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Mitteilungen der Galerie Helbing, München — 3.1914

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Nr. 6 (24. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.47892#0049
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Mitteilungen der Galerie Helbing + München
Nr. <4 24. März ryu III. Jahrg.

Ölgemälde moderner Meister.1)
Nachlässe Münchener Künstler:
Prof. Ludwig Willroider, Kunstmaler Rudolf Epp
und andere.
Wenn Ludroig Willroider die Bezeichnung des
deutschen Corot beigegeben roird, so geschieht
dieses oollauf zu Recht, hot doch Willroider Dieles
mit dem großen franzosen gemein. Gleich diesem
stehen seine Bäume in Dibrierender Beroegung in
der Luft, die in ihrer Tönung und Beleuchtung die
Jahres-, ja auch die Tageszeit erkennen läßt, berück-
sichtigt man dazu noch, roie unauffällig und doch
roirkungsDoll er die Staffage der Natur anzugliedern
mußte, so darf roohl ohne Überhebung gesagt
roerden, daß Willroider den bedeutendsten deut-
schen Landschaftern zuzuzählen ist. Ich möchte hier
gleich eines seiner Bilder „Am Bache“ (Kat. Nr. 287)
ermähnen, das roohl in Behandlung Don Luft und
Wasser, der fein empfundenen Silbertöne roie auch
in der Komposition der Bäume seinesgleichen suchen
darf. Wie meisterlich der Künstler die Perspektioe
und den Aufbau der Wolken zu behandeln mußte,
zeigen uns die Landschaften Kat. Nr. 27t, 275 u. 277.
Während hier besonders Wert darauf gelegt ist,
eine möglichst große Tiefe des Horizontes zu er-
zielen, lag ihm bei der „Landschaft mit Buchenhain“
(Kat. Nr. 27^) mehr daran, seine Kompositionsgabe
im Aufbau der Bäume unter unauffälliger Mitroirkung
der 5taffage zum Ausdruck zu bringen. Es roäre
noch auf gar manche Eigenart des Könnens bei
den Derschiedenen im Nachlaß befindlichen Werken
hinzuroeisen, die Besichtigung der Originale roird
darüber aber am besten selbst Aufschluß geben.
Ludroig Willroider Derstand nicht nur die Schön-
heit der Natur zu schildern, er mußte auch dieselbe
in ihrer ganzen Herbheit, in ihrem Aufbäumen und
Vernichtungsdrang gegen alles Lebende roiederzu-
geben; an die Spiße dieser Arbeiten dürfte roohl
die „Sündflut“ der K. Pinakothek und der „Dies irae“
des Münchener Kunstüereins zu stellen sein. „Die
eherne Schlange“ (Kat. Nr. 508) und „Terrain-
studien“ (Kat. Nr. 270, 511 und 512) dürfen hier
angereiht roerden.
Rudolf Epp starb roenige Monate nach Will-
roider. Auch er roandte sich ursprünglich als Schüler
Schirmers der Landschaft zu, Seine Studienreisen
in den Schroarzroald, in die Tiroler und Baye-
rischen Berge roaren jedoch für ihn bestimmend,
zum Genre überzugehen. Die Sitten und Ge-
bräuche ihrer Beroohner im Bilde roiederzugeben,
J) Katalog mit T/. Kupferdrucktafeln zum Preise non 2 M.
zu beziehen durch Hugo Helbing, München.

stellte er sich zur Aufgabe und ist dieser Aufgabe
auch doII und ganz gerecht geroorden. Die zahl-
reichen, Don ihm geschaffenen Werke beroeisen
dieses, ein großer Teil daDon befindet sich in
deutschen Staats- und PriDatsammlungen, eine er-
kleckliche Anzahl fand ihren Weg über das große
Wasser, roo das Genre dieses Künstlers besonders
beliebt roar. Sein im Jahre 1857 entstandenes
„Melkendes Mädchen“ (Kat. Nr. 55) meist in bezug
auf Behandlung des Interieurs, roie auch des Figür-
lichen und insbesondere der Beleuchtung auf das
Dielseitige Können hin. Die Gemälde „Hafenbinder-
familie“ (Kat. Nr. 54), „Die Kartenspieler“ (Kat. Nr. 57)
Derdienen bezüglich ihrer Komposition besonders
Erroähnung, Interieurs sind in den Derschiedensten
Arten und Beleuchtungseffekten im Nachlasse Der-
treten. Ebenso möge auch der Landschaften, roie
beispielsroeise jener unter Kat. Nr. 72, der „Partie
aus fischen im Allgäu“ (Kat. Nr. 77), „Kirchhof In
Rattenberg“ (Kat. No. 85) gedacht sein.
Eugen Adams ,,Räuberischer Überfall“ gemahnt
in Komposition und Ton Dielfach an Delcroix. Theodor
Alt, der heute klassisch geroordene Zeitgenosse
Leibis, zeigt mit seinem „Bauernhof“, daß er seine
bei den Studienköpfen so beliebte Technik auch bei
diesem Mofroe anzuroenden mußte. Ch.L. Bokelmanns
Gemälde „Der hungrige freund“ (Sammlung J. Pini,
Hamburg) darf in bezug auf Komposition soroohl
roie auch auf färbe ein mustergültiges Werk der
Düsseldorfer Schule genannt roerden. Jakob Leisten
Derdient hier ebenfalls der Erroähnung. Das gri-
sailleartige Gemälde „Die Kaiserliche familie in
San Remo“ roird, abgesehen Don dem interessanten
MotiD, durch seine Zeichnung allein schon Tnteresse
erregen. Anton Braith ist mit interessanten Arbeiten
Dertreten. „Die Schafe auf der Weide“ Dom Jahre 81,
die in flotter Manier und Doller Sonnenbeleuchtung
gemalte „Mittagsszene“ aus dem Jahre 1870 soroie die
beiden Zeichnungen Don 1878, sie alle beroeisen
das große Können dieses Künstlers. Altmeister
Heinrich Bürkel ist in den Derschiedensten Epochen
Dertreten, das Bild „Beim Wirtshaus“ (Kat. Nr. 28)
entstammt dem gleichen Jahre roie die jeßt im
Germanischen Museum befindliche Barlorosche
„Dorfschmiede in Welschtirol“, es hat auch mit diesem
die roeichen, roarmen Töne soroie die exakte Zeich-
nung gemein, in bezug auf reiche Komposition
übertrifft es Diele der in leßter Zeit auf dem Markt
geroesenen Gemälde dieses Künstlers. Der Epoche
nach reihen sich diesem Bilde die beiden in den
Jahren 1827—52 entstandenen Campagnabilder
(Kat. Nr. 5o/51) an, die ob ihrer feinen Töne, ihrer
lebendigen Komposition und geroaltigen Perspek-
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