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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.4233#0062
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Augustin Hirschvogel, Stadt am Fluß. B. 72. Radierun

Passavant hat eine in Berlin aufbewahrte Landschaft als P. 142 dem Hirschvogel zugeschrieben, ohne zu
beachten, daß dies Blatt eine fast ganz (bis auf eine Bergkontur rechts) getreue Kopie nach Altdorfers B. 72 ist.
Nun glaube ich sonst bei Hirschvogel wenig von spezifisch Altdorferischem zu finden; zudem ist diese Radierung
von Hirschvogels Art auch technisch stark abweichend. Also scheint der Schluß berechtigt, daß Passavants Zu-
schreibung falsch ist und die betreffende Radierung ein anonymes Werk aus Altdorfers engerem Kreise

Hans Sebald Lautensacks Landschaften sind, gegen Hirschvogel gehalten, nicht nur an Reichtum der Motive
und Ideenfülle überlegen, sondern verraten auch originellere, persönlichere Auffassung. Die Technik der Radierung
ist von der Hirschvogelschen stark verschieden, aber nicht durchaus zu Lautensacks Vorteil, da der Überreichtum
an Strichen die Übersichtlichkeit beeinträchtigt. Seine frühesten Blätter, die aus dem Jahre 1544 herrühren, beweisen
den Anschluß an Altdorfer. B. 44 ist auch in der technischen Behandlung noch feiner, zurückhaltender; die Motive
sind dagegen bereits ins Volle, Urwaldmäßige gesteigert und der Unterschied von Vorder- und Mittelgrund forciert.
Ein andres, unbeschriebenes Blatt von 1544 besitzt das Berliner Kupferstichkabinett als 562/8, noch altdorferischer in
der Komposition und in Einzelzügen, die (wie zum Beispiel die auf den Felsen wachsenden Gesträuche) direkt in den
»Radierten Landschaften« des Regensburgers vorkommen könnten. Aber auch Hubersche Einflüsse fehlen nicht ganz.
So hat die Landschaft B. 24 von 1553 die aus Hubers Zeichnungen bekannte eigentümliche Sonnenform. Auch die
Seelandschaft rechts auf diesem Blatt gemahnt an den Passauer Meister. Bei B. 45, der »Flucht nach Ägypten«
von 1555, könnte man sich die Frage stellen, ob das neuerdings bekannt gewordene Gemälde Hubers in der Lipper-
heideschen Sammlung zu Berlin'-(Kunstgewerbeschule) darin nachgebildet sei. Für den Anschluß an das Berliner Bild
würde die gegen Dürers Stich veränderte Beinhaltung des Esels sprechen, die mit dem Gemälde übereinstimmt, sowie
die Situation auf einem Hügel gegen eine in der Gesamtanlage ähnliche Landschaft. Es ist aber zweifelhaft, ob
Lautensack das Hubersche Bild gesehen haben kann, und somit bleibt die Frage, ob seine Radierung auf Dürer oder
den Passauer zurückgeht, vorläufig offen. Ein merkwürdiges Zusammentreffen will, daß Lautensack einmal eine land-

1 Der Landschaft wegen gehört in den Hirschvogelkreis die große, landschaftlich sehr schone Eisenradierung des Monogrammisten P.S.
»Simson mit den Toren von Gad« (Nagler IV, Nr. 3300), die wegen des außerordentlich frühen Datums (1539) wichtig ist. Möglicherweise erhielt
Hirschvogel von dieser Seite her selber Anregungen.

2 Hermann Voss, Ein unbekanntes Gemälde Wolf Hubers in der von Lipperheideschen Kostümbibliothek. Amtlicher Bericht aus den könig-
lichen Kunstsammlungen, Berlin, XXX. Jahrgang (1909), Seite 85 ff.
 
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