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Minst, Karl Josef [Transl.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0153
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und Paulus errichtet ist, in dem der Leib des Hl. Nazarius liegt, wurde durch die Wahl
der Mönche der ehrwürdige Gerold Abt. An unserem Krönungstage (7. Juni 1002) haben
wir ihm wegen seiner uns geleisteten guten Dienste die Investitur erteilt. Er brachte vor
unser Angesicht die Urkunde mit der Bestätigung der Unabhängigkeit seines Klosters, aus-
gestellt von unserem geliebten Großvater und Vorgänger, dem Kaiser Otto (I.) seligen
Angedenkens. Darin heißt es, daß unser Großvater jenes Kloster aus Liebe zu Gott und
aus Verehrung für die Mönche, die dort Gott dienen, immer unter seinem tatkräftigen
Schutz und der Verteidigung gegen jegliche Unbilligkeit staatlicher Beamter erhalten
wolle. Außerdem bat uns genannter Abt Gerold, daß wir, dem Vorbild unseres Groß-
vaters folgend, eine ähnliche Urkunde über die Reichsunmittelbarkeit für sein Kloster,
aus Ehrfurcht vor dem heiligen Märtyrer Nazarius, erlassen möchten. Dieser Bitte und der
Fürbitte unserer geliebten Gemahlin, der Königin Kunigunde, und des ehrwürdigen Main-
zer Erzbischofs Willigis entsprechen wir gerne. Wir haben daher beschlossen, jenem
Kloster und den dort Gott dienenden Mönchen unsere vorliegende königliche Urkunde
der Unabhängigkeit und des Schutzes wegen, aus Liebe zum Gottesdienst und um des
Heiles unserer Seele willen zu erteilen. Durch diese verordnen und befehlen wir, daß kein
Staatsbeamter und kein mit richterlicher Gewalt Ausgestatteter, aber auch kein anderer
unserer Getreuen, der gegenwärtigen und der zukünftigen, in die Kirchen, Ortschaften,
Äcker oder sonstigen Besitzungen des genannten Klosters, welche es zur Zeit in den ver-
schiedensten Gauen und Gebieten unter der Botmäßigkeit unserer Herrschaft rechtlich und
gesetzlich besitzt, eindringen dürfe. Auch die Güter, welche später von rechtgläubigen
Männern dem Kloster geschenkt werden, dürfen von ihnen nicht betreten werden. In den
Hoheitsgebieten des Klosters sind Vornahme von Verhören, Einhebung von Bußen oder
Abgaben, Errichtung von Häusern oder Lagern und die Aushebung von Bürgen verboten.
Die Klosterleute, Edle und Knechte, die auf Klostergebiet seßhaft sind, dürfen nicht unge-
rechterweise in Anspruch genommen werden, es dürfen nicht Verbindlichkeiten oder vor-
getäuschte Forderungen eingetrieben werden. Niemand unterstehe sich, weder jetzt noch in
Zukunft in das Klostergebiet einzudringen oder einen der oben verbotenen Eingriffe
vorzunehmen. Dem genannten Abte und seinen Nachfolgern sei es auch gewährt, die Güter
des mehrgenannten Klosters unter dem Schutze unserer Erklärung der Reichsunmittelbar-
keit in Ruhe und Ordnung zu genießen. Auch alle Rechte, welche dem königlichen Schatz-
amt bisher dort zustanden, haben wir samt und sonders dem Kloster abgetreten, sei
es zur Ernährung der Armen oder als Unterhalt der Mönche, die dort Gott dienen. Für
ewige Zeiten sollen sie dem Kloster für seinen weiteren Anstieg dienen. Und wenn der
Abt oder seine Nachfolger auf den Ruf Gottes vom Lichte dieser Welt Abschied neh-
men, sollen die Mönche, solange sie in ihren Reihen solche Männer finden können, welche
ihre Gemeinschaft nach der Regel des Hl. Benedikt zu leiten imstande sind, selbst den
Nachfolger wählen. Vorliegende königliche Bekräftigung gibt ihnen dieses Recht, so wie
sie es früher durch die Zustimmung des Kaisers Otto hatten. Sie sollen die Erlaubnis der
freien Abtwahl haben, damit diese Knechte Gottes, welche hier Gott dienen, für uns und
unsere geliebte Gemahlin Kunigunde andächtige Gebete zu Gott senden. Und damit
unsere königliche Bestätigungsurkunde von jetzt an und auf ewig in Kraft bleibe, haben
wir sie eigenhändig unterschrieben und durch den Abdruck unseres Siegels fertigen lassen.
Monogramm des Herrn Heinrich IL, des unbesiegten Königs. Ich, der Kanzler Eigilbert,
habe im Auftrage des Erzkaplans Willigis gegengezeichnet. Gegeben am 29. September, im
 
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