Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 14.1915

DOI Heft:
Zweites Halbjahr. Juli-Dezember 1915
DOI Artikel:
Bührer, Jakob: Otto Ingolds Volkshaus in Bern
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49963#0375
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Otto Ingold, Bern
Das Volkshaus zu Bern. — Von der Hauptfassade
Standfiguren von Professor Bernhard Hoetger, Darmstadt

OTTO INGOLDS VOLKSHAUS IN BERN
Von Jakob Bührer, Bern

Nahe einem Hauptverkehrspunkt der schweize-
rischen Bundesstadt, der alten Zähringerfeste,
ist im abgelaufenen Jahr das „neue Volkshaus“ der
bernischen Sozialdemokratie errichtet worden, nicht
an einer „Hauptstraße“, sondern an einer „Hinter-
gasse“, indessen doch an einem historisch sehr
interessanten Punkt: gegenüber dem alten Domini-
kanerkloster, jetzt „französische Kirche“, und dicht
neben dem 1729 errichteten ehemaligen Rathaus der
sogenannten äußeren Stände, in dem 1874 der Welt-
postverein gegründet wurde. Biegt man aus dem
langen Straßenzug, der vom Bahnhof bis hinunter
zur alten Aarebrücke führt, und dem auf beiden
Seiten charaktervolle Bauten mit Laubenbogen und
guten bis sehr guten Barockfassaden folgen, über
den frohmütig ländlichen Waisenhausplatz in die
Zeughausgasse ein, so wird man an ihrem oberen
Ende von lügenhaften, oder trostlos gedankenarmen

Häuserreihen empfangen, die in der zweiten Hälfte
des letzten Jahrhunderts errichtet wurden. Die
genannte Kirche und das erwähnte „Rathaus“, jetzt
alpines Museum, sind die einzigen Bauten von
künstlerischem Wert. Der Stilanarchismus der
Straße, an der der Neubau zu errichten war, be-
deutete für den Architekten einen ganz besonderen
Vorzug, dessen Wert man erst dann richtig einzu-
schätzen vermag, wenn man die vielen Neubauten
des letzten Jahrzehntes an den Hauptstraßen der
Stadt in Betracht zieht und ermißt, wie außerordent-
lich unfrei der Baukünstler dort gestalten konnte,
wie er von vornherein an den Stil des ganzen
Straßenzuges und an sein Baumaterial, Sandstein,
gebunden war. Gebunden nicht einmal immer durch
künstlerische Rücksichten, sondern gar oft auch
durch die ursprünglich sehr heilsame und berech-
tigte, aber im Laufe der Zeit schnell verknöchernde

MOD. BAUFORMEN 1915. VIII. 1.

273
 
Annotationen