Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0071
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
65

kung auf ewig gelte und versichern, daß sie aus freien Stücken erfolge. Sie betrifft unsere
Länderei und unseren Wald, gelegen in der Gemarkung Bürstadt oder in ihrem Umkreis.
Sie reicht von jenem Brombeergebüsch, welches auf der Südseite der (Bürstädter) St. Naza-
rius-Kirche wächst und durch von Agilolf und seinen Genossen in Bäume eingeschnittene
Zeichen als Grenzpunkte gegen den Besitz des Hl. Petrus (Worms) bezeichnet ist, nach
Osten bis zur Weschnitz an die Grenze der Gemarkung Basinsheim (Bensheim) und vom
erwähnten Brombeergebüsch an nach Nordosten, entlang den durch Einschnitte bezeich-
neten Bäumen. Diese Baumeinschnitte, am heutigen Tage gemacht, werden in der Volks-
sprache „lachus" genannt, was soviel bedeutet wie „Teilung". Die Grenze verläuft dann
weiter bis zu einem hölzernen Kreuz, welches an der von Bürstadt kommenden Straße
steht, biegt um nach Norden, wieder entlang einer Reihe von Bäumen, die mit Einschnitten
oder Lachen, ebenfalls heute gemacht, versehen sind, bis zu jenem kleinen Hügel, welcher
wie ein Grenz-Steinhaufen aussieht, folgt dann wieder einer durch Einschnitte oder Lachen
gekennzeichneten Anzahl von Bäumen und erreicht schließlich abermals die Weschnitz und
damit die Bensheimer Gemarkung. Alles, was innerhalb jener mit Einschnitten oder
Lachen oder Teilungsmarken versehenen Bäume bis zur Bensheimer Gemarkung liegt, ist
unser Eigentum, ob es nun aus Angilas Mitgift oder aus einer anderweitigen Erwerbung
stammt. Es ist unser Anteil, unser Besitztum und daher Gegenstand unserer Schenkung
an Ländereien, Wäldern, Feldern, Wiesen, Weiden, stehenden und fließenden Gewässern.
Alles, ganz und ungeschmälert, schenken wir am heutigen Tage dem schon genannten
Kloster beziehungsweise dem EH. Nazarius im Namen Gottes zum immerwährenden
Besitztum in der Weise, daß von diesem Tage an jene Mönche oder ihre Nachfolger das-
selbe innehaben, für sich behalten und besitzen sollen. Keines von uns und keiner von
unseren Erben, am allerwenigsten ein mißgünstiger Außenseiter, soll jemals die Mönche
oder deren Nachfolger von diesem Land und Wald vertreiben oder ihrem Besitze Schwie-
rigkeiten machen dürfen. Niemand erdreiste sich, Unruhe hervorzurufen oder durch Be-
sitzanfechtungen zu stören, sondern das öfters genannte Kloster möge zu jeder Zeit diese
Mehrung seines Besitztums geniessen. Wenn aber jemand, was wir für die ganze Zukunft
nicht hoffen wollen, wenn wir selbst oder einer unserer Erben oder irgendeine außen-
stehende mißgünstige Person gegen diese von uns gemachte Schenkung anzukämpfen, sie
zu brechen oder zu verfälschen versuchen sollte, so hüte sie sich davor, daß sie nicht den
Zorn des allmächtigen Gottes auf sich herabziehe. Überdies bezahle sie, zugleich mit einem
allenfallsigen Mitschuldigen, an die königliche Domäne eine Buße von drei Pfund Gold
und fünf Mark Silber, und jegliche Klage sei hinfällig. Damit diese gegenwärtige Schen-
kung jederzeit fest und unverletzlich bleibe, die nachstehende Fertigung. Geschehen in
öffentlicher Versammlung im Kloster Lorsch am 1. Juni (770) im zweiten Jahre der Regie-
rung der glorreichsten Könige Karl (768—814) und Karlmann (768—771). Handzeichen
des Grafen Cancor und seiner Gattin Angila, welche um die Erstellung und Bekräftigung
dieser Schenkungsurkunde gebeten haben. Handzeichen des Thurincbert, des Bruders
Cancors, und des Heimerich, seines Sohnes, und anderer. Ich, der Vorleser Guario, habe
diese Schenkungsurkunde niedergeschrieben.
 
Annotationen