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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0158
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welche schon seit langer Zeit von beiden Seiten auf ungerechteste Weise sich geradezu
eingebürgert hat, von den Vögten beider Parteien vollständig zu beseitigen sei. Künftig
sollen sie dafür sorgen, daß solches bei ihnen sich nicht nach aiter Gewohnheit wiederhole.
Sollte ein neuer Zank zwischen ihnen ausbrechen, so wünsche ich, daß sie zusammen-
kommen und sich je eher desto besser vergleichen. Und damit die Vermessenheit eines so
bedenklichen Aufruhrs unter den beiden Gemeinschaften künftig nicht ohne gebührende
Sühne bleibe, habe ich durch diesen schriftlich niedergelegten Erlaß folgendes beschlossen:
Wenn einer vom Gesinde des Hl. Petrus zu Worms einen aus dem Gesinde des Hl. Naza-
rius, oder umgekehrt einer vom Gesinde des Hl. Nazarius einen der Knechte des Hl.
Petrus angreift, wenn er ihm in unbesonnenem Beginnen und mit bewaffneter Hand nach
dem Leben trachtet oder wenn er dessen Hofstätte berauben will oder in dessen Haus
einbricht, und wenn jenem die Flucht geglückt ist oder wenn er sich sonstwie der Gewalt-
tätigkeit oder der Befehdung durch seinen Angreifer erwehren konnte, oder wenn er
vielleicht nicht zu Hause war (so daß es nicht zu einem Mord kam), so soll demjenigen,
welcher der Anführer und Rädelsführer dieses Verbrechens und dieses Hausfriedensbru-
ches war, die Kopfhaut mitsamt den Haaren abgezogen werden. Außerdem soll ihm mit
einem eigens dazu hergestellten glühenden Brandeisen in beide Wangen ein Schandmal
eingebrannt werden. Wenn aber ein Mord geschieht, so sollen alle an demselben oder an
dem Angriff Beteiligten, nachdem sie Kopfhaut und Kopfhaare verloren, außerdem noch
mit dem obenerwähnten Brandmal gezeichnet werden. Dem Herrn des Getöteten aber
soll der Urheber des Mordes das Wehrgeld bezahlen und sich mit den Angehörigen seines
Opfers aussöhnen. Und wo immer einer der beiden Gefolgschaften von der anderen un-
schuldig umgebracht wird, werde der Mörder dem oben erläuterten Urteil unterzogen.
Diesen Spruch und dieses Gesetz vollziehe getreulich der Vogt, in dessen Vogtei der Mord
vorgefallen ist, mit Wissen des Bischofs und des Abtes, in Gegenwart von Abgeordneten
beider Seiten. Sollte aber der Vogt bestochen oder befangen sein oder sonstwie auf hin-
terlistige Weise diese Vorschrift zu umgehen trachten, so verliere er unsere Gnade und die
Vogtei, wenn er nicht auf die Reliquien schwört, daß er jenen, der des Mordes oder des
Hausfriedensbruches angeklagt ist, nirgends auffinden konnte; in diesem Falle soll er
trachten, ihn so schnell wie möglich zu verhaften. Wenn der Mörder aus der Hausgenos-
senschaft des Bischofs ist und der Vogt seiner nicht habhaft werden konnte oder wollte,
sollen ihn die Getreuen des Abtes, wenn sie können, ergreifen und in Gegenwart von
Boten beider Seiten der genannten Strafe zuführen. Ähnlich geschehe es auf Seiten des
Bischofs. Bezüglich der Diener des Bischofs und des Abtes verordnen wir, daß, wenn einer
derselben ein solches Verbrechen beging, er der vorgenannten Strafe unterworfen werde
oder daß dieselbe durch eine Sühne von zehn Pfund Denaren abgelöst werde. Was mir
aber besonders am Herzen liegt und was ich wünsche, befehle und strengstens vorschreibe,
ist, daß diese Angelegenheit ein für allemal in Güte und Rechtlichkeit begraben sei und
nicht wieder auftrete oder sich erneuere. Wenn aber genannter Bischof oder Abt diese
Vorschrift zu beseitigen wünscht, bezahle er mir oder meinem Nachfolger zwei Pfund
Gold und sein Versuch soll keineswegs gelingen. Und damit diese Verordnung beständig
und unverbrüchlich bleibe, haben wir vorliegende Urkunde mit dem Abdruck unseres
Siegels fertigen lassen. Monogramm unseres Herrn Heinrich, des unbesiegten Kaisers der
Römer und allezeit Mehrers des Reiches. Ich, der Kanzler Gunther, habe im Auftrage des
Erzkaplans Aribo gegengezeichnet. Gegeben am 2. Dezember, in der 6. Indiktion, im
 
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