Hin unbekannter Holzschnitt des Meisters DS.
Die DS-Forschung steht
noch am Anfang. Da die Ur-
kunden schweigen, sind wir
nach wie vor darauf angewiesen,
aus seinen Holzschnitten das
Mögliche über den Mann heraus-
zulesen. Ein Bestreben, das da-
durch erschwert wird, daß die
Meinungen über den Umfang
seines authentischen Werkes
auseinandergehen. In dem vom
Deutschen Verein für Kunst-
wissenschaft mir aufgetragenen
Sammelband habe ich, um
zur bequemen Benutzung eine
sichere Grundlage an die Hand
zu geben, nur die Holzschnitte
abgebildet, die jeder anerkennen
muß, und alles in den Anhang
meiner Liste verbannt, was den
Geist und die Handschrift des
Meisters nicht unanfechtbar er-
kennen läßt. Vergeblichhabeich
damals nach dem Verdienste ge-
trachtet, die Zahl der sicheren
Werke auch nur um einNovum
zu vermehren. Der Künstler ist
bedeutend genug, daß ich es wa-
gen darf, einen einzelnen Fund
zu veröffentlichen, den ich für
die passende Gelegenheit zu
spät getan habe. Je reicher und
vielseitiger das Werk wird, um
so größer wird die Aussicht,
ihm einmal das Geheimnis sei-
nes Autors zu entreißen.
Der hier abgebildete Holzschnitt der Marienkrönung gehört der Universitätsbibliothek in Erlangen, dieser un-
erschöpflichen Fundgrube. Er mißt 148x134 mm Die Rückseite ist weiß, man kann also nicht wissen, ob es sieh um
einen Buchholzschnitt oder ein Einzelblatt handelt. Nach Inhalt und Format paart sieh das Blatt keinem anderen
bekannten Werke des Meisters.
Gottvater und Christus, auf Wolken thronend, krönen die kniende Maria; über ihnen schwebt die Taube. Unten
zwischen Wolken, die sieh um die Krönungsgruppe zum Kranze schließen, in vier Reihen Halbfiguren von Engeln
und Heiligen. Die freie und geistreiche Behandlung der Hauptgruppe zeigt, wie wenig die Fesseln der Tradition den
DS beengten. Gott und Christus thronen nicht in feierlichem Gleichmaß einander gegenüber, die zwischen ihnen
Kniende krönend, sondern Christus und Maria wenden sich beide dem Höchsten zu. Er allein ist, breit thronend, ins
Profil gesetzt. Er empfängt die Krone aus der Hand Christi, der sie segnet, und führt sie mit entschieden ausge-
strecktem Arm über das Haupt der rechts vor ihm knienden Maria. Das rührende Figürchen der Jungfrau wird jeder
Verehrer des Meisters als einen Gewinn für sein Werk buchen. In der scheuen Innigkeit solcher Gestalten offenbart
er, der oft eine rauhe Außenseite zeigt, seine feine Seele. Die bescheidene Neigung des Körpers, durch ein paar edle
Gewandlinien geführt, das liebliche Profil des fast abgewendeten Gesichtes, das sich der Krone schüchtern entgegen-
hebt, die feinen Hände ziehen den Blick immer wieder auf sich. Die stille Gruppe thront über einer bewegten Menge.
Der oberen Engelreihe entspricht zu Unterst eine Reihe weiblicher Märtyrer, dazwischen sind zwei Ränge mit männ-
lichen Heiligen. Nicht alle sind zu erkennen. Ganz oben links sieht man den Täufer, unter ihm vielleicht Joachim
.Meister DS., Krönung Maria. Nach dem Holzschnitt in der Universitätsbibliothek zu Erlangen.
Die DS-Forschung steht
noch am Anfang. Da die Ur-
kunden schweigen, sind wir
nach wie vor darauf angewiesen,
aus seinen Holzschnitten das
Mögliche über den Mann heraus-
zulesen. Ein Bestreben, das da-
durch erschwert wird, daß die
Meinungen über den Umfang
seines authentischen Werkes
auseinandergehen. In dem vom
Deutschen Verein für Kunst-
wissenschaft mir aufgetragenen
Sammelband habe ich, um
zur bequemen Benutzung eine
sichere Grundlage an die Hand
zu geben, nur die Holzschnitte
abgebildet, die jeder anerkennen
muß, und alles in den Anhang
meiner Liste verbannt, was den
Geist und die Handschrift des
Meisters nicht unanfechtbar er-
kennen läßt. Vergeblichhabeich
damals nach dem Verdienste ge-
trachtet, die Zahl der sicheren
Werke auch nur um einNovum
zu vermehren. Der Künstler ist
bedeutend genug, daß ich es wa-
gen darf, einen einzelnen Fund
zu veröffentlichen, den ich für
die passende Gelegenheit zu
spät getan habe. Je reicher und
vielseitiger das Werk wird, um
so größer wird die Aussicht,
ihm einmal das Geheimnis sei-
nes Autors zu entreißen.
Der hier abgebildete Holzschnitt der Marienkrönung gehört der Universitätsbibliothek in Erlangen, dieser un-
erschöpflichen Fundgrube. Er mißt 148x134 mm Die Rückseite ist weiß, man kann also nicht wissen, ob es sieh um
einen Buchholzschnitt oder ein Einzelblatt handelt. Nach Inhalt und Format paart sieh das Blatt keinem anderen
bekannten Werke des Meisters.
Gottvater und Christus, auf Wolken thronend, krönen die kniende Maria; über ihnen schwebt die Taube. Unten
zwischen Wolken, die sieh um die Krönungsgruppe zum Kranze schließen, in vier Reihen Halbfiguren von Engeln
und Heiligen. Die freie und geistreiche Behandlung der Hauptgruppe zeigt, wie wenig die Fesseln der Tradition den
DS beengten. Gott und Christus thronen nicht in feierlichem Gleichmaß einander gegenüber, die zwischen ihnen
Kniende krönend, sondern Christus und Maria wenden sich beide dem Höchsten zu. Er allein ist, breit thronend, ins
Profil gesetzt. Er empfängt die Krone aus der Hand Christi, der sie segnet, und führt sie mit entschieden ausge-
strecktem Arm über das Haupt der rechts vor ihm knienden Maria. Das rührende Figürchen der Jungfrau wird jeder
Verehrer des Meisters als einen Gewinn für sein Werk buchen. In der scheuen Innigkeit solcher Gestalten offenbart
er, der oft eine rauhe Außenseite zeigt, seine feine Seele. Die bescheidene Neigung des Körpers, durch ein paar edle
Gewandlinien geführt, das liebliche Profil des fast abgewendeten Gesichtes, das sich der Krone schüchtern entgegen-
hebt, die feinen Hände ziehen den Blick immer wieder auf sich. Die stille Gruppe thront über einer bewegten Menge.
Der oberen Engelreihe entspricht zu Unterst eine Reihe weiblicher Märtyrer, dazwischen sind zwei Ränge mit männ-
lichen Heiligen. Nicht alle sind zu erkennen. Ganz oben links sieht man den Täufer, unter ihm vielleicht Joachim
.Meister DS., Krönung Maria. Nach dem Holzschnitt in der Universitätsbibliothek zu Erlangen.