Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen aus den sächsischen Kunstsammlungen — 2.1911

DOI Artikel:
Schinnerer, Johannes: Die Sammlung Becher im deutschen Buchgewerbemuseum zu Leipzig
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63187#0072
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
54

MITTEILUNGEN A. D. S. KUNSTSAMMLUNGEN 1911

DIE SAMMLUNG BECHER
IM DEUTSCHEN BUCHGEWERBEMUSEUM ZU LEIPZIG
Im Frühjahr 1911 ist vom Deutschen Buchgewerbeverein für das
Leipziger Buchgewerbemuseum die Sammlung von 400 alten Buch-
einbänden erworben worden, die sich in dem Besitze des Karlsbader
Sammlers Dr. Becher befand. Sie ist eine der wenigen Kollektionen
der Art, die systematisch nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten
zusammengebracht wurden, und unterscheidet sich dadurch wesentlich
von den Bucheinband-Sammlungen unserer Bibliotheken, die mehr
oder weniger dem Zufall ihre Entstehung verdanken. Die Sammlung
Becher hat aber auch aus demselben Grunde nicht solche Prachtstücke
aufzuweisen, wie sie die europäischen Bibliotheken als alten Besitz
mit sich führen; der Bucheinband als kunstgewerbliche Glanzleistung,
wie ihn vor allem die frühmittelalterlichen Kodizes darstellen, fehlt;
um so besser ist hier die Buchbindekunst als ein Teil des alten Buch-
gewerbes im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Drucker und Ver-
leger seit Gutenberg zu studieren.
Die Behältnisse, die die mittelalterlichen Manuskripte umschlossen,
waren ja häufig mehr die Arbeit des Goldschmiedes oder Elfenbein-
schnitzers als des Buchbinders, eine Buchbindekunst im speziellen
Sinne gibt es eigentlich erst seit der spätgotischen Zeit, vor allem
seit der Erfindung Gutenbergs, welche die Bücherproduktion außer-
ordentlich steigerte. Die Originaleinbände der Inkunabeln werden im all-
gemeinen aus schweren mit Leder überzogenen Eichenbrettern gebildet,
Vorder- und Rückseite sind mit Linien, die mit dem Streicheisen ein-
gegraben wurden und mit einzelnen aus Rosetten, Blattmustern oder
figürlichen Motiven wie Adlern, Greifen, Engeln u. dgl. gebildeten
Handstempeln in Blindpressung reich verziert. Es ist schwer, alle
diese Bände, die sich in großer Anzahl erhalten haben, nach ihrer
örtlichen Herkunft zu bestimmen, da wir in vielen Gegenden ähnlichen
Formen begegnen. Einen sehr wesentlichen Anteil an der Ausbildung
dieses Typus müssen wir Deutschland zuerkennen, das auch so gut
verstanden hat, die kompliziertere Technik des Lederschnittes dem
Buchgewerbe dienstbar zu machen. Die spätgotischen Lederschnitt-
bände, die man besonders fein in Nürnberg herstellte, gehören mit zu
den schönsten und seltensten Werken der alten Buchbinderei. Die
Sammlung besitzt leider kein Beispiel solcher Arbeit; das interessanteste
 
Annotationen