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Minst, Karl Josef [Transl.]
Lorscher Codex: deutsch ; Urkundenbuch der ehemaligen Fürstabtei Lorsch (Band 1): Chronicon. Urkunden Nrn. 1 - 166, mit Vermerken, welche die Geschichte des Klosters von 764 - 1175 und mit Nachträgen bis 1181 berichten — Lorsch, 1966

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https://doi.org/10.11588/diglit.20231#0218
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212

VERMERK 150

Das Lorscher Kloster war infolge ungezählter und lange andauernder Mißernten zu
dieser Zeit ganz und gar geschwächt und erschöpft. Nun bestand aber eine Dienstbarkeit
von hundert Mark (Silber), welcher Betrag alljährlich der königlichen Kammer von un-
serem Kloster, wie auch von anderen Klöstern, nach altem Recht zu entrichten war. Ohne
schwerste Gefährdung des Klosters war eine solche Abgabe nicht mehr möglich. Folknand
löste nun diese Verpflichtung ab, indem er in Übereinstimmung mit den Mönchen und
Dienstmannen und nach dem Rate seiner Getreuen drei Höfe der Abtei, nämlich Obben-
heim (Oppenheim a.Rb.), Wibelingen (Wieblingen nordw. Heidelberg) und Gingen (a.d.
Fils südöstl. Göppingen) der königlichen Gewalt, selbstverständlich unter gewissen Aus-
nahmebedingungen, als Gegenwert gab. Auf diese Weise befreite er sein Kloster von jener
Dienstbarkeit für alle Zeiten und bestimmte den mäßigen Betrag, der seitdem noch ent-
richtet wird, für den Tisch des Abtes. Der bestätigende Erlaß dieses Tausches, von König
Konrad gegeben, lautet so:

URKUNDE 150 (Reg. 3639)

Oppenheim, "Wieblingen und Gingen werden dem
König in Tausch gegeben

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Konrad II. (richtig: III.), von
Gottes gnädiger Güte König der Römer. Wenn wir der Gewohnheit unserer Vorgänger,
der Könige und Kaiser, in frommer Ergebenheit folgen, so werden wir für die Königs-
abteien, um der Pflege des Dienstes Gottes willen, auch für die Zukunft sorgen. Wenn wir
uns bemühen, ihren Zustand und Fortschritt, wie es Pflicht der königlichen Gewalt ist, in
vorteilhafter Weise zu erhalten, so wird das zweifelsohne sowohl zur friedlichen Ruhe un-
seres gegenwärtigen Lebens als auch zur Erlangung der künftigen Seligkeit beitragen.
Kund und zu wissen sei daher nach unserem Wunsch allen Christgläubigen und allen
Reichstreuen, den gegenwärtigen und den zukünftigen, daß das Lorscher Kloster von viel-
fältigen und verschiedenartigen Unglücksfällen so sehr heimgesucht und in äußerste Be-
drängnis gebracht wurde, daß es nicht mehr in der Lage ist, die Dienstbarkeit gegenüber
dem König, nämlich die jährliche Abgabe von hundert Pfund ohne größere Gefahr (für
seinen wirtschaftlichen Fortbestand) zu leisten. Durch göttliche Eingebung und nicht weni-
ger auf die Bitte unseres geliebten Abtes Folknand und aller seiner Mitbrüder, der Lehens-
träger und Dienstmannen jenes Klosters bewogen, wollen wir diese Dienstbarkeit ablösen
und sie kraft Machtvollkommenheit unserer königlichen Majestät gegen einen einmaligen
Tausch nachsehen. Wir übernehmen daher die drei jenem Kloster gehörigen Höfe Oppen-
heim, Gingen und Wieblingen mit allen Rechten und Erträgen, welche gegenwärtig be-
stehen oder künftig noch anfallen werden, in die Dienstbarkeit und in das Eigentum des
Reiches. Ausgenommen sind jene Rechte und Erträge der vorgenannten Dörfer, welche von
altersher Klosterleute oder Dienstleute des Lorscher Klosters auf Grund des Lehensrechtes
innehaben; diese schließen wir dehalb aus, damit nicht etwa die Würde der Königsabtei
Schaden leide. Auch das kriegerische Aufgebot, welches in der Volkssprache „Heerschild"
genannt wird, soll dadurch nicht geschmälert werden. Ausgenommen bleiben ferner die Be-
sitzteile jener Dörfer, welche dem Dienste der Propsteien, dem Amte des Küsters, dem
Amte des Pförtners oder dem Gäste- und Krankenhaus von altersher gewidmet sind; alles
 
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