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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0168
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162

das obengenannte Kloster betreffe. Wenn einer von ihnen kinderlos sterbe, soll sein ganzes
Besitztum, das als sein Nachlaß festgestellt werde, an den Custos der Kirche zu Lorsch
übergehen. Diese Archiv-Notiz wurde in Lorsch zur Zeit des Kaisers Heinrich III., des
Abtes Winther, des Propstes und Custos Sigelaus, in Gegenwart der Zeugen, deren Namen
unterschrieben sind, erneuert. Arnold, Hezzel, Herbert, Godebert, Merbod, Diegoz,
Berolf, ein weiterer Berolf, Hildebraht, Walpraht und viele andere.

VERMERK 120

Im Jahre . . . (1032) nach des Herrn Fleischwerdung, in dem der verehrungswürdige
Vater Reginbald, wie erzählt, mit der Inful der Speyrer Kirche geschmückt worden war,
schlich sich Humbert (1032—1037, März, 12.) auf frevelhafte Weise und ohne kanonische
Einführung als Abt in Lorsch ein, ohne daß er von den Mönchen oder ritterlichen Lehens-
trägern in irgendeiner Weise gewählt worden wäre. Er war Propst und stellvertretender
Sachwalter des Klosters gewesen und hatte als solcher die Gunst der Höflinge gewonnen
und mit vielem Geld erkauft. Gestützt auf deren Zuneigung und Schutz „trat er nicht
durch die Türe ein, sondern stieg anderswo empor" (Job. 10, 1). Sofort nach seinem Ein-
dringen ließ er seiner verruchten Habsucht alle Zügel schießen. Er wußte das Merkmal
seines Ehrgeizes wie unter dem Scheine der Ehrenhaftigkeit schön zu färben und wurde
dadurch auf eine seltsame Weise ein Meister zweier sich widerstreitender Laster: er wurde
gleichzeitig ein Geizhals und ein Verschwender. Seine erste aber nicht einzige böse Tat
war, daß er ein anderer Manasses wurde, wie ihn Ezechias beschreibt. Er entheiligte, be-
raubte und erniedrigte die Lorscher Kirche, jene, wie ich sagen möchte, berühmte Tochter
Syon, angetan mit goldenem Gewände (Threnodia 4, 2). Der edle un.d erhabene Schmuck
und der Schatz, von Königen und Kaisern, aber auch von Gläubigen und früheren Äbten
mit glühendem Eifer in reichlicher Menge gestiftet, wurde von diesem zusammengerafft
oder, besser gesagt, hinweggerafft. Er streckte seine Hand aus nach allem Wünschens-
werten (Thren. 1, 10). Denn seinen Verwandten, ihm mehr durch weltlichen Hochmut als
durch natürliche Bruderliebe verbunden, durch deren Schliche er seine Würde erlangt
hatte, gab er das Klostervermögcn preis und Besitzungen, die bisher dem Kloster und
dem täglichen Bedarf und dem Lebensunterhalt der Mönche gedient hatten, vertat er unter
dem Decknamen von Lehen, nämlich Hagenheim (Hahnheim a. d. Selz), Cruftilla (Krif-
tel, Wüstung, wohl in der Gemarkung Rockenherg i. d. Wetterau), Gruonowa (Gronau
hei Vilhel nordöstl. Frankfurt), Luodenbach (Laudenbach nördl. Weinheim), Sahssenheim
(Groß-, Lützel-, Höhen-Sachsen südl. Weinbeim), Burrifelden (Beerfelden, Kreis Erbach
im Odenwald), Heidebach (Ober und Unter-Haidelbach nöstl. Nürnberg) und die Wein-
güter in Dohssenheim (Dossenheim nördl. Heidelberg). Es waren dies alles fruchtbare und
ertragreiche Güter, die von alters her dem heiligen Altardienst geweiht waren. Endlich
warf er einen sehr kostbaren ganz mit Goldfäden durchwirkten Purpurteppich, so lang,
daß er den Umgang des ganzen Chores bedeckte, ins Feuer, um das viele darin enthaltene
Gold auszuschmelzen. Denn nach Gold dürstete er, Gold hätte er am liebsten getrunken.
Ein Mönch, ein Eiferer wie Phineas (Num. 25, 7), riß, von diesem seinem Eifer erfüllt,
ein ziemlich großes Stück des Teppichs aus dem Feuer heraus, das bis in unsere Tage im
Kloster verwahrt wurde, jetzt aber zugleich mit den übrigen der Gerätschaften des Gottes-
hauses „durch Nebukadnezar nach Babylon entführt wurde" (2, Reg. 25, 13). Es erscheint
uns nicht unangebracht, hier den Akt der göttlichen Vergeltung gegen den Urheber einer
 
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