Mittelalterliche Holzschneidekunst in Breisach i. B.
Abb. 1. Claus von Breisach, Kreuzigung. Nach dem Holzschnitt.
419 : 269 mm (verkleinert).
Die Kreuzigung (Abb. 1) hat Major-
Basel 1906 veröffentlicht unter denEinzel-
drucken des XV. Jahrhunderts bei Heitz-
Straßburg. Vor 100 Jahren erwähnt der
Derschauersche Versteigerungskatalog
erstmals den Holzschnitt mit dem Juden-
schwein (Abb. 3) auf der Rückseite des
Blattes. Nagler in den Monogrammisten
deutet 1860 das neben der Unterschrift
»Claus« stehende Wappen auf Augs-
burg. Und weil hier 1495 ein Maler
Claus Wolf Strigel starb, so gilt er als
Verfertiger des Holzschnitts. Schreiber
erkennt im Manuel (S. 949) nur ungern
Strigel an. Aber weder Schreiber noch
Passavant im Peintre-Graveur hegen
irgend Bedenken gegen Augsburgische
Herkunft.
Hierin liegt ein Irrtum: Der Schild
hat nichts gemein mit Augsburg, dessen
Zeichen seit Alters der sogenannte »Pyr«
ist, eine volle schuppige Zirbelnuß auf
architektonischem Postament in gespal-
tenem rot-weißem Schild (Abb. 2).
Neben Claus aber steht ein »Sechsberg«
oder »Doppeldreiberg«, wie ihn — in
rotem Feld — viele alten Bauten zu Alt-
Breisach aufweisen, sowie die in eigener
Breisacher Münzstätte seit 1425 gepräg-
ten Geldstücke.
Die Kreuzigung (S. 949) ist ein
Werk des Holzschneiders Claus von
Breisach.
Frühere Bedeutung von Brei-
sach. Breisach ist ja, seit es 1793 von
den Franzosen zu Schutt und Asche
zusammengeschossen wurde, nur mehr
ein kleines badisches Landstädtchen am
rechten Rheinufer. Doch hat Breisach
eine große Geschichte hinter sich. Hier
kreuzte sich die den Verkehr Italiens mit
den Niederlanden vermittelnde Reichs-
straße des Rheins mit der kürzesten
Verbindung von Paris nach Wien. Nicht grundlos gab sich Frankreich-Burgund alle Mühe, das auf Basaltfels erbaute
Breisach zu erwerben als den »Schlüssel und Eingang des Heiligen Römischen Reiches«. Mit welschem Geld hat
im 30jährigen Krieg Bernhard von Weimar die Feste Breisach bezwungen. Die hochgelegene prächtige romanisch-
gotische Münsterkirche St. Stefan steht noch da als einziger Zeuge für die frühere Bedeutung der Stadt. Die
zahlreichen Klöster sind ebenso wie die Herrensitze verschwunden. Von den beiden kostbaren Missalen, durch
deren Schenkung im XIII. Jahrhundert sich die adelsstolzen Äbte von Murbach das Ehrenbürgerrecht von Breisach
erwarben, ist keine Spur mehr zu finden; vielleicht sind sie nach Weimar, Paris oder Wien gewandert? Alle
Akten der vielen Zünfte seien verbrannt. Daß der 1445 zu Colmar geborene Maler Martin Schongauer 1488 nach
Breisach übersiedelt und 1491 da gestorben ist, wissen wir nur aus Baseler Papieren. Fresken im Breisacher Münster
bestätigen die Anwesenheit Meister Martins. Nur spärliche Nachweise über einstige Geltung der Stadt liegen vor.
Oft haben deutsche Kaiser hier ihr Lager aufgeschlagen; ein Fürstentag fand 1230 statt; ein Papst suchte 1415 Unter-
68
Abb. 1. Claus von Breisach, Kreuzigung. Nach dem Holzschnitt.
419 : 269 mm (verkleinert).
Die Kreuzigung (Abb. 1) hat Major-
Basel 1906 veröffentlicht unter denEinzel-
drucken des XV. Jahrhunderts bei Heitz-
Straßburg. Vor 100 Jahren erwähnt der
Derschauersche Versteigerungskatalog
erstmals den Holzschnitt mit dem Juden-
schwein (Abb. 3) auf der Rückseite des
Blattes. Nagler in den Monogrammisten
deutet 1860 das neben der Unterschrift
»Claus« stehende Wappen auf Augs-
burg. Und weil hier 1495 ein Maler
Claus Wolf Strigel starb, so gilt er als
Verfertiger des Holzschnitts. Schreiber
erkennt im Manuel (S. 949) nur ungern
Strigel an. Aber weder Schreiber noch
Passavant im Peintre-Graveur hegen
irgend Bedenken gegen Augsburgische
Herkunft.
Hierin liegt ein Irrtum: Der Schild
hat nichts gemein mit Augsburg, dessen
Zeichen seit Alters der sogenannte »Pyr«
ist, eine volle schuppige Zirbelnuß auf
architektonischem Postament in gespal-
tenem rot-weißem Schild (Abb. 2).
Neben Claus aber steht ein »Sechsberg«
oder »Doppeldreiberg«, wie ihn — in
rotem Feld — viele alten Bauten zu Alt-
Breisach aufweisen, sowie die in eigener
Breisacher Münzstätte seit 1425 gepräg-
ten Geldstücke.
Die Kreuzigung (S. 949) ist ein
Werk des Holzschneiders Claus von
Breisach.
Frühere Bedeutung von Brei-
sach. Breisach ist ja, seit es 1793 von
den Franzosen zu Schutt und Asche
zusammengeschossen wurde, nur mehr
ein kleines badisches Landstädtchen am
rechten Rheinufer. Doch hat Breisach
eine große Geschichte hinter sich. Hier
kreuzte sich die den Verkehr Italiens mit
den Niederlanden vermittelnde Reichs-
straße des Rheins mit der kürzesten
Verbindung von Paris nach Wien. Nicht grundlos gab sich Frankreich-Burgund alle Mühe, das auf Basaltfels erbaute
Breisach zu erwerben als den »Schlüssel und Eingang des Heiligen Römischen Reiches«. Mit welschem Geld hat
im 30jährigen Krieg Bernhard von Weimar die Feste Breisach bezwungen. Die hochgelegene prächtige romanisch-
gotische Münsterkirche St. Stefan steht noch da als einziger Zeuge für die frühere Bedeutung der Stadt. Die
zahlreichen Klöster sind ebenso wie die Herrensitze verschwunden. Von den beiden kostbaren Missalen, durch
deren Schenkung im XIII. Jahrhundert sich die adelsstolzen Äbte von Murbach das Ehrenbürgerrecht von Breisach
erwarben, ist keine Spur mehr zu finden; vielleicht sind sie nach Weimar, Paris oder Wien gewandert? Alle
Akten der vielen Zünfte seien verbrannt. Daß der 1445 zu Colmar geborene Maler Martin Schongauer 1488 nach
Breisach übersiedelt und 1491 da gestorben ist, wissen wir nur aus Baseler Papieren. Fresken im Breisacher Münster
bestätigen die Anwesenheit Meister Martins. Nur spärliche Nachweise über einstige Geltung der Stadt liegen vor.
Oft haben deutsche Kaiser hier ihr Lager aufgeschlagen; ein Fürstentag fand 1230 statt; ein Papst suchte 1415 Unter-
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