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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 14.1915

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Erstes Halbjahr. Januar-Juni 1915
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Halm, Philipp Maria: Das neue Mozarteum in Salzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.49963#0176
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trennt gelegt ist, daß letztere nicht die Fahrbahn
zu überschreiten brauchen. Die großzügigen Linien
der Fronten beider Bauteile brachte Berndl durch
eine Hofeinfahrt in Einklang, deren traulichen
Hintergrund eine echt salzburgische Brunnennische
mit einem lustigen Amor von der Hand Heinrich
Waderes bildet. Der, bei allem Streben nach an-
mutigem Wechsel, klaren Disposition der Baumasse
und ihrer klug abgewogenen An- und Einfühlung
in das Wesen der Stadt steht das Innere in nichts
nach. Man empfindet vielmehr gerade in den Räumen,
daß sie den lebendigen Geist des ganzen Baukörpers
bilden und eins und unlöslich mit ihm verbunden
sind. Überall auch hier jene anheimelnde Erinne-
rung an Altbekanntes und doch zugleich ein über-
zeugend freies, selbständiges Formen und farbiges
Fühlen von höchsten Potenzen. Einfach und würdig
bietet sich im Studiengebäude das Vestibül in Weiß
und Grün, in das große Erinnerungstafeln von rotem
Salzburger Marmor eine kräftigere Note bringen,
und das Treppenhaus, in dem nur lichtestes Braun
die Weiße der Wände unterbricht. Von ähnlicher
schlichter Zweckmäßigkeit und doch von anmutiger
Wärme sind auch die Lehr- und Proberäume. Als
Schöpfungen aber von höchstem Geschmacke, vor
allem in den erlesensten Farbenakkorden, stellen
sich die Bibliothek mit dem Mozartarchiv und der
Präsidial-Sitzungssaal dar. Dort bildet das Lack-
weiß der Möbel den Grundton. Gemütliche Bücher-
schränke, außen weiß, innen grün, da und dort von
flotten Musikerporträts eines Habermann-Schülers
belebt, schließen den Raum zusammen, der durch
leichte Vorhänge in Lila in eine liebenswürdig-
heitere, sagen wir in eine „Mozart“-Stimmung, ge-
taucht wird. Mit edlerem Material, einer hell polier-
ten Vertäfelung und gleichen Möbeln prunkt der
Sitzungsaal. Den glatten hohen Fries über dem
Gewände unterbrechen nur die Porträts Kaiser Franz
Josefs und Erzherzogs Eugen. Die feine harmo-
nische Wirkung des Raumes gründet aber vornehm-
lich in der konsequent farbigen Durchführung, in-
dem das Braun der Möbel mit dem satten Grün der
Lederbespannung an Tisch und Stühlen sich in den
havannafarbigen Vorhängen mit ihren grünen Volants
fortsetzt. Die räumlich wie künstlerisch bedeu-
tendste Schöpfung in dem Schulgebäude stellt der
ursprünglich nur für Probezwecke geplante, dann
aber zu kleineren Veranstaltungen, Kammermusik-
abenden und ähnlichen intimeren Aufführungen
ausgestaltete sogenannte „Wiener Saal“ dar, der
seinen Namen und seine reichere Ausgestaltung
einer Separatspende der Wiener Mozartgemeinde
verdankt. Weiß, ein lichtes Grün, violette Felder,
von dem sich pikant die grünen Schirmchen der
Wandleuchter abheben, ein zweites Violett der
Vorhänge an Fenster und Türen geben mit den

goldenen Füllungen der Orgel an der Stirnseite
einen ebenso ungewohnten wie unvergleichlichen
Akkord.
Noch in gesteigertem Maße aber hat Berndl dem
Festsaalbau, als der Stätte einer unter dem Zeichen
Mozart stehenden Gesellschaft, in all seinen Räu-
men den ganzen liebenswürdig tändelnden Geist
und zarten Duft der Kunst des 18. Jahrhunderts
einzuhauchen verstanden, ohne auch hier in ödem
Nachahmertum zu verflachen. Gerade das schließt
die ganze Meisterschaft Berndls in sich, daß die
formalen Mittel, mit denen er wirkt, mit dem land-
läufigen Formenhausrat des 18. Jahrhunderts so gut
wie nichts gemein haben.
Man betritt den Festsaalbau durch das mit kanel-
lierten Pfeilern fast klassisch streng gegliederte,
mit weiser Zurückhaltung nur auf Weiß, Gelb und
Braun-schwarz gestimmte Vestibül, in dem uns
feierlich eine Bronzestatuette Mozarts von E. von
Hellmers in Wien begrüßt, ein Werk, das nicht im
landläufigen Sinne als Porträtfigur, sondern in seiner
antikischen Nacktheit und in bewußter Anlehnung
an den Apoll von Belvedere als Genius des Hauses
gedacht ist.
Um das Vestibül legen sich die Kasse und die
geräumige Garderobe, und von ihnen aus führen
zwei Marmortreppen zu dem stattlichen Festsaal,
der mit 12 m Höhe durch zwei Stockwerke setzt
und bei einer Breite von 15 m und seiner Länge
von 30 m die ganze Tiefe des Baues für sich in
Anspruch nimmt. Schon die Art, wie das Raum-
innere als Einheit aufgefaßt und ohne gewaltsame
Mittel in Flächen gegliedert ist, spricht für Berndls
selbständigen Schöpfergeist. Schwache Lisenen
teilen die Hochwand, die sich seitlich des eigent-
lichen Zuhörerraums in weite Logen öffnet, denen
als einzige Horizontalzäsur eine niedere Brüstung
vorgelegt ist. Der Hintergrund des Orchesterraumes
wird bestimmt durch den feingegliederten Orgel-
prospekt, mit dem klug ausgenützten silberigen
Zinnton der schlanken Pfeifen und dem in kühlem
Weiß gehaltenen dezent vergoldeten Gehäuse mit
Wackerles reizvollen Füllungen. Dieser maßvoll
ruhigen Haltung der Stirnseite des Saales stellt sich
die farbig feierliche Gestaltung des Zuhörerraums
entgegen. Dunkelpolierte Klapptüren, unter den
Emporen, bilden sozusagen den Sockel, lichter
stumpfer Ocker kleidet die Wände, gegen die sich
die goldbraunen Vorhänge der Logen in satten Tönen
abheben. Am vollsten aber rauschen die farbigen
Akkorde, in dem fast überreichen,genial erfundenen
Stuckdekor der Holzkehle mit seinem Gitterwerk,
den üppigen Girlanden und den köstlichen Musikan-
tenputten Wackerles. In Weiß, Gold und Blaugrün
setzen sich hier die in den Wänden angeschlagenen
Töne jubelnd fort, um mit einem brausenden Fortis-
 
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