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Bürgerhäusern selten, in Adelshäusern fast nirgends. Alle
Achtung vor künstlerischer Überlieferung und bewährtem
gutem Stil! Aber die künstlerische Eigenform, das neue
Schöpferische hat seine eigene Schönheit! Ich halte übrigens
die Aufgabe, dem Wunsch des Bauherrn sich anzupassen,
in bestimmten Stilgrenzen zu'bleiben für schwerer, als wenn
im Gegenteil der Künstler volle Freiheit hat aus seiner Raum-
und Formeinbildung zu schaffen. Umso stärker behaupten
sich daher die von Wörnle eingerichteten Räume neben den
Phantasieräumen der Kleinhempel. Im Wohnraum klingen
ihre Möbel maßvoller ab. Nur der eigenartige Großmutter-
schrank, eine Schreibkommode in rieselndem Glanz, breit
hingelagert, mit hohem Aufsatz, ist wieder solch ein Stück,
das in Verwunderung setzt, voll Eigenlebens. (Man lese doch
in Storms Gedicht Sturmnacht nach, was an Märchenleben
in totem Hausrat stecken kann !) Solche Romantik ist übrigens,
ganz gewiß wie mir dünkt, keine Rückschau, keine Über-
lebtheit, sondern frisch aus sich herausblickendes und in sich
hineinlachendes Leben selbst; Formen, die aus dem Reich-
tum und der Laune einer kecken und triebhaft spielenden
und bauenden Einbildungskraft quellen. Wörnles Eß- und
Arbeitszimmer lassen schwerer ein Werturteil finden für die
Formensprache dieses Baumeisters. Er versteht sein Hand-
werk, erfaßt das Wesen seiner, des Architekten Aufgabe: Sach-
lichkeit, konstruktive Ehrlichkeit, ja Redlichkeit, die nichts
vortäuscht. Keine Einzelheit, und böte sie noch so reizvoll sich
dem Beschauer, die nicht im Ganzen erst zur Wirkung käme.
Der halbkreisförmige Abschluß des Eßzimmers ist besonderer
Beachtung wert. Den Hauptraum, die Mittelachse des Zim-
mers betonen stark genug Eßtisch und Stühle, die schwebend
schwere Schiebetür, die satten Stuckkassetten der Decke, der
(dazu gekaufte) edle Leuchter; der übrige Hausrat, schwerer
oder leichter gestaltet, tritt an die Wände zurück, in Farbig-
keit aufgelöst durch die Seidenstickereien der Wandschränke.
Aber erst der licht durchfensterte Halbkreis in geringer Höhe
über dem Garten, gibt dem Eindruck von Gediegenheit und
Würde einen frohlockend leichten und wohltuenden, ja be-
glückenden Ausklang. Die Melodie der Deckenausbildung
in hell getönten Feldern, schwungvoll und maßvoll, empfängt
das Gartenlicht; die weißen Stuckkassetten über dem Tisch
in der Tiefe des Raumes schweben wie ein getragener Akkord.
Als Gartenarchitekt hat Wörnle in Bielefeld Erfreuliches
geleistet. In den meisten Fällen, wenn ich recht berichtet bin,
hat es sich um einen Umbau schon vorhandener Unformen,
sogenannter Berg- und Talgärten gehandelt, die für Garten-
gnomen eigens erfundene mit Hügelchen, Grotten, Mulden
versehene Landschäftchen darstellen — den Menschen unserer
Zeit ein Unding. Wörnle baut seinen „Hausgarten", damit
man dort im Freien wohne, bei sich daheim sei. Es ist
nicht ein Spielen mit Sand, vielmehr ein Schichten und
Bauen. In größerem Maßstabe zeigt das der Nordmeyersche
Garten, terassenförmig angelegt, Blumen, Spaliere, Nutzbeete
in reicher Fülle und bequem zugänglich tragend, übersicht-
lich ; Farbenstreifen , die sommers von der Mittagsonne wie
in Glut gesetzt erscheinen. Das Gartenhaus ist auf Wunsch des
Bauherrn als Turnhalle gestaltet, ein famoser Einfall.
Ein schwieriger Auftrag war zu lösen durch die Anlage
des Ehrenfriedhofs Brackwede. Hier ist ohne allen Prunk und
ohne kleine Eitelkeit im schönsten Zusammenklang mit der
Natur ein Denkmal guten Stils geschaffen. Die Verteilung
der Bäume und Sträucher, Goldregen und Hängebuchen,
Rosenbögen und Birken, die Anpassung an vorhandene Baum-
gestalten (Esche mit Sitzplatz z. B.) oder deren Versetzung,
soweit es möglich und unumgänglich war, das schonende
Umgehen oder Miteinbeziehen der unantastbaren Umgebung
(alte Erbbegräbnisse), der klare Grundriß und bauliche Sinn
— dies alles verrät eine groß angelegte und bis ins Kleine
sich bemühende Sorgfalt und Liebe, auch einen Ernst und
malerischen Blick, ohne die kein Gartenbauer angesichts der
Natur und über Ehrengräbern arbeiten kann.
Boden und Wände
von den Rheinischen
Marmorwerken,
Düsseldorf-Rath
Schmiedeeiserne
Gitter von W. Röwe-
kamp, Bielefeld.
Läufer dunkel violett
Richard Wörnle, Bielefeld
Aus dem Wohnhause des Fabrikanten G. W- in Bielefeld. — Der Windfang
Bürgerhäusern selten, in Adelshäusern fast nirgends. Alle
Achtung vor künstlerischer Überlieferung und bewährtem
gutem Stil! Aber die künstlerische Eigenform, das neue
Schöpferische hat seine eigene Schönheit! Ich halte übrigens
die Aufgabe, dem Wunsch des Bauherrn sich anzupassen,
in bestimmten Stilgrenzen zu'bleiben für schwerer, als wenn
im Gegenteil der Künstler volle Freiheit hat aus seiner Raum-
und Formeinbildung zu schaffen. Umso stärker behaupten
sich daher die von Wörnle eingerichteten Räume neben den
Phantasieräumen der Kleinhempel. Im Wohnraum klingen
ihre Möbel maßvoller ab. Nur der eigenartige Großmutter-
schrank, eine Schreibkommode in rieselndem Glanz, breit
hingelagert, mit hohem Aufsatz, ist wieder solch ein Stück,
das in Verwunderung setzt, voll Eigenlebens. (Man lese doch
in Storms Gedicht Sturmnacht nach, was an Märchenleben
in totem Hausrat stecken kann !) Solche Romantik ist übrigens,
ganz gewiß wie mir dünkt, keine Rückschau, keine Über-
lebtheit, sondern frisch aus sich herausblickendes und in sich
hineinlachendes Leben selbst; Formen, die aus dem Reich-
tum und der Laune einer kecken und triebhaft spielenden
und bauenden Einbildungskraft quellen. Wörnles Eß- und
Arbeitszimmer lassen schwerer ein Werturteil finden für die
Formensprache dieses Baumeisters. Er versteht sein Hand-
werk, erfaßt das Wesen seiner, des Architekten Aufgabe: Sach-
lichkeit, konstruktive Ehrlichkeit, ja Redlichkeit, die nichts
vortäuscht. Keine Einzelheit, und böte sie noch so reizvoll sich
dem Beschauer, die nicht im Ganzen erst zur Wirkung käme.
Der halbkreisförmige Abschluß des Eßzimmers ist besonderer
Beachtung wert. Den Hauptraum, die Mittelachse des Zim-
mers betonen stark genug Eßtisch und Stühle, die schwebend
schwere Schiebetür, die satten Stuckkassetten der Decke, der
(dazu gekaufte) edle Leuchter; der übrige Hausrat, schwerer
oder leichter gestaltet, tritt an die Wände zurück, in Farbig-
keit aufgelöst durch die Seidenstickereien der Wandschränke.
Aber erst der licht durchfensterte Halbkreis in geringer Höhe
über dem Garten, gibt dem Eindruck von Gediegenheit und
Würde einen frohlockend leichten und wohltuenden, ja be-
glückenden Ausklang. Die Melodie der Deckenausbildung
in hell getönten Feldern, schwungvoll und maßvoll, empfängt
das Gartenlicht; die weißen Stuckkassetten über dem Tisch
in der Tiefe des Raumes schweben wie ein getragener Akkord.
Als Gartenarchitekt hat Wörnle in Bielefeld Erfreuliches
geleistet. In den meisten Fällen, wenn ich recht berichtet bin,
hat es sich um einen Umbau schon vorhandener Unformen,
sogenannter Berg- und Talgärten gehandelt, die für Garten-
gnomen eigens erfundene mit Hügelchen, Grotten, Mulden
versehene Landschäftchen darstellen — den Menschen unserer
Zeit ein Unding. Wörnle baut seinen „Hausgarten", damit
man dort im Freien wohne, bei sich daheim sei. Es ist
nicht ein Spielen mit Sand, vielmehr ein Schichten und
Bauen. In größerem Maßstabe zeigt das der Nordmeyersche
Garten, terassenförmig angelegt, Blumen, Spaliere, Nutzbeete
in reicher Fülle und bequem zugänglich tragend, übersicht-
lich ; Farbenstreifen , die sommers von der Mittagsonne wie
in Glut gesetzt erscheinen. Das Gartenhaus ist auf Wunsch des
Bauherrn als Turnhalle gestaltet, ein famoser Einfall.
Ein schwieriger Auftrag war zu lösen durch die Anlage
des Ehrenfriedhofs Brackwede. Hier ist ohne allen Prunk und
ohne kleine Eitelkeit im schönsten Zusammenklang mit der
Natur ein Denkmal guten Stils geschaffen. Die Verteilung
der Bäume und Sträucher, Goldregen und Hängebuchen,
Rosenbögen und Birken, die Anpassung an vorhandene Baum-
gestalten (Esche mit Sitzplatz z. B.) oder deren Versetzung,
soweit es möglich und unumgänglich war, das schonende
Umgehen oder Miteinbeziehen der unantastbaren Umgebung
(alte Erbbegräbnisse), der klare Grundriß und bauliche Sinn
— dies alles verrät eine groß angelegte und bis ins Kleine
sich bemühende Sorgfalt und Liebe, auch einen Ernst und
malerischen Blick, ohne die kein Gartenbauer angesichts der
Natur und über Ehrengräbern arbeiten kann.
Boden und Wände
von den Rheinischen
Marmorwerken,
Düsseldorf-Rath
Schmiedeeiserne
Gitter von W. Röwe-
kamp, Bielefeld.
Läufer dunkel violett
Richard Wörnle, Bielefeld
Aus dem Wohnhause des Fabrikanten G. W- in Bielefeld. — Der Windfang