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Minst, Karl Josef [Übers.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0212
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206

VERMERK 144 a
Schilderung dessen, was Diemo alles vernachlässigt hat

Vielleicht hätte jener Abt, \>on dem wir oben sagten, daß er beschränkten und ein-
fältigen Geistes gewesen sei, doch mit mehr Überlegung für sein Kloster gesorgt, wenn
er nicht so sehr von schlechten Menschen umgeben gewesen wäre, die nur ihren Vorteil
suchten, aber nicht das, was des Herrn ist, wenn er nicht so sehr von ihrer verwerflichen
Gesinnung angesteckt und vom Rate seiner Vertrauten und der Gunst seiner Freunde
verdorben gewesen wäre. So aber gab er die Weiler Cella (Zell bei Bensheim), Husen
(Groß- und Kleinhausen, heute vereinigt als Elnhausen, bei Lorsch) und noch ein wei-
teres Cella, den Zoll mit dem größten Teil des Michelstädter Zehnten und Morlebach
(Mörlenbach nordöstl. Weinheim) als Lehen weg, ferner den Zoll in Weinheim und einen
Teil des herrschaftlichen Ackerlandes als Burglehen, ebenso Mulnen (Müllheim bei Wein-
helm) und viele andere anderswo liegende verstreute und aufgeteilte Güter. Außerdem
war eine erbitterte Fehde (1128—1130) zwischen B(erthold), dem Klostervogt (verbündet
mit der Stadt Speyer u. mit den Staujen) und Sigfrid (von Wolfsölden), dem Bischof von
Speyer (1127—1146, verbündet mit König Lothar) ausgebrochen, welche auch das Lor-
scher Kloster in Mitleidenschaft zog und seine Güter durch Raub und Brand verheerte.
Diemo verpfändete auch drei mit Gold, Silber und Edelsteinen kostbar ausgestattete
Bücher und ein goldenes Kreuz, die niemals wieder eingelöst wurden. Aus dem heim-
gefallenen Lehen des genannten Berthold (IL, Graf von Calw, kinderlos gestorben pim
1137) behielt er allein den Hof Liutershusen (Leutershausen nördl. Welnhelm) in der
Hand des Klosters zurück. Nach Beendigung des Allgemeinen (Lateran-Konzils zu Rom
(1139) unter Papst Innozenz reiste Diemo von Rom ab, wurde zu Verona von heftigem
Fieber ergriffen und starb in Brixen, einer Stadt im Trienter Tal, im 14. Jahre seiner Re-
gierung. Ebendort wurde er auch im Seitenschiff der Mutterkirche (Kathedrale), an der
Wand der südlichen Eingangshalle begraben.

VERMERK 144 b

Über den Abt Baldemar, der sich ebenfalls durch Simonie einschlich

Nachdem Kaiser Lothar in Italien (richtig: In Breitenwang bei Reutte In Tirol, am
4. XII. 1137) gestorben und in Braunschweig (richtig: Königslutter) begraben worden
war, im 14. Jahre nach Antritt seiner Regierung, bemächtigte sich Konrad (HL), der
schwesterliche Neffe des Kaisers Heinrichs IV. (richtig: V.) der Zügel der Regierung.
Durch diesen erhielt, nachdem seit dem Tode des Abtes Diemo anderthalb Jahre vergangen
waren (Sedisvakanz 1139—1140), Baldemar, Abt von Bleidenstadt (Im Taunus, nord-
westl. von Wiesbaden), ein Mainzer, sowohl seinen Sitten als seiner Abstammung nach,
das Lorscher Kloster (1140—1141), v/ie man sagt: durch simonistischen Einbruch. Dieser
wurde schon gleich beim ersten Anblick von den Mönchen, Ministerialen und auch vom
Klostervogt, dem Grafen Bobbo (von Henneberg, gest. 1156), mit versteckter Abneigung
empfangen. Überdies zog er sich den königlichen Unwillen zu und bot dadurch, daß er
seine Versprechungen nicht eingehalten hatte, selber den Zündstoff zu dem ihn vernichten-
den Brand. In Gegenwart des Kardinals Theotwin, des Legaten des apostolischen Stuhles,
wurde er gerichtlich angeklagt und innerhalb Jahresfrist nach kanonischem Recht ab-
gesetzt. Dies war der Inhalt des Spruches:
 
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