mir wohl beschreiben aber ich erwarte es auch gern, bis Du mir erzählen kannst. Kommt Tunner' oder Hempel nach
Wien? Ich habe gehört, daß Du krank warst. Rieder- hat einen Brief von Dir, daß er ihn nicht gleich überall herumträgt,
Daß Dir Bruchmann nicht geantwortet hat, mußt Du ihm nicht übel anrechnen. Er muß unmäßig studieren und in die
Kanzley gehen, er ist nicht einmahl nach Hütteldorf gezogen. Der Park ist nicht gemiethet, sondern ein anderes verruchtes
Quartier, das nobl und pflichtmäßig genug ist für die Geschichten, die vorgehen; man kann in gar kein Zimmer, ohne
durch Mutter und Vater oder eine Legion Kammerjungfern, wer hätte das geglaubt, wer nur immer gesagt hätte, die
Justin läßt den Schober aus, so hätte ich (ihn) ausgelacht oder gesagt, du bist ein Narr, der nicht weiß, was Liebe kann.
Jetzt sagt sie es selbst und setzt ihr Glück und Leben daran, um es zu behaupten. Könnt ich nur um sie seyn, ich ver-
gäße alles, um ihre Stütze in ihrem Schmerz zu seyn, so aber weiß ich nichts und niemand sagt etwas. Lieber Kuppel,
Du einziger glücklicher unter uns, sey so froh und überschwenglich als Du kannst. So lang ich noch einen glücklich
weiß, weiß ich Labung, die alle Feindlichkeit aufwiegt. Wie ich im ersten Jahr, da ich Dich kannte, in Böhmen war, da
dachte ich an alle, die ich in Wien gelassen. Bey allen dacht ich, wie sie denn in der Liebe wären, denn so jung ich war,
so hatte ich nach Maß zu leiden. Du allein erregtest das Bild einer Hochzeit, die ich auch mit allermöglichen Begier und
Freude mehr als einmahl beging. Ich will kindisch seyn bis an mein Ende. Ich weiß noch Ort und Bilder genau. Es war
am Ausgang eines Waldes, der den Berg hinaufging, wo oben eine schöne Ruine war. Die Aussicht nach Bayern war
weit und groß, die Gegend aufs äußerste häuslich und sauber. Als Knabe ging ich den Weg oft, und erinnerte mich das
letzte Mahl gerade so an vergangenes, wie jetzt, da ich im Geiste denselben WTeg ging. Ich weiß noch, daß ich immer
zwey Engeln dachte oder fühlte, die sich vor Freuden umarmten, und die dachte ich, Dir als Bild zum Geschenk zu
machen, alles so schön, daß ich nichts Schöneres denken konnte. So denke ich jetzt oft an alle, aber, ich möchte sagen
leider, wirklicher und größer. Ich finde jetzt erst den unendlichen Unterschied zwischen dem Volk, das herumgeht, und
dem Kreis, in dem ich aufgewachsen und zu mir gekommen. Lebe recht wohl und komme bald. Schreibe mir, wenn es
Dir nicht lästig ist, aber ich warte auch gern. Hanny sagt mir schon, ob Du gesund oder krank bist, und daß Du die
vielen Kaiser gemahlt hast. Das andere wird sich schon finden.
Dein einsamer Giselheer
An Leopold Kupelwieser.
München, 20. Mai 1850.
Liebster Freund! Ich lasse unter einem einen Brief abgehen, von dessen Existenz Dich in Kenntnis zu setzen, ich
als gehörig und nützlich, nicht unterlassen will. Ich schreibe an Schönstein3 mit dem Ersuchen, eine private Antwort
von Graf Thun, (dem) Minister, mir zu verschaffen, auf die einfache Frage, was ich ein geborncr Wiener und Maler, der
seiner Landsmannschaft keine Schande gemacht hat, sich für Hoffnungen hingeben könne, mit dem sehr natürlichen
Wunsch, in seiner Vaterschaft ein Bild zu hinterlassen. Ich halte es lange für eine Ehrensache, daß etwas von mir in der
Galerie wäre, und führe zur Unterstützung dieser Zumuthung, abgesehen davon, daß ich mit einer Komposition, die für
diesen Fall besonders paßte, im klaren bin, besonders an: daß unter Kaiser Franz es ziemlich gebräuchlich war, bei
Künstlern, die sich den nöthigen Namen gemacht, ein Bild, ich glaube für 10.000 fl. zu bestellen. Daß diese Einrichtung
bei den Bildhauer-Pensionären noch fortbesteht oder unlängst fortbestand, daß die Abänderung bei den Malern, auf jeder
Ausstellung um etwa 2000 fl. zu kaufen, sich in ihren traurigen Früchten bereits als wenig ersprießlich gezeigt hat -
Daß, da von einer weiß Gott höchst nötigen Verbesserung der Kunstzustände die Rede sei, ich wohl annehmen dürfe,
daß von einem Verlangen nach Kunstwerken, statt dem bisherigen circulo vitioso von Lernen und Lehren, eine Ver-
besserung erwartet werden würde — Daß übrigens die bildende Kunst als Kopf der Industrie einer kaiserlichen
Begünstigung wohl werth, und — das ist an Schönstein gerichtet, der Minister mag es aber immerhin zu hören kriegen
— die Massa Geldes, die die Akademie kostet, besser auf Kunstwerke zu verwenden sei. Das Theater hat keine Schule,
aber es wird täglich gespielt und es fehlt nie an den nöthigen Künstlern. Bei uns werden Lehrer und Schüler mit einem
unfruchtbaren Schulwesen geplagt und, wenn es zum Spielen kommt, sind wir dem Zufall überlassen. Entzöge der
Kaiser den Hoftheatern seine Subvention, sie würden sich, auf das Publicum angewiesen, in eben so erbärmliche Knall-
hütten verwandeln, wie Wieden und Leopoldstadt, und sehr natürlicher Weise die Ohren senken, wie die bildende Kunst
auf der letzten Ausstellung gethan haben mag. Im Vorbeigehen gesagt, hat es mich nicht sehr erbaut, von einer Kunst-
ausstellung in Wien das erste Mal in den Kritiken zu lesen. Ich werde überall her eingeladen, nur aus Wien nicht. Hörst
Du also von dieser Sache, so weißt Du, was daran ist und kannst etwaiges Geschwätz berichtigen. Kannst Du etwas
darin thun — unbillig wirst Du meinen Wunsch nicht finden — so setze ich voraus, daß Du bei der Hand sein wirst.
Es muß frisch angegriffen werden, und ich habe das Verlangen nie aufgegeben, zu Hause zu wirken. Du hast eine öffent-
liche Arbeit und sie ward Dir wohl nie ausgehen, von Schulz4 und von Führich5 erwarte ich nichts mehr, was aus-
reichte, dem Karren einen Ruck zu geben. Also wollen wir sehen, was mit der Hilfe Gottes zu erlangen ist.
1 Joseph Ernst Tunner, Vertreter der Nazarener Richtung, lebte damals mit Hempel in Rom. Vgl. den Aufsatz »Ein steiermärkischer Xazarener«
von Arpad Weixlgärtner in den »Graphischen Künsten«, 1917, S. 25ff. — ~ August Wilhelm Rieder, später Professor für Freihandzeichnen an der
Ingenieur-Akademie in Wien. — 3 Jugendfreund von Schwind. — ^ Leopold Schulz, Historienmaler in Wien. — 5 Josef von Führich war weniger
mit Schwind als mit Kupelwieser befreundet, mit dem er im gleichen Jahr eine Reise nach Deutschland machte.
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Wien? Ich habe gehört, daß Du krank warst. Rieder- hat einen Brief von Dir, daß er ihn nicht gleich überall herumträgt,
Daß Dir Bruchmann nicht geantwortet hat, mußt Du ihm nicht übel anrechnen. Er muß unmäßig studieren und in die
Kanzley gehen, er ist nicht einmahl nach Hütteldorf gezogen. Der Park ist nicht gemiethet, sondern ein anderes verruchtes
Quartier, das nobl und pflichtmäßig genug ist für die Geschichten, die vorgehen; man kann in gar kein Zimmer, ohne
durch Mutter und Vater oder eine Legion Kammerjungfern, wer hätte das geglaubt, wer nur immer gesagt hätte, die
Justin läßt den Schober aus, so hätte ich (ihn) ausgelacht oder gesagt, du bist ein Narr, der nicht weiß, was Liebe kann.
Jetzt sagt sie es selbst und setzt ihr Glück und Leben daran, um es zu behaupten. Könnt ich nur um sie seyn, ich ver-
gäße alles, um ihre Stütze in ihrem Schmerz zu seyn, so aber weiß ich nichts und niemand sagt etwas. Lieber Kuppel,
Du einziger glücklicher unter uns, sey so froh und überschwenglich als Du kannst. So lang ich noch einen glücklich
weiß, weiß ich Labung, die alle Feindlichkeit aufwiegt. Wie ich im ersten Jahr, da ich Dich kannte, in Böhmen war, da
dachte ich an alle, die ich in Wien gelassen. Bey allen dacht ich, wie sie denn in der Liebe wären, denn so jung ich war,
so hatte ich nach Maß zu leiden. Du allein erregtest das Bild einer Hochzeit, die ich auch mit allermöglichen Begier und
Freude mehr als einmahl beging. Ich will kindisch seyn bis an mein Ende. Ich weiß noch Ort und Bilder genau. Es war
am Ausgang eines Waldes, der den Berg hinaufging, wo oben eine schöne Ruine war. Die Aussicht nach Bayern war
weit und groß, die Gegend aufs äußerste häuslich und sauber. Als Knabe ging ich den Weg oft, und erinnerte mich das
letzte Mahl gerade so an vergangenes, wie jetzt, da ich im Geiste denselben WTeg ging. Ich weiß noch, daß ich immer
zwey Engeln dachte oder fühlte, die sich vor Freuden umarmten, und die dachte ich, Dir als Bild zum Geschenk zu
machen, alles so schön, daß ich nichts Schöneres denken konnte. So denke ich jetzt oft an alle, aber, ich möchte sagen
leider, wirklicher und größer. Ich finde jetzt erst den unendlichen Unterschied zwischen dem Volk, das herumgeht, und
dem Kreis, in dem ich aufgewachsen und zu mir gekommen. Lebe recht wohl und komme bald. Schreibe mir, wenn es
Dir nicht lästig ist, aber ich warte auch gern. Hanny sagt mir schon, ob Du gesund oder krank bist, und daß Du die
vielen Kaiser gemahlt hast. Das andere wird sich schon finden.
Dein einsamer Giselheer
An Leopold Kupelwieser.
München, 20. Mai 1850.
Liebster Freund! Ich lasse unter einem einen Brief abgehen, von dessen Existenz Dich in Kenntnis zu setzen, ich
als gehörig und nützlich, nicht unterlassen will. Ich schreibe an Schönstein3 mit dem Ersuchen, eine private Antwort
von Graf Thun, (dem) Minister, mir zu verschaffen, auf die einfache Frage, was ich ein geborncr Wiener und Maler, der
seiner Landsmannschaft keine Schande gemacht hat, sich für Hoffnungen hingeben könne, mit dem sehr natürlichen
Wunsch, in seiner Vaterschaft ein Bild zu hinterlassen. Ich halte es lange für eine Ehrensache, daß etwas von mir in der
Galerie wäre, und führe zur Unterstützung dieser Zumuthung, abgesehen davon, daß ich mit einer Komposition, die für
diesen Fall besonders paßte, im klaren bin, besonders an: daß unter Kaiser Franz es ziemlich gebräuchlich war, bei
Künstlern, die sich den nöthigen Namen gemacht, ein Bild, ich glaube für 10.000 fl. zu bestellen. Daß diese Einrichtung
bei den Bildhauer-Pensionären noch fortbesteht oder unlängst fortbestand, daß die Abänderung bei den Malern, auf jeder
Ausstellung um etwa 2000 fl. zu kaufen, sich in ihren traurigen Früchten bereits als wenig ersprießlich gezeigt hat -
Daß, da von einer weiß Gott höchst nötigen Verbesserung der Kunstzustände die Rede sei, ich wohl annehmen dürfe,
daß von einem Verlangen nach Kunstwerken, statt dem bisherigen circulo vitioso von Lernen und Lehren, eine Ver-
besserung erwartet werden würde — Daß übrigens die bildende Kunst als Kopf der Industrie einer kaiserlichen
Begünstigung wohl werth, und — das ist an Schönstein gerichtet, der Minister mag es aber immerhin zu hören kriegen
— die Massa Geldes, die die Akademie kostet, besser auf Kunstwerke zu verwenden sei. Das Theater hat keine Schule,
aber es wird täglich gespielt und es fehlt nie an den nöthigen Künstlern. Bei uns werden Lehrer und Schüler mit einem
unfruchtbaren Schulwesen geplagt und, wenn es zum Spielen kommt, sind wir dem Zufall überlassen. Entzöge der
Kaiser den Hoftheatern seine Subvention, sie würden sich, auf das Publicum angewiesen, in eben so erbärmliche Knall-
hütten verwandeln, wie Wieden und Leopoldstadt, und sehr natürlicher Weise die Ohren senken, wie die bildende Kunst
auf der letzten Ausstellung gethan haben mag. Im Vorbeigehen gesagt, hat es mich nicht sehr erbaut, von einer Kunst-
ausstellung in Wien das erste Mal in den Kritiken zu lesen. Ich werde überall her eingeladen, nur aus Wien nicht. Hörst
Du also von dieser Sache, so weißt Du, was daran ist und kannst etwaiges Geschwätz berichtigen. Kannst Du etwas
darin thun — unbillig wirst Du meinen Wunsch nicht finden — so setze ich voraus, daß Du bei der Hand sein wirst.
Es muß frisch angegriffen werden, und ich habe das Verlangen nie aufgegeben, zu Hause zu wirken. Du hast eine öffent-
liche Arbeit und sie ward Dir wohl nie ausgehen, von Schulz4 und von Führich5 erwarte ich nichts mehr, was aus-
reichte, dem Karren einen Ruck zu geben. Also wollen wir sehen, was mit der Hilfe Gottes zu erlangen ist.
1 Joseph Ernst Tunner, Vertreter der Nazarener Richtung, lebte damals mit Hempel in Rom. Vgl. den Aufsatz »Ein steiermärkischer Xazarener«
von Arpad Weixlgärtner in den »Graphischen Künsten«, 1917, S. 25ff. — ~ August Wilhelm Rieder, später Professor für Freihandzeichnen an der
Ingenieur-Akademie in Wien. — 3 Jugendfreund von Schwind. — ^ Leopold Schulz, Historienmaler in Wien. — 5 Josef von Führich war weniger
mit Schwind als mit Kupelwieser befreundet, mit dem er im gleichen Jahr eine Reise nach Deutschland machte.
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