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MITTEILUNGEN
DER
GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.
BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE'
1925.
WIEN.
Nr. 4.
Studien und Forschungen.
Beiträge zu Luthers Kampfbildern.
Luther-Studien, herausgegeben von Hartmann Grisar S. J., Freiburg im Breisgau, Herder und Co.
2., 3., 5. und 6. Heft: Hartmann Grisar S. J. und Franz Heege S. J. »Luthers Kampfbilder«. I. Pas-
sional Christi und Antichristi. 1921. (XIII) und 68 S., 5 Abb., gr. 8°. II. Der Bilderkampf in der deutschen
Bibel. 1922. (X) und 45 S., 9 Abb., gr. 8°. III. Der Bilderkampf in den Schriften von 1523 bis 1545.
1923. (XI) und 72 S., 17 Abb., gr. 8°. IV. Die »Abbildung des Papsttums« und andere Kampfbilder
in Flugblättern 1538—1545. 1923. (IX) und 153 S., 10 Abb. im Text und 3 Tafeln, gr. 8°.
Die Folge dieser Hefte bringt in dankenswerter Vollständigkeit und zum Teil trefflicher bibliographischer Dar-
bietung ein Material, dem auch für die Kunstgeschichte zur Holzschnittillustration des XVI. Jahrhunderts Bedeutung
zukommt. Die Durcharbeitung nach dieser Richtung, die für die Verfasser naturgemäß nur sehr nebengeordnet sein
konnte, bedarf wohl verschiedener Ergänzungen.
Hinsichtlich der Beurteilung dieser durch außerkünstlerische Zwecke weitestgehender sachlicher Gebundenheit
unterworfenen und in der Erregung und im Drängen einer durch geistige Kämpfe leidenschaftlich bewegten Zeit rasch
hingeworfenen Blätter, wie der großen Masse der Reformationszeit-Illustrationen überhaupt, muß in erster Linie berück-
sichtigt werden, daß ein Herantreten an sie mit den Maßstäben der »großen Kunst« der mehr oder weniger rein künst-
lerischen Einzelholzschnitte ebenso unangebracht wie ungerecht sich darstellt: die kurze, fast verächtliche Abtuung, wie
sie leider so oft von kunstgeschichtlicher Seite diesem Sondergebiet gegenüber gehandhabt wird, beruht auf einer
bedauerlichen falschen Einstellung. Die ganze Fülle dieser Arbeiten, an deren Spitze der große, mit der Cranach-
Werkstatt eng verbundene Kreis der Wittenberger und mitteldeutschen Flugschrift- und Buchillustrationen steht, will ja von
sich aus gar nicht anspruchsvoll als »große Kunst« etwa gewertet werden: ehrliche Handwerksware, die in ihren ursprüng-
lichen buchgewerblichen und zeitgeschichtlichen Zusammenhängen aufgefaßt sein will und die indessen immer wieder
durch Zufluß aus der großen Kunst genährt, es in ihrer Beschränkung immerhin zu anspruchslos tüchtigen Leistungen,
oft genug auch zu wiederum künstlerischen Lösungen bringt, denen wie anderen schlichten kunstgewerblichen Arbeiten
die Achtung und Beachtung wohl gewahrt bleiben sollte. Es geht nicht an, die Untersuchung dieser ganzen Kategorie
als zu belanglos für die Kunstgeschichte einfach beiseite zu schieben und etwa lediglich bibliographischer Forschung zu
überlassen. Soll die Erschließung der Reformationsliteratur nach ihrer äußeren Gestaltung gefördert werden, so hat auch
die Kunstgeschichte ein bedeutsames Wort dazu zu sagen, und nur ein Hand-in-Hand-Arbeiten mit allen hier in Frage
kommenden Wissenschaften kann zur möglichst restlosen Klärung der vielen sehr verwickelten Probleme führen, die das
große und schwierige Gebiet noch aufweist.
Die am angeführten Orte behandelte Gruppe von Illustrationen ist nach inhaltlichen Gesichtspunkten zusammengestellt
worden und in chronologischem Anschluß an Luthers Schriften geordnet. Daß die Darstellung dennoch durch tendenziöse
Absichten beeinflußt erscheint, darf wohl als erklärlich angesehen werden; ob aber eine von vornherein natürlich gegebene
Stellungnahme gegen den Gegenstand der eigenen Untersuchungen auch seiner geschichtlichen Wertung voll gerecht
werden kann, erweist sich als sehr fraglich. Die Auswüchse und Geschmacklosigkeiten, bis zu denen die Illustration in den
Kampfbildern sich verstieg, sollen an sich hier gewiß nicht in Schutz genommen werden, hingewiesen sei aber darauf,
daß sie keinesfalls nach modernem Empfinden beurteilt werden dürfen.
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MITTEILUNGEN
DER
GESELLSCHAFT FÜR VERVIELFÄLTIGENDE KUNST.
BEILAGE DER „GRAPHISCHEN KÜNSTE'
1925.
WIEN.
Nr. 4.
Studien und Forschungen.
Beiträge zu Luthers Kampfbildern.
Luther-Studien, herausgegeben von Hartmann Grisar S. J., Freiburg im Breisgau, Herder und Co.
2., 3., 5. und 6. Heft: Hartmann Grisar S. J. und Franz Heege S. J. »Luthers Kampfbilder«. I. Pas-
sional Christi und Antichristi. 1921. (XIII) und 68 S., 5 Abb., gr. 8°. II. Der Bilderkampf in der deutschen
Bibel. 1922. (X) und 45 S., 9 Abb., gr. 8°. III. Der Bilderkampf in den Schriften von 1523 bis 1545.
1923. (XI) und 72 S., 17 Abb., gr. 8°. IV. Die »Abbildung des Papsttums« und andere Kampfbilder
in Flugblättern 1538—1545. 1923. (IX) und 153 S., 10 Abb. im Text und 3 Tafeln, gr. 8°.
Die Folge dieser Hefte bringt in dankenswerter Vollständigkeit und zum Teil trefflicher bibliographischer Dar-
bietung ein Material, dem auch für die Kunstgeschichte zur Holzschnittillustration des XVI. Jahrhunderts Bedeutung
zukommt. Die Durcharbeitung nach dieser Richtung, die für die Verfasser naturgemäß nur sehr nebengeordnet sein
konnte, bedarf wohl verschiedener Ergänzungen.
Hinsichtlich der Beurteilung dieser durch außerkünstlerische Zwecke weitestgehender sachlicher Gebundenheit
unterworfenen und in der Erregung und im Drängen einer durch geistige Kämpfe leidenschaftlich bewegten Zeit rasch
hingeworfenen Blätter, wie der großen Masse der Reformationszeit-Illustrationen überhaupt, muß in erster Linie berück-
sichtigt werden, daß ein Herantreten an sie mit den Maßstäben der »großen Kunst« der mehr oder weniger rein künst-
lerischen Einzelholzschnitte ebenso unangebracht wie ungerecht sich darstellt: die kurze, fast verächtliche Abtuung, wie
sie leider so oft von kunstgeschichtlicher Seite diesem Sondergebiet gegenüber gehandhabt wird, beruht auf einer
bedauerlichen falschen Einstellung. Die ganze Fülle dieser Arbeiten, an deren Spitze der große, mit der Cranach-
Werkstatt eng verbundene Kreis der Wittenberger und mitteldeutschen Flugschrift- und Buchillustrationen steht, will ja von
sich aus gar nicht anspruchsvoll als »große Kunst« etwa gewertet werden: ehrliche Handwerksware, die in ihren ursprüng-
lichen buchgewerblichen und zeitgeschichtlichen Zusammenhängen aufgefaßt sein will und die indessen immer wieder
durch Zufluß aus der großen Kunst genährt, es in ihrer Beschränkung immerhin zu anspruchslos tüchtigen Leistungen,
oft genug auch zu wiederum künstlerischen Lösungen bringt, denen wie anderen schlichten kunstgewerblichen Arbeiten
die Achtung und Beachtung wohl gewahrt bleiben sollte. Es geht nicht an, die Untersuchung dieser ganzen Kategorie
als zu belanglos für die Kunstgeschichte einfach beiseite zu schieben und etwa lediglich bibliographischer Forschung zu
überlassen. Soll die Erschließung der Reformationsliteratur nach ihrer äußeren Gestaltung gefördert werden, so hat auch
die Kunstgeschichte ein bedeutsames Wort dazu zu sagen, und nur ein Hand-in-Hand-Arbeiten mit allen hier in Frage
kommenden Wissenschaften kann zur möglichst restlosen Klärung der vielen sehr verwickelten Probleme führen, die das
große und schwierige Gebiet noch aufweist.
Die am angeführten Orte behandelte Gruppe von Illustrationen ist nach inhaltlichen Gesichtspunkten zusammengestellt
worden und in chronologischem Anschluß an Luthers Schriften geordnet. Daß die Darstellung dennoch durch tendenziöse
Absichten beeinflußt erscheint, darf wohl als erklärlich angesehen werden; ob aber eine von vornherein natürlich gegebene
Stellungnahme gegen den Gegenstand der eigenen Untersuchungen auch seiner geschichtlichen Wertung voll gerecht
werden kann, erweist sich als sehr fraglich. Die Auswüchse und Geschmacklosigkeiten, bis zu denen die Illustration in den
Kampfbildern sich verstieg, sollen an sich hier gewiß nicht in Schutz genommen werden, hingewiesen sei aber darauf,
daß sie keinesfalls nach modernem Empfinden beurteilt werden dürfen.
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