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Verband Deutscher Kriegssammlungen [Hrsg.]
Mitteilungen — Leipzig, 1919

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Mitteilungen Heft 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.11371#0130
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zusammen. vas mill nicht besagen, datz nicht überhaupt die werbearbeit neue
Formen angenommen hätte. Oas ist sicher der Fall. Massenumzüge, volks-
oersammlungen unter freiem himmel, politische LlrbeitseinsLellungen und der-
gleichen sind ja neuartige Mittel auch der werbearbeit. Oie Ztratzen-Vruck-
sachen aber arbeiten im grotzen und ganzen nach dem herkömmlichen wuster.
vis vorangegangenen Rriegsanleihen mit ihrem geroaltigen Vufgebot an
werbegedanken haben wohl die Tehirne ziemlich stark erschöpft. Vie hast,
mit der die politische l-lrbeit im allgemeinen und die der Revolution im be-
sonderen schaffen mutzten, ist einer liebevollen Durcharbeitung der werbemittel
nicht gerade günstig gewesen. Mt allen Mitteln wird wie früher, so auch
jetzt versucht, an die Seele des Umworbenen heranzukommen. Fremdsprache
und wundart werden herangezogen, das schwere und leichte Geschütz des
Läulenanschlags, des wandelnden plakats, der kleinen Mauerzettel und die
Nahkampfmittel der Flugschriften, handzettel und postkarten. Neben der
Zchrift wird gelegentlich das Zerrbild verwandt. w. E. etwas Neues und
Zukunftsreiches. Llusnahmsweise erhöht Zweifarbendruck die wirkung.
Mlerlei alte und neue Uniffe werden benutzt. Mit wilsons damals noch be-
rühmten 14 Punkten maskierten zwei parteien ihre wahlaufrufe, um sich in
das Vnteresse des Lesenden einzuschmeicheln. Lluch der etwas verbrauchte
Runstgriff, dem Zettel die Form eines Zonderblattes zu geben und damit die
Neugierde zu reizen, Lst vertreten. von der lLriegszeit her ist man die kZeran-
ziehung der Uinder zur werbearbeit gewöhnt. Eine partei hat daher an
Mnder Papiersterne oerteilen lassen, auf denen diese aufgefordert werden, ihre
Eltern zur wahlurne zu bringen und für die partei zu gewinnen. werbemätzig
richtig werden die einzelnen Truppen der Bevölkerung verschieden behandelt.
Besondere Äufrufe richten sich an protestanten und Ratholiken, Bauern und
handarbeiter, Beamte, Bngestellte, Vienstboten usw. Ein gewaltiges, neues
wählerheer stellten die Frauen dar. Lie waren das einzige wirkliche Neuland
der werbearbeit. Lie wurden daher mit ganz besonderem ölufwand von Flug-
blättern bestürmt. Oie Bufgabe wurde in doppelter weise gelöst. politisch
mehr oder weniger parteilose verbände suchten die Frauen für die politik und
für das wählen überhaupt zu gewinnen. Oaneben ging die Brbeit der ein-
zelnen parteien, die Frauen für gerade ihre Gruppe zu werben. pflichtgefühl,
häuslicher Linn, Friedenssehnsucht und Beligion waren die Gesühle, an die sich
alle parteien mehr oder weniger wandten. Nicht ohne humor Lst e§ zu beob-
achten, wie die gerade in der religiösen Frage so scharf geschiedenen parteien
sich mit dem religiösen Linn der Frauen auseinandersetzen, und wie alle be-
haupten, gerade um der Keligion willen mützten die Frauen die deutsch-natio-
nale oder die christliche volkspartei oder die demokratische oder sozialdemo-
kratische partei wählen. Natürlich haben sie alle recht, weil sie unter der
Beligion und Rirche Lmmer etwas geistig und gefühlsmäßig verschiedenes ver-
stehen. Äls WLttel der werbekunst stehen die Flugblätter im allgemeinen auf

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