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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 5.1906

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Nr. 3
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Halm, Philipp Maria: Peter Birkenholz
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https://doi.org/10.11588/diglit.20726#0097
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Peter Birkenholz

vertäfelung oder Mattenbespannung anwenden kann die eine, die den Umbau der Villa Amalienburg
oder will, niemals zur Papiertapete. Möglichst glatter am Tegernsee zeigt und eine freie Komposition.
Verputz erhält lichten Anstrich mit einfacher Scha- Ein wenig glückliches, als eine Art Schloss ge-
blonenmusterung. Es sollen der Verputz und die dachtes Bauwerk, sucht er die Amalienburg im
Schablonen in ihrer Eigenart wirken. Das ist wohl Charakter des oberbayerischen Bauernhauses zu
der wesentliche Grund; dass dabei ja auch ein Ge- regenerieren, ohne dabei in abgeschmackte Volks-
bot der Hygiene erfüllt wird, kann nur willkommen künstelei zu verfallen. Selbständiger gibt er sich
sein, ebenso dass er dabei um die Klippe, für seine noch bei einem andern Landhaus (Seite 71). Er
Möbel eine in Farbe und Zeichnung unbedingt ge- schliesst sich wohl in der allgemeinen äusseren Er-
eignete Tapete zu finden herumkommt. Für Schlaf- scheinung des Baues, im Material und Aehnlichem
und Kinderzimmer ist ihm der freundliche helle der Landarchitektur an, im übrigen aber disponiert
getönte Verputz eine unabweisbare Forderung. Ja er frei. Er strebt vor allem nach einer unmittel-
er scheut sich nicht, selbst in Räumen feierlich- bareren Verbindung des Hauses mit der grünen
festlicher Bestimmung und ausgesprochener Eleganz Aussenwelt, daher die offene Vorhalle, die nischen-
wie in dem Musiksalon eines Landhauses ehrlich das artigen Lauben, die selbst bei weniger günstigem
Material als Verputz zu bekennen. Ist das nicht ge- Wetter, den Aufenthalt in freier Luft gestatten;
sünder als Stuckmarmor oder Marmorierung? Stimmt dabei entbehrt aber die Innengestaltung der Räume
das nicht ehrlicher zu der unverfälschten Natur, die nicht behaglicher Geschlossenheit und zweckmäs-
keusch und wahr durch Fenster und Türen blickt! siger Anordnung. V

V Die Ausstellung für angewandte Kunst zeugte V Birkenholz ist kein absoluter Neuerer in dem
von Birkenholz als einem gewiegten Gartenkünstler. Sinne, dass er das Alte vollkommen negiert. Wenn
Ich erblicke darin zugleich einen besonderen Vor- er da oder dort ein unscheinbares Volutenkapitäl
zug des Architekten und damit auch eine Erklärung oder ein ähnliches Glied einfügt, so will das keines-
für seine Aussenarchitekturen. Er stimmt seine wegs behaupten, er könne nicht etwas entsprechend
Bautennach der Umgebung. Bei einem Hause wie Neues erdenken, es ist nicht etwa Armut der
der neuen Arztwohnung der Heilanstalt Neu-Wittels- Erfindung; er wählt ein solches Glied als gerade ge-
bach konnte und wollte er dabei natürlich nicht eignet und zu seiner eigenen Weise stimmend. Aber
auf die benachbarten Renaissance-Villen mit ihren kein verständiges Urteil wird ihn deshalb einen Korn-
Erkern und Giebeln Rücksicht nehmen. Er bevor- promissler oder gar einen Alten nennen dürfen. Im
zugt auch hier die ruhige Erscheinung. Es genügt Gegenteil! Sein Schaffen, ob es sich nun um reichere
ihm für die Stirnseite ein durch alle Stockwerke oder bescheidenere Räume, um ganze Innenaus-
setzendes Mittelrisalit und ein Fries in Schablonen- stattungen oder um Einzelheiten handelt, ist durch-
stuck, um den Zweckbau seiner Nüchternheit zu aus von moderner Anschauung getragen und strebt
entkleiden. V nach Selbständigkeit und Eigenart. Wir würden

V Wie Birkenholz aber Natur und Bauwerk in Ein- es begrüssen, bald weitere Schöpfungen von Birken-
klang zu bringen sucht, lehren uns zwei Skizzen, holz unsern Lesern bieten zu können. V

Peter Birkenholz-München. Grundrisse zum Landhausentwurf auf Seite 71
 
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