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Gesellschaft für Historische Kostüm- und Waffenkunde (Berlin)
Mitteilungen der Gesellschaft für Historische Kostüm- und Waffenkunde zu Berlin — 7.1958

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Sitzungsberichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.70776#0016
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Sitzungsberichte
Am 21. Januar und am 24. Juni sprachen Herr Dr.Bleckwenn und Herr Ullrich
über die Bosniaken in der preußischen Armee und ihre Tracht. Trotz durch
das Thema bedingter Wiederholungen ergaben sich durch die besondere Akzent-
verteilung bei jedem Referenten eigene Gesichtspunkte. Herr Dr. Bleckwenn
führte aus: In den Ostgebieten der preußischen Monarchie, zumal im südli-
chen Ostpreußen und den östlichen Marken, war die Furcht vor den periodisch
wiederkehrenden Reiterscharen des Ostens so tief verwurzelt, daß der säch-
sisch-polnische Premierminister Graf Brühl sie noch 1745 in seine politisch-
militärischen Kombinationen einstellen konnte. Er plante einen Angriff
leichter Reiterverbände aus dem polnischen Raum ins märkische Kerngebiet
des preußischen Staates. Die Werbung und Versammlung der Truppen löste in
der Neumark und in Berlin bereits eine ausgesprochene Panik aus,doch schei-
terte der Plan alsbald an dem finanziellen Unvermögen des Brühlschen Systems,
und das ganze Vorhaben wäre kaum der Rückerinnerung wert, wenn nicht aus der
Schar der wieder verlaufenden Krieger und Abenteurer eine Fahne (Schwadron)
bosniakischer Lanzenreiter unter ihrem Rittmeister Stephan Serkis kurz ent-
schlossen Friedrich dem Großen ihre Dienste angeboten hätte. Sie wurde ange-
nommen und bildete die Stammtruppe der später so berühmten und gefürchteten
preußischen Ulanen-Waffe.
Es ist bereits dargelegt worden - Genthe in seinem Aufsatz: Die Bosnia-
ken in der preußischen Armee. Wissenschaftliche Mitteilungen aus Bosnien und
der Herzegowina, Bd.8,S.145 ff.,Wien 1901 - daß es sich tatsächlich um Bosni-
aken handelte, Angehörige eines Regimentes von Mohammedanern aus türkisch-
serbo-kroatischem Volkstum, die, von der Aussicht auf Beute gelockt, gegen
den Willen der Hohen Pforte auf den fernen Kriegsschauplatz geeilt waren.
Ende Juli 1745 rückte die Fahne ins preußische Lager bei Ohlum ein, um eini-
ge Monate später, dem "Schwarzen" Husarenregiment zugeteilt, in Goldap in
Ostpreußen Garnison zu- beziehen. Über das Leben dieser Türken in der kleinen
und biederen Provinzstadt gibt es eine Reihe reizvoller Schilderungen, die
des Humors nicht entbehren. Der Entrüstung des Konsistoriums über den Umgang
der "Heiden" mit ostpreußischen Mädchen steht das lakonisch-tolerante Urteil
des alten Fritzen gegenüber (Vgl.in "Neue Militärische Blätter", Grabe:Mili-
tärische Zeitbilder aus der Vergangenheit Ostpreußens, Jh.1891, I und II und
Genthe: Über Anwerbungen und Einrichtung von Ulanen-Korps unter König Fried-
rich d.Großen, Jg.1897/ll).
 
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