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Mittheilungen des Museen-Verbandes als Manuscript für die Mitglieder — 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.35241#0009
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B Kunstbibliothek
Staatliche Museen
zu Berlin

Bei dieser Gruppe von Fälschungen, die aller Wahrscheinlich-
keit nach derselben Werkstatt entstammen, handelt es sich um
einen der größten Schwindel des Kunsthandels in neuerer Zeit.
Mehr als eine halbe Million Dollars sind bereits von Sammlern in
einen Teil dieser Werke angelegt worden, ein anderer Teil steht
für einen noch größeren Betrag bei Volpi, Balboni und anderen
(Palessi-Bologna) zum Verkauf. Selbst Museumsdirektoren und
Kunsthistoriker, die sich seit Jahren mit diesem Gebiet befaßt
haben, haben sich durch diese Fälschungen täuschen lassen und
einige der bekanntesten Händler halten noch jetzt, allerdings teil-
weise aus egoistischen Gründen, daran fest, daß die Zweifel an
der Echtheit dieser Arbeiten absichtlich von gegnerischen Kunst-
firmen verbreitet wurden. Es scheint mir nicht unwahrscheinlich,
daß sich die Fälscherwerkstatt in oder in der Nähe von Florenz
befindet, denn für zwei der Hauptwerke, für die Verkündigungs-
gruppe nach Simone Martini und die Holzmadonna nach Vecchietta
existieren die Vorlagen in den Uffizien und es erscheint kaum
glaublich, daß die Fälscher ihre Nachbildungen ohne ein dauerndes
eingehendes Studium der lebensgroßen Originale nur nach den
vorhandenen kleinen Photographien herstellen konnten. Man möchte
annehmen, daß eine kunsthistorische Leitung, mag sie nun in den
Händen eines gut orientierten Händlers oder eines Kunsthistorikers
liegen, bei der Herstellung dieser Fälschungen beteiligt ist. Wer
sonst würde darauf kommen, Simone Martini als Bildhauer in die
Literatur einzuführen mit der plausiblen Begründung, daß die
meisten sienesischen Maler des 14. oder 15. Jahrhunderts auch
Bildhauer gewesen seien, wer sonst käme dazu, den Vecchietta,
der doch bei den Sammlern bisher nur wenig bekannt, aber in
der engeren kunstwissenschaftlichen Literatur eine zunehmend
bedeutende Stellung unter den Bildhauern Sienas einnimmt, durch
Nachahmungen großen Stiles in den Vordergrund des allgemeinen
Interesses zu stellen und sogar eine kunsthistorisch wohl begründete
Identifizierung zwischen dem Piccolominimeister und Vecchietta
vorzunehmen, wie die Benutzung eines Reliefs des Piccolomini-
meisters im Louvre für die Verkündigungsreliefs der Sammlung
Hearst beweist. Auch ist es auffällig, daß die Inschrift auf der
Holzstatue — Contini — im Stil Vecchiettas die Bezeichnung des
Künstlers nicht genau von dem Gemälde in den Uffizien kopiert,
sondern nach dem Namen Vecchiettas noch das Wort „pictoris“
einfügt, wie es nur die Aufschrift des Bronzereliefs des Meisters
 
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