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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 14.1915

DOI Heft:
Erstes Halbjahr. Januar-Juni 1915
DOI Artikel:
Halm, Philipp Maria: Das neue Mozarteum in Salzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.49963#0175
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129

DAS NEUE MOZARTEUM IN SALZBURG
Von Dr. Philipp Maria Halm, München

In dem Jahrgang XI (1912) Heft 1 unserer Zeit-
schrift hatten wir Gelegenheit, auf den Entwurf
Richard Berndls für das Mozarteum in Salzburg,
als auf einen glänzenden Beweis der Anpassungs-
fähigkeit des Architekten an sachliche und ideelle
Voraussetzungen, hinzuweisen. Der Sommer des
Kriegsjahres 1914 hat das Werk zur Vollendung
geführt, leider aber liegen die stürmischen Zeit-
läufte eine seiner Bedeutung entsprechende feier-
liche Einweihung nicht angängig erscheinen. So
bedauerlich dies an und für sich sein mag, will mir
doch die ohne Sang und Klang, in aller Stille voll-
zogene Übernahme des den mannigfachsten Auf-
gaben dienenden Gebäudes fast angemessener dün-
ken, als rauschende Festlichkeiten.
Mozart ist für Salzburg eine Tradition, man
möchte sagen ohne Anfang und ohne Ende, der
Inbegriff einer latenten, zum Wesen der Stadt ge-
hörigen unveräußerlichen Stimmung. Und gerade
dieser Umstand, in Verbindung mit der aus dieser
Stimmung herausgewachsenen Schöpfung des Mo-
zarteums, sichert dem Werk den Eindruck von
etwas Organischgewordenem, etwas Selbstverständ-
lichem und Längst-Bestehendem, das Vergangenheit
und Gegenwart überbrückt und zu einer Einheit
verschmilzt. Und in diesem Sinne betrachte ich
Berndls Schöpfung als etwas jenseits aller Zeit-
grenzen Stehendes, dessen Ewigkeitswert sich von
irdischen Äußerlichkeiten, wie einer Eröffnungs-
feier vornehm abzukehren scheint, um einzig idealen
Aufgaben zu dienen.
Berndls Mozarteum ist das glänzende Ergebnis
eines internationalen Wettbewerbs. Am 17. Mai 1912
wurde, nachdem das preisgekrönte Projekt einigen
Abänderungen unterworfen worden war, der erste
Spatenstich vollzogen und im Verlauf von kaum
mehr als zwei Jahren wurde das Werk zur Voll-
endung gefördert und allsogleich seinen mannig-
fachen Bestimmungen überwiesen.
Wie schon früher dargelegt, war dem Architekten
keine leichte Aufgabe gestellt. War doch als Be-
dingung des Preisausschreibens und als zwangvolle
Notwendigkeit bestimmt, in die neue Anlage einen
architektonisch ziemlich charakterlosen Bau, die
Villa Lasser, einzubeziehen. Die außerordentliche
Anpassungfähigkeit Berndls, die sich schon bei dem
Festsaal im Hotel Union in München, im Hause
Huber in Kempten und am sieghaftesten in dem
gewaltigen Umbau der alten Abtei und Universitäts-
kirche Sab Bento in Sab Paolo in Brasilien, einem
portugiesischen Barockbau, als eine Architekten-
tugend von seltener Vollkommenheit bewährt hatte,
ließen auch hier in ihm den gegebenen Mann er-

scheinen, die aufgedrungenen Schwierigkeiten, die
sich einer freien ungehemmten Lösung entgegen-
stemmten, zu überwinden. Und wie sonst, glückte
auch hier wieder ein souveräner Entwurf.
Berndl nahm die alte Villa mit ihren drei Fenster-
achsen als Mittelgruppe des einen Bautraktes, der
er zwei Seitenflügel angliederte. Diese architek-
tonische Einheit wurde für die in kleineren Ab-
messungen gehaltenen Verwaltungs-, Sitzungs- und
Studienräume und die Bibliothek der Musikschule
und des Mozartarchivs bestimmt. Die Fassade
wendet sich gegen die Schwarzstraße, ist aber durch
kleine gärtnerische Anlagen von dem Straßenlauf
getrennt. Gegen diese Baugruppe springt der Fest-
saal bis zur Straße vor. Durch diese scharfe Ab-
setzung der Frontlinie und die Scheidung der beiden
Baugruppen durch eine kleine Hofanlage gab der
Architekt nicht nur schon im Äußeren der ver-
schiedenen Zweckbestimmung Ausdruck, sondern
er begründete damit zugleich die malerische Grup-
pierung der Massen, die durch die vorwiegend
horizontale Tendenz des Studiengebäudes und den
Vertikalismus des Festsaalbaues noch besonders
betont wird. Jeder Schritt bietet durch die Über-
schneidungen und Verschiebungen, belebt durch
die sorgsam erhalten gebliebenen Bäume des nahen
Bastion und des Mirabellengartens, stets abwech-
selnde, im Sinne moderner Städtebaukunst er-
wünschte und in ihren Gegensätzen von Weiß,
Grün und Grau heiter gestimmte Bilder.
Die Fassade des Schulbaues gemahnt in ihrer
Anlage und den Zierformen an das Salzburg der
Erzbischöfe Max Gandolph und Johann Ernst, ohne
jedoch mit deren Schöpfungen das Schwere und
Üppige zu teilen. Weise Mäßigung und freie Er-
findung führten Berndl dabei eigene Wege. Zwei
überlebensgroße Bronzefiguren von Georg Römer,
die heitere und die ernste Musik verkörpernd, in
den Nischen der Flügel und vier Puttostatuetten
von Karl Killer auf der Attika, gleichfalls von Bronze,
bilden den Hauptschmuck des Studiengebäudes.
Ernstere Töne schlägt die Fassade des Festsaal-
baues mit ihrer klassischen Lisenengliederung und
dem strengen Dreieckgiebel, den eine Gruppe
Bruno Diamants schmückt, an. Nur die über der
Anfahrtshalle angelegte Terrasse, mit den an Mira-
bell erinnernden Vasen und Puttengruppen, läßt die
heitere Kunst des Schulbaues auch hier herüber-
klingen. Der Zweckbestimmung des Festsaalbaues
als Ort zahlreich zuströmenden Publikums wurde
durch die glückliche Anlage dieser Halle in vor-
bildlicher Weise insofern Rechnung getragen, als
der Zugang für Fuhrwerke und Fußgänger so ge-

MOD. BAUFORMEN 1915. IV.
 
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