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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.4140#0018
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Dei hl. Christoph.

"Holzschnitt von 1423.

vier heiligen Jungfrauen und datiert vom Jahre 1418, bekannt geworden
ist. hat der Spencersche heilige Christoph, nachdem man ihn schon
längst nicht mehr für den ältesten Holzschnitt überhaupt gehalten hatte,
auch noch den Ruhm eingebüßt, der älteste datierte Holzschnitt zu sein.
Das Blatt ist auf die Innenseite des hinteren Deckels eines von 1417
datierten lateinischen Manuskriptes geklebt, das »Liber cuiusdamCartusi.
qui intitula[tur] Laus Virginis« überschrieben ist und,bevor es nochimXV.
Jahrhundert in den Besitz des Karthäuserklosters bei Buxheim gelangte,
wo es Heinecken kennen lernte, Jakob Mutzenberger, dem Pfarrer von
Memmingen, gehört hat. Auf der Innenseite des Vorderdeckels derselben
Handschrift klebt ein Holzschnitt, der die Verkündigung Maria (Schreiber
28) darstellt und zweifellos von derselben Hand wie der heilige Christoph
bemalt ist. Die Verkündigung ist gleich dem heiligen Christoph ein
Unicum. Während aber von letzterem außer dem Nachschnitt von 1776
in Muits Journal keine Wiederholungen bekannt sind, gibt es von der
Verkündigung in Washington, Nürnberg und Freiburg (in der Schweiz)
nicht weniger als drei, die alle noch aus dem XV. Jahrhundert stammen.
Dodgson hält den Druck in Manchester für die älteste Fassung und wegen
der Übereinstimmung von Stil und Maßen für ein Blatt eines Marien-
lebens, von dem sich zwei andere Blätter, die Geburt und die Anbetung
der Könige, in St. Gallen erhalten haben. Heinrich Molsdorf weist in
seinen »Gruppierungsversuchen im Bereiche des ältesten deutschen Holz-
schnittes« (Straßburg 1911) die beiden St. Gallener Blätter dem Meister
des heiligen Christoph in Manchester zu, Dodgson erklärt sie für die-
selbe Hand wie die Verkündigung und damit natürlich auch wie den
heiligen Christoph ebendort. Molsdorf läßt es ungewiß, ob diese kleine
Gruppe von Formschnitten in Basel oder in Konstanz entstanden sei,
Dodgson möchte sich für das letztere entscheiden. Die Entstehungszeit
der Gruppe ist durch das Datum 1423 auf dem heiligen Christoph
gegeben.

Von den sechs Einblattdrucken, die die Veröffentlichung noch
vorführt, seien erwähnt zwei Unica, das eine Antonius Eremita (Schreiber

1222). das andere die heilige Brigitte von Schweden (Schreiber 1289)
beachtenswert durch die auch sonst noch nachgewiesene Signatur
»Michel» (hier: miehil oder »michel ), und schließlich das Schrotblatt
Christus auf dem Ölbcrg (Schreiber 2241), das in drei Drucken vor-
kommt, deren einer sich jetzt in der Albertina befindet (vgl. Haberditzl-
Stix, Die Einblattdrucke des XV. Jahrhunderts in der Kupferstichsamftllung
der Hofbibliothek zu Wien, Wien 1920, II. Band, Tafel XIV, Nr. 58).
Alle Reproduktionen sind Lichtdrucke. Der heilige Christoph und
die Verkündigung '-inj einfarbig und in Farben wiedergegeben. Da das
so viel besprochene und so wichtige Blatt mit dem heiligen Christoph in
den John Rylands Facsimiles zum ersten Male auf eine seiner Bedeu-
tung entsprechende Weise reproduziert ist, die Mappe aber unter den
gegebenen Verhältnissen im Umkreis der deutschen Zunge leider kaum
eine größere Verbreitung finden durfte und da schließlich im folgenden
eine (Dodgson, als er die Einblattdrucke in Manchester herausgab, noch
unbekannte; dem heiligen Christoph gewidmete Veröffentlichung bespro-
chen wnd. in der das Spencersche Blatt zwar natürlich genannt, aber nicht
abgebildet ist, so wurde hier eine Verkleinerung des einfarbigen Licht-
druckes nach dem berühmten Holzschnitt eingefügt. ,4. W.

Die Legende vom heiligen Riesen Christophorus in
der Graphik des XV. und XVI. Jahrhunderts. Ein entwick-
lungsgeschichtlicher Versuch von Ernst Konrad Stahl.
I. Textband, II. Tafelband (63 Tafeln, darunter 60 Licht-
drucktafeln, insgesamt 95 Abbildungen). München 1920.
J. J. Lentnersche Buchhandlung (Ernst Stahl).

Das Buch beabsichtigt, wie das Vorwort mitteilt, folgendes es
will eine Art Vorstudie sein zu einem noch umfangreicheren Werk über
alles, was den hl. Christophorus angeht; es will ein Beitrag zur Geschichte
der Typenwandlung und Typenwanderung sein; es will, vom rein Gegen-
ständlichen ausgehend, »der Spezialforschung der Graphik des XV. und
XVI. Jahrhunderts durch einen bisher noch nicht begangenen Weg
unverbrauchte Möglichkeiten zur Erlangung neuer Resultate oder zur
Verfestigung der alten zuleiten«: es will nach dem von Heinrich Wöifflin
(dem übrigens das Werk gewidmet ist) in seinen »Kunstgeschichtlichen
Grundbegriffen« gegebenen Vorbild »gewisse allgemeingültige Form-
und Kompositionsprobleme erörtern und weiter ausbauen«.

In der Einleitung kommen folgende Punkte zur Sprache: Die
Christiiphoi us-Idee und die Entwicklung der Legende vom frühen Mittel-
alter an — Rückwirkung des Heiligenkultes auf die bildliche Darstellung —
Reformation, Renaissance und Christoph-Allegorie. Das Repräsentations-
bild. Allgemeines zur Typenwandlung und Formgenealogie. Die Christoph-
Darstellung vor 140Ü — de.r beginnende Naturalismus — zwölf Zentral-
typen. Typenwanderung und Rassenpsychologie. Weshalb das Christoph-
Thema an Hand der Graphik abgewickelt werden soll. Inwiefern gibt es
Beziehungen zwischen Graphik und »großer Kunst« ? Einiges über
Anlage, Einteilung und Absichten des Buches. Der I. Hauptteil
behandelt: die künstlerische Fassung des Christoph-Themas und die
ikonographischen Wandlungen auf deutschem und niederländischem
Boden von 1400 bis 1500. Der IL Hauptteil: das Christoph-Thema in
Deutschland und den Niederlanden im XVI. Jahrhundert mit einigen
späteren Ausläufern des XVII. und XVIII. Jahrhunderts. Der III. Haupt-
teil: den romanischen Christophorus in der Graphik Italiens und Frank-
reichs im XV. und XVI. Jahrhundert und (in einem Anhang) den mo-
dernen Christoph. Der IV. Hauptteil enthält einen Katalog deutscher
und niederländischer Holzschnitte und Kupferstiche von 1400 bis 1500,
der V. Hauptteil einen Katalog deutscher und niederländischer Holz-
schnitte und Kupferstiche des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts und der
VI. Hauptteil endlich einen Katalog der italienischen und französischen
Christoph-Dai Stellungen.

Schon aus dieser bloß die Haupttitel abschreibenden Inhalts-
übersicht gellt hervor, was für eine Fülle von Stoff in dem Werk ange-
häult ist und von wie vielen und verschiedenartigen Gesichtspunkten aus
dieses riesige Material darin angeschaut ward. Der Bienenfleiß, der all das
zusammengetragen, und der bewegliche Scharfsinn, der dem schier un-
bändigen Vorwurf immer neue Seiten der Betrachtungsart abzugewinnen

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