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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.4217#0067
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»Illustrationsstiles«.1 Auch bei weiteren Bestimmungen
von Arbeiten Cranachs folgen die Verfasser zumeist der
älteren Literatur, die einschneidende jüngere »Hans-Cra-
nach «-Frage ist hier nirgends zur Diskussion gekommen. -
So ist auch die Folge zum »Passional Christi
und Antichristi« zutreffend Lukas d.A. gegeben. Die
Bezeichnung aber des Simon von Cyrene der Kreuz-
tragung als seines Selbstbildnisses ist durchaus abzu-
lehnen: in dem alten Mann mit kahlem, von einem
Lockenkranz umgebenen Schädel den in der Blüte
seiner Mannesjahre stehenden neunundvierzigjährigen
Künstler zu erkennen, dessen Bildnis von 1550 noch
einen dicht behaarten Kopf zeigt, ist ganz unmög-
lich. Es handelt sich hier lediglich um einen Cranach
geläufigen Typ, wie er überdies im gleichen Holz-
schnitt ganz ähnlich auch in dem stehenden Mann am
linken Bildrand wiederkehrt. Die weiterhin gegebenen
Ausfälle gegen Cranachs Persönlichkeit erscheinen fin-
den unbefangenen Beobachter angesichts dessen ange-
sehenerStellung und Bezeugungen seiner Freunde doch
unberechtigt. Wertvoll und sorgfältig durchgearbeitet
sind hier die Zusammenstellungen über die verschie-
denen Ausgaben und Nachahmungen, vermißt wird nur
die Angabe der sehr wichtigen Beobachtung Kaweraus,
daß auf Grund des Zustandes der Holzstöcke der Druck
beider deutscher Originalausgaben sicher vor dem der
lateinischen stattgefunden haben muß.

Gegenüber dieser Sorgfalt des ersten Teils fällt
am zweiten bei der Behandlung der Bibel Illustra-
tionen die Flüchtigkeit und Interesselosigkeit auf, mit
der die Angaben über die Holzschnittfolgen und die
Ausgaben, in denen sie sich finden, gemacht sind: Irr-
tümer, die bei liebevollerem Eingehen auf die Gesamt-
heit der Illustrationen leicht zu vermeiden gewesen
wären, verwirren jetzt den Überblick sehr unliebsam.
Entschieden hat es sich hier als unglücklich erwiesen,
ein ganz nebengeordnetes Motiv aus den Bilderfolgen
herauszugreifen und zum Mittelpunkt der Darstellung
zu machen. Die polemische Auswertung der Apokalypse
ist doch keineswegs allein der Beweggrund zu ihrer
Bildausstattung gewesen, auch die Verfasser müssen
auf die durchaus im Vordergrund stehenden Zusammen-
hänge mit der Ausstattung der vorlutherischen Bibeln und den Weltuntergangsideen hinweisen.

Der eigenhändige Anteil Lukas Cranachs an der Folge zum Septembertestament, für die er jedenfalls durchweg
die Entwürfe geliefert hat, ist für die von den Verfassern dafür in Anspruch genommenen Blätter 1, 4, 11, 12, 16—18, zu
denen noch das 2. und 10. Blatt hinzutreten, stilistisch festzustellen; die ebenfalls angeführten Blätter 6 und 13 sind
dagegen einem Mitarbeiter zu geben mit allen übrigen bis auf die beiden letzten, die wiederum einer besonderen Hand
zuzuschreiben sind.:i Der Alte auf dem überdies nicht eigenhändigen Blatt 6 der Folge kommt für ein Selbstbildnis Cranachs,
das die Verfasser hier wiederum zu erkennen vermeinen, ebensowenig in Frage wie der Simon von Cyrene des Passionais.
In der Aufzählung der Verwendung der Folge fehlt die zweite Ausgabe des niederdeutschen Neuen Testaments von 1523
mit dem neuen Impressum Michel Lotthers von 1528.

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Flugblatt mit der Darstellung der Freiberger Mißgeburt. (Verkleinert, im Original
Höhe der Daist. 266 mm). Bemaller Holzschnitt in Wolfenbüttel.

l Die gegenseitige Kopie des Mönchskalbs in den Gesamtausgaben von Luthers Werken dagegen ist Lukas Cranach d. J. zuzuschreiben.
2 Für diese, auf die einzugehen hier nicht der Ort ist, muß ich auf meine Ausführungen mit ablehnender Stellungnahme in den »Beiträgen zur Bibel-
illustration des XVI. Jahrhunderts« (Heitz, Studien zur deutschen Kunstgeschichte, 226. Heft, Straßburg 1924) venveisen. — 3 Zu einem gleichen Er-
gebnis betreffs des Anteils Cranachs ist Röttinger in seiner Besprechung von Schramm »Luther und die Bibel« gekommen, vgl. Heft 1, 1924, dieser
Zeitschrift, nur steht dort noch Hans Cranach für Lukas d. Ä. Vgl. dazu a. a. O. wie Anm. 2.

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