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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.4217#0055
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Fritz Silberbauer, Ballspende I. Radierung.

nung zeigt in rötlichem Lichtdruck zwei fröhlich-beweg-
liche Zeichnungen Wilhelm Thönys. Die eigentliche gra-
phische Spende besteht in je einer Radierung des genannten
Künstlers und Fritz Silberbauers. Der letztere hat drei
schleierumwallte Mädchengestalten gebildet, im Reigen
emportauchend wie die Rheintöchter; seltsame Musik-
gespenster mit elchartigem Geweihschmuck spielen zum
Tanz auf, während zu Häupten köstlich-bedrohliche Spuk-
gestalten herablugen. W.Thöny läßt eine maskierteTänzerin
graziös heraneilen, in der einen Hand den Fächer, in der
andern einen Reifen emporhaltend, durch den ein rauten-
gewandeter Harlekin im muntern Delphinsprung setzt. Weist
die lockere malerische Behandlung beiThöny auf den Maler,
so betont Silberbauer mehr die organische Geltung der
Linie in der Fläche, ein kühles feines Silbergrau ist bei ihm
der richtige Ton, während für Thönys Arbeit ein warmes,
tiefes Braun vorzuziehen ist.

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Wilhelm Thöny, Ballspende II. Radierung.

Fritz Silberbauer, 1883 in Steiermark geboren, war
zuerst zehn Jahre als Lithograph tätig, um 1904 die Kunst-
schule in Graz, dann an der Wiener Akademie die Spezial-
schule Professor Schmutzers zu beziehen. Den ganzen Krieg
machte er als Infanterieoffizier mit. Sein graphisches Werk
besteht aus den Illustrationen zu »Tor und Tod« und zu
»Peer Gynt« (der seit langem im Avalunverlag der Auferste-
hung harrt) und ungefähr fünfzig Stück freier Druckgraphik.
- Wilhelm Thöny, geboren 1888 in Graz, absolvierte nach
der Mittelschule die Münchner Akademie der bildenden
Künste und betätigte sich als Illustrator - - im Krieg war
auch er eingerückt - - namentlich von Dostojewski und
Balzac für die Verläge K. Wolff und G. Müller. Außerdem
schuf er zahlreiche Druckgraphik. Jetzt bereitet er im Grazer
Verlag Leykam einen radierten Beethovenzyklus vor.

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Besprechungen neuer Erscheinungen.

Paul Westheim, Das Holzschnittbuch. Mit 144
Abbildungen nach Holzschnitten des vierzehnten bis
zwanzigsten Jahrhunderts. Potsdam, Gustav Kiepenheuer,

1921.

Aus dem Geiste der Gegenwart geboren und an ihn gebunden,
findet die dem Wesen und Werden des Holzschnittes gewidmete Arbeit
des bekannten Berliner Kunstschriftstellers die dem ältesten Zweige der
Graphik immanenten Stilforderungen im Gesamtverlaufe der Entwicklung
nur zweimal restlos verwirklicht: in der Wiegenzeit und innerhalb der
modernen Ausdruckskunst. Diese für ein lebendiges Kunstempfinden
überaus verlockende Anschauung bedingt die geheime Teleologie des
vorliegenden Werkes, das derart ein gutes Stück normativer Ästhetik zu
beherbergen hat; die Einheitlichkeit des im vorhinein grundsätzlich fest-

gelegten Standpunktes verleiht der flüssigen Darstellung alle Merkmale
einer mit temperamentvoller Subjektivität vorgetragenen Beweisführung,
die sich durch die Beherrschung und geschickte Verwertung des umfang-
reichen Stoffes, durch treffende Charakteristiken einzelner Stilperioden
und ihrer wichtigsten Vertreter sowie durch einleuchtende Gegenüber-
stellungen von Beispiel und Gegenbeispiel auszeichnet.

Während das historische Bewußtsein kaum ohne einigen Vorbehalt
einer Betrachtungsweise beizupflichten vermöchte, die das Holzschnitt-
schaffen von vier Jahrhunderten — grob gefaßt — lediglich als eine
fortschreitende Verfallserscheinung anzusehen gezwungen ist, nimmt
hier ein Wortführer der modernen Kunst auch für seinTeil das natürliche
Vorrecht des bildnerisch tätigen Künstlers in Anspruch, das Kunstwollen
der Vergangenheit am eigenen Streben zu messen. Unter solchen Voraus-
setzungen macht die enge Beziehung des Kritikers zur Zeitströmung des

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