Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1925

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4217#0070
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Braunschweig nachweisen. Es handelt sich hier um sieben einzelne, aul die Grüße von circa 270—285: 170—200 mm
beschnittene Blätter, die auf ziemlich grobem Papier die Holzschnitte der Originalfolge Grisar-Heege I—VI und IX in
fettigen, wohl späten Abdrücken zeigen und keinerlei Numerierung aufweisen. Die Stöcke der Holzschnitte III und IV,
Sauritt und Sackpfeiferesel, sind hier auseinandergeschnitten, wie schon in verschiedenen anderen Ausgaben, die Abdrücke
tragen aber, wie in keiner der übrigen, jeder für sich unter dem Vierzeiler den Namen Luthers. Wiederum ist also eine
neue Druckausgabe in dieser Reihe erhalten, und ich gebe deshalb im Anschluß an die von den Verfassern im Nachtrag I
zusammengestellten Lesarten die ihren in Übereinstimmungen und Abweichungen wieder:

I. Überschrift, Zeile 1 und 2 = Wi; Zeile 3 Kindermegdlin; Zeile 4 = Wi; Mart. Lut. D. [rechts von der Zeile, in
größeren Zahlen als bei allen folgenden Blättern, sowie ohne Punkt hinter der letzten Zahl] j 545 — II. Überschrift = Lo,
das A von ANNO schließt sich unmittelbar dem Punkt hinter TIBERI an; Zeile 1 selbs von dem . . helt; Zeile 2 und 3
= Lo; Zeile 4 = Wo; Martin, [so!] Luth. D. [rechts unter der Zeile:] 1545. — III. Überschrift = Wi; Zeile 1 reiten.;
Zeile 2 = Wo; Zeile 3 = Wi; Zeile 4 merdrum: ; Mart. Luth. D. [rechts unter der Zeile:] j 545. - - IV. Überschrift,
Zeile 1__4 = Wi; aber über dem j in Zeile 2 fehlt der Punkt; Mart. Luth. D. [rechts unter der Zeile:] j 545. — V. Über-
schrift = Wi; im Bild = Lo, Zeile 1—4 Antiqua, dann Zwischenraum, Zeile 5—6 Kursiv, Zeile 6: ab uno Disce omnes.;
2eüe 1—2 = Wi; Zeile 3 = Wo; Zeile 4 = Wi; Mart. Luth. D. [rechts unter der Zeile:] 1545. — VI. Überschrift = Lo,
Nu; Zeile 1 = Wi; Zeile 2 = Ha usw.; Zeile 3 = Lo; Zeile 4 — BeL usw.; Marth. [so!] Luth. D. [rechts unter der
Zeile:] j 545. — IX. Überschrift, Zeile 1—2 = Wi, in Zeile 2 fehlt aber der Punkt über dem j; Zeile 3 = Ha, Wei;
Zeile 4 = Lo; Mart. Luth. D. [rechts unter der Zeile:] 1545.

Zu der Wiederholung der Saurittdarstellung in Schriften des Flaciuslllyricus bei Christian Rödinger ist zu bemerken,
daß von der angeführten »Erklärung der schändlichen Sünde« auch eine Ausgabe mit abweichender Zeilenteilung im Titel
und vollem Impressum mit der Jahreszahl M. D. L. den gleichen Holzschnitt verwendet und außerdem noch eine Darstellung
der babylonischen Hure aufweist, die seit 1535 in anderen Folgen zur Apokalypse in Ausgaben Michel Lotthers sich
findet.1 Eine lateinische Ausgabe der gleichen Schrift bei Christian Rödinger o. J.2 hat ebenfalls die beiden Holzschnitte.
Außer dem Sauritt findet sich aber, was den Verfassern entgangen ist, auch der Papstesel aus der Folge der
»Abbildung des Papsttums« in Magdeburg bei Christian Rödinger wieder abgedruckt, und zwar in einer ebenfalls von
Flacius veranstalteten Ausgabe von Melanchthons »Deutung« mit Luthers »Amen«, unter dem Titel: Ein grausam Meer-
wunder/ den Bapst jj bedeutende . . , 8 ungez. Bl. in 4°, o. J.3 Möglicherweise handelt es sich bei dem Einzelblatt des
Berliner Kupferstichkabinetts um einen Ausschnitt von diesem Titelblatt. Bei dem der Wittenberger Lutherhalle kann
dies indessen wegen der abweichenden Überschrift nicht der Fall sein; auch unter den in der Weimarer Luther-Ausgabe
angeführten Ausgaben findet sich keine Übereinstimmung, vielleicht ist es der Rest eines zweiten verschollenen Magde-
burger Druckes.

Für den aus der Schrift »Bapstrew Hadriani iiij . . . « in einzelne Exemplare der Folge der »Abbildung des
Papsttums« übernommenen Holzschnitt mit dem Fußtritt des Papstes Alexander III. auf Kaiser Barbarossa
wollen die Verfasser in rein äußerlichen Bildelementen Abweichungen vom Stil Cranachs (dessen Vorstellung ihnen durch
Zuschreibung der »Abbildung des Papsttums« wesentlich verschoben ist) erkennen, die sie zu der Vermutung führen,
der jugendliche Melchior Lorch könne der Künstler sein, da die Schraffierung an den Kupferstich erinnere (!). Der Holz-
schnitt trägt aber ebenso wie der eng dazugehörige Titelholzschnitt derselben Schrift mit dem Kaiser und dem Papst im
Gespräch ganz deutlich die Stilmerkmale Lukas Cranachs des Jüngeren. Man vergleiche nur einmal die Wolken, Sträucher,
den Grasboden sowie die feine Fältelung, Haar und Barte mit denen der Titeleinfassungen der Bibeln von 1541: überall
verrät sich die gleiche Hand in der Bildung der Formen und ihrer zeichnerischen Wiedergabe.

Der große, einen ganz anderen Charakter zeigende Kupferstich Melchior Lorchs mit der Darstellung des
Papstes als Satan, der von der interessanten Eigenart und kraftvollen Phantasie des Künstlers zeugt, ist weder unbe-
schrieben noch als Unicum erhalten: Passavant (IV, S. 182, Nr. 27) führt zwei Exemplare in der Albertina und in Berlin an.
Die Behauptung, daß Lorch zu dieser energischen Satire nur durch Luther gelangt sei und späterhin in seinem Werke
nichts Gleichartiges sich dem frühen Blatte zur Seite stellen lasse, wird durch ein ebenfalls von Passavant (Nr. 28) ange-
führtes, 1555 datiertes Spottbild widerlegt, falls die Zuweisung des anscheinend unbezeichneten Blattes, wie aber wohl
wahrscheinlich, zu Recht besteht.

Von besonderer Wichtigkeit ist die Veröffentlichung der bisher unbekannten Flugblätter mit den Darstellungen
»Widerchristursprung« und »Mönchsursprung«, die wiederum zeigen, wie sehr wir auf diesem Gebiet stets noch
mit verschollenem Material zu rechnen haben. Solches dürfte auch für die vielumstrittenen und keineswegs einhelligen
Briefstellen Amsdorfs und Luthers in Frage kommen, die für das Geburtsbild der »Abbildung des Papsttums« in der Tat
nicht in Anspruch genommen werden können, um so weniger, als Cranach keinesfalls dessen Zeichner ist. Die Vermutung

i Die von den Verfassern erwähnte Ausgabe o. J. fehlt bei Hülße, »Beiträge zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Magdeburg«, Geschbl.
f. Stadt u. Land Magdeb. 17. Jg., die von 1550 vgl. dort Nr. 413. — 2 Vgl. Hülße a. a. 0. Nr. 374. — 3 Luthers Werke, Weimar 1883 ff., Band 11.
S. 364 E (zwei Wolfenbüttler Exemplare haben in Zeile 3 des Titels den a. a. 0. nicht angegebenen Druckfehler: ausleguug). Hülße a. a. O. Nr. 469.
~ Wendeler a. a. 0. S. 29, Anm.

— 66
 
Annotationen