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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.4140#0046
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hergegeben zu haben, während Grünewald der eigentliche
Fachmann gewesen sein dürfte. Grünewald war schon in
derWienerChemischen Druckerei Senefelders als Lehrjunge
beschäftigt und war 1804 zusammen mit einem Senefelder-
schen Notenschreiber namens Held nach Leipzig gereist,
um dort für die Firma Breitkopf & Härtl eine Steindruckerei
zu errichten.1 Dann verschwindet Grunewald für einige
Jahre und taucht erst wieder 1807 in Mailand auf. Wahr-
scheinlich war das ungünstige Urteil Senefelders über die
Mailänder Druckerei und die ungeheuere Seltenheit ihrer
Erzeugnisse daran schuld, daß man bisher noch kaum den
Versuch gemacht hat, nach Blättern dieser Anstalt zu
suchen. Das ist aber um so unerklärlicher, als wir einer
anderen alten Quelle, der wichtigsten über die Anfänge der
Lithographie in Italien, entnehmen, daß sich die hervor-
ragendsten Künstler Mailands für die Werzsche Gründung
interessiert und sich auch im Lithographieren versucht haben.
Don Giacinto Amati2 schrieb 1828: »Quanto perö a Milano,
sappiamo di certo che il signor de Wertz, tirolese, sino dal
1807 fece i suoi primi tentativi, producendo col metodo lito-
graflco alcune opere disegnate dai celebratissimi Appiani,
Bossi e Longhi,maquei lavori,sebbene fatturedei piü ragguar-
devoli artisti d'Italia, maneggiati daü'ancora inesperto lito-
grafo de Wertz, riuscirono di tanta meschinitä, che pochi
furono coloro che si dessero premura di possedeme qualche
copia, o, posseduta, la custodissero con qualche riguardo,

non essendo perciö rimasti che pochissimi saggi ineguali e confusi in molte parti, soltanto per segnare l'origine della milanese
litografia e non piü; e dopo d'avere il sig. de Wertz, siccome e opinione, venduto a piü individui il suo segreto, lasciö
Milano, forse piü prospera altrove speculando la sua fortuna, bambina lasciando in Milano la litografia abbandonata a mani
inesperte e incapaci,...«. Amati dürfte die Steinzeichnungen, von denen er hier spricht, selbst kaum gesehen haben, denn
sonst hätte er sich nicht so absprechend über sie geäußert. Im Gegenteil, sie waren keineswegs dürftig und arm gedruckt,
sondern zeigten eine ganz imponierende Druckleistung, deren Qualität manche Erzeugnisse deutscher und französischer
Anstalten dieser Zeit übertraf, und waren auch in künstlerischer Hinsicht sehr befriedigend. Die Gründe für das baldige
Auflassen scheinen daher weniger in dem Mißlingen der Versuche gelegen zu haben als in anderen Ursachen, die wir
aber nur vermuten [können. Es waren wohl die allgemeinen künstlerischen Anschauungen daran schuld, die der neuen
Erfindung, die ihrer Zeit schon vorausgeeilt war, das richtige Verständnis nicht abgewinnen konnten.

Fünf Lithographien, die zum Teil zu den künstlerisch bedeutsamsten Inkunabeln dieser Zeit gehören und die bisher
unbekannt oder unbeachtet waren, möchte ich im folgenden der Druckerei des Werz und seiner Nachfolger zuschreiben,
ein sechstes Blatt, das mir nur aus der Literatur bekannt ist, dürfte sich dieser Gruppe wohl leicht anschließen lassen.

Wir wissen durch Amati, daß Giuseppe Longhi,3 Andrea Appiani4 und dessen Schüler Giuseppe Bossi'1 in der
Anstalt des Werz den lithographischen Bilddruck vorübergehend gepflegt haben, ohne daß bisher solche Blätter — die
Lithographien Appianis und das Bodoni-Porträt (Gräff, a. a. 0., Verzeichnis Nr. 3), das aber weder Signatur noch Adresse
aufweist, vielleicht ausgenommen — in der Literatur bekannt geworden wären. Von Longhi haben sich zwei lithographische
Studienblätter in Wiener Sammlungen erhalten.0 Eines stellt einen Madonnenkopf, wahrscheinlich nach Carlo Dolci, dar.

Andiea Appiani, Jünglingskopf nach Correggio(:).

Lithographie.

i »Vollständiges Lehrbuch der Steindrackerey«, S. 100. Diese Nachricht wurde in jüngster Zeit von Carl Wagner angezweifelt: »Die Ein-
führung des Steindrucks in Leipzig« in der Zeitschrift »Deutsches Steindruckgewerbe«, 12. Jahrgang, 1919, Nr. 4.

2 »Ricerche storico-critico-scientiflche sulle origini, scoperte, invenzioni e perfezionamenti fatti nelle lettere, nelle arti e nelle scienze etc.
Milano 1828, I. Bd., S. 263 bis 281, besonders S. 274 ff. Die Hauptquelle Amatis, die allerdings für die Mailänder Anstalt weniger in Betracht kommen
dürfte — Giovanni Dall'Armi »Cennisulla Litografia«, Rom, November 1826 — blieb mir, ebenso wie Gräff, unbekannt.

3 Geboren in Monza 1766, gestorben in Mailand 1831.
i Geboren in Mailand 1754, gestorben daselbst 1817.

0 Nicht Giovanni Bossi, wie ihn Gräff irrtümlich nennt. Geboren in Mailand 1777, gestorben daselbst 1815. Lithographien von seiner Hand konnte
ich in Wiener Sammlungen nicht nachweisen.

6 Die Nationalbibliothek besitzt beide Blätter Longhis und Appianis, die Albertina den Madonnenkopf Longhis und den Engelskopf Appianis.
Ich glaube auch nachweisen zu können, wie es kommt, daß diese äußerst seltenen Blätter, von denen zum Beispiel die Ambrosiana in Mailand kein Exem-
plar besitzt (Gräff, a. a. O., S. 329), in Wien so gut vertreten sind. Ein Schüler Longhis war bis zum Tode des Meisters Claudio Altana (geboren in Blevio
bei Como 1810. Vergl. Giuseppe Beretta, »Giuseppe Longhi etc.«, Milano 1837, und Thieme und Becker, Art. Claudio Artaria), der später die Kupfer-

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