannes von 1506 in
der Königlichen Sammlung zu Hampton Court. Wie Cust und Law er-
kannt haben, stellt es denselben Mann dar, welcher auf dem Rosen-
kranzbild links hinter dem Patriarchen steht. — Lorenzo di Credis