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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.6519#0020
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Abb. 3. L. Rohbock, Nymphenbad, Mitte XIX. Jahrhundert. Stich von
J. Poppel.

ruine des Stadtpavillons (Abb. 4, Tafel 11J) ein neues Motiv
lieferte. Die zahlreichen Zeichnungen und Aquarelle der
unfreiwilligen Ruine von 1849 sind mehr als eine Inventar-
aufnahme des Chronisten, sie spiegeln den zeitbedingten
Geschmack der klassischen Romfahrer oder eine Seite der
vom längst vergangenen Kloster- und Rittertum des Mittel-
alters begeisterten Romantiker.

Und wenn ein Hauptvertreter des deutschen Impres-
sionismus, Adolph Menzel, den Zwinger betrachtet,2 so
drängen sich ihm die lebhaft bewegten Raumformen auf,
zum Beispiel die ineinandergeschobenen Treppenläufe des
Wallpavillons (Abb. 5, Titeltafel), die in springendem
Wechsel tief abgeschattet oder lichtüberflutet erscheinen.
Die Kupfer des Architekten Pöppelmann und Vedutisten
Beiotto zeigten haarscharfe Profile und klar umrissene, in
sich gleichmäßig getönte Mauerflächen — die Romantiker,
zum Beispiel die Steinzeichnungen von Samuel Prout,
eines Hauptvertreters Englands für die römische Ruinen-
landschaft (Abb. 6, Tafel 12), lockern diese auf in zittrig
verlaufende Kanten, zeigen von der Zeit angegangene Bau-

Abb. 5. Adolph Menzel, Treppe am Abb. 6. S. Prout, Wallpavillon.
Wallpavillon. Zeichnung. Lithographie.

1 Abbildungen 4—6 sind dem Bildteil des amtlichen Ausstelhmgs
- Zu vergl. sein Ölgemälde »Nymphenbad«, 1850. Kunsthalle Har

Abb. 4. J. G. Frenzel. Brandruine des Stadtpavillons.
Zeichnung.

glieder, durch die koloristischen Mittel der Lavierung oder
Lithographie aufgelöste Flächen. Der Impressionist verwirk-
licht an ihnen die Gesetze des wechselnden Lichtes, das
die Sonne über den Bau ebenso jäh ausstreut, wie sie es
wieder an sich nimmt. Selbst die jüngste Vervielfältigungs-
technik, die Photographie, vermag nicht den wirklichen Tat-
bestand festzuhalten, sondern vermittelt in AusschnittundBe-
leuchtungjenachBegabungundlnteresseeinsubjektivesBild.

Die Zwingerbilder, die im Grunde stets den gleichen
Kunstbau zum Vorwurf haben, offenbaren die Polarität
zwischen Daseinsform und Erscheinungsform, inner-
halb deren sich der selbstherrliche Interpretationswille der
Künstler auslebt, gemäß ihrer generationenmäßigen Bindung
an die jeweils herrschende Weltanschauung.

Demgegenüber haben die Zwingerplanungen, das
heißt die Grund- und Aufrisse der Architekten, als objektive
Bestandsaufnahmen zu gelten. Diese reinen Architekten-
zeichnungen bestreiten die andere Hälfte der ausgestellten
Blätter, die hier zum erstenmal im Original nebeneinander-
gehängt, eindringlich das ständige Projektieren um die
Zwingerausgestaltung vor Augen führen. Was Pöppelmann
wirklich von seinem Zwingerbau ausführte, ist nur ein
Torso geblieben, verglichen mit dem bauschöpferischen
Ideenreichtum dieser Planungen. Aber ebenso grandios sind
die Ausbauprojekte späterer Architekten — Cuvilliers d. J.
und Gottfried Sempers —, die wohl in Würdigung der vor-
handenen Bauleistungen Pöppelmanns dennoch selbst-
verständlich ganz eigene, aus dem Kunstbekennertum ihrer
Zeit geborene Schöpfungen vorschlugen. Über den sach-
lichen Wert reiner »Bauvorlagen« hinaus sind die Pläne
aber als graphische Werke genommen gleichermaßen ein
ästhetischer Genuß. Sie aus verstreuten Schreinen und
Laden der Archive, wo sie schlummerten, einmal zusammen-
getragen und dadurch wieder zum Leben erweckt zu
haben, wird das Verdienst auch nach Auflösung der Aus-
stellung bleiben. h. A. Fritzscke.

irers entnommen, der 14 Tafeln in Lichtdruck enthält.

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