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Minst, Karl Josef [Transl.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0176
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dessen Trägheit — alles wollte der Jude wissen. Aber er konnte nichts Unrühmliches fin-
den und endlich schreckte dieser Fuchs die sich vor ihm zurückziehenden Mönche durch
die unvermittelte Eröffnung, daß durch königliche Freigebigkeit das ganze Kloster mit
all seinem Besitztum seinem Herrn Adalbert geschenkt worden sei. Nachdem der Abt das
gehört hatte, berief er seinen Rat:

„Hoffnung noch zeigte die Miene,
doch bitterer Schmerz nagt am Herzen"

(Virgilius, Äneis I 209). Bald wurde Udalrich vom König nach Basel berufen und er reiste,
wie üblich, mit zahlreicher Begleitung und höfischem Gefolge ab. Am Stadttor zu Basel
wurden die Ankommenden von einem Kriegsmann eingehend über die Umstände ihrer
Reise ausgefragt und schließlich verriet er, daß die ganze Reisegesellschaft auf Befehl des
Königs dem Bischof Adalbert auszuliefern und nach Sachsen zu überführen sei. Von
Mund zu Mund ging dieses Gerücht, und alle meinten, daß die Durchführung dieses Unter-
nehmens dem König und dem Bischof schwerlich gelingen könnte, zumal Boten an den
apostolischen Stuhl, welche die Streitfrage vortragen sollten, wohl unverrichteter Sache
zurückkehren würden. Denn bei ihrer Uneinigkeit über den richtigen Papst, die durch das
Aufkommen weiterer neuer Parteiungen noch verschlimmert wurde, war ein Erfolg aus-
sichtslos. In seiner Erwartung getäuscht, griff der Bischof den Abt nun wieder auf andere
Weise an. Er überredete den König, vom Abt ein Lehen für einen königstreuen Ritter zu
fordern, welches den Mönchen bedeutende Erträge abwarf. Adalbert hoffte nämlich, daß
sich der Abt, wenn er diesem Befehle nicht nachkomme, die königliche Ungnade zuziehen
werde. Der Abt aber, der sich zunächst längere Zeit und mehrmals dem Befehle wider-
setzt hatte, führte ihn schließlich aus, um weiteren Fallstricken des Bischofs zu entgehen,
nachdem er das königliche Versprechen erhalten hatte, daß künftig niemals wieder weder
er noch sein Kloster, weder durch Bitte noch Befehl belastet werden sollten. Dann kehrten
Bischof und König nach Sachsen zurück. Die Abwesenheit der Fürsten ermöglichte es nun
dem Erzbischof, sich vom König (am 6. Sept. 1065) Lorsch schenken zu lassen. Das Kloster
wurde also von einem einzigen Mann einem einzigen Mann übereignet. Der Abt wurde
jetzt an den königlichen Hof nach Goslar berufen. Der Bischof von Bamberg (Hermann,
ein eifriger Parteigänger Heinrichs IV.) überbrachte die Vorladung in einer Form, welche
den Befehl zu einer freundlichen Einladung mildern sollte. Wie eine Fügung Gottes war
es nun, daß der Abt krank darniederlag. In seiner Antwort an den König bedingte er
sich eine Frist von wenigen Tagen aus. An dem vorgesehenen Tage war er immer noch
ernstlich krank und er schickte daher einen Boten nach Goslar mit entsprechender Ent-
schuldigung, der aber nicht nur nicht vorgelassen, sondern auf schimpfliche Weise abge-
wiesen wurde. Unverzüglich folgte ein durch Adalbert veranlaßtes königliches Schreiben
mit folgendem Inhalt:

URKUNDE 123 (Reg. 3612)
(Vorladung)

Heinrich, von Gottes Gnaden König, entbietet dem Abt Odalric (Udalrich) vorerst
noch seine Gnade. Wir wundern uns darüber, daß wir dich, dem Gehorsam vor allem
anstehen würde, ungehorsam sehen müssen. Du bedenkst nicht, wie wenig du bist und
daß du dich deinem Ungehorsam nicht ungestraft hingeben kannst. Es ist uns zu Ohren
 
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