Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 26.1927

DOI Heft:
Nr. XI
DOI Artikel:
Stuart, D.: Paul László, Stuttgart-Wien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48543#0543
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
441


Architekt Paul Läszlö, Stuttgart-Wien
Modell einer Villa in Wien-Cottage

PAUL LASZLO, STUTTGART-WIEN
Kon Dr. D. STUART

Wer ist Paul Läszlö? Ein Architekt, der vor einigen
Wochen von Wien nach Stuttgart übergesiedelt ist. Es
lohnt diese simple Tatsache festzuhalten. Jeder echte Künstler
hat den Wunsch, einen unfruchtbaren Boden, welcher der
eigenen Entwicklung keine Nahrung mehr bietet, zu verlassen
und irgendwo in einer neuen Heimat Wurzel zu fassen. Es ist
eine feine Witterung in ihm, die ihn zu dem Lande führt,
dessen Tradition und geistig - kulturelle Atmosphäre seine
innere Erscheinung und seine Eigenart verwandt berühren.
Also der Architekt Läszlö hat Wien, einen Ort, wo er
übrigens nicht unbekannt war, verlassen und ist nach Stutt-
gart gekommen. Sollte das wirklich nur die äußeren Gründe
haben, daß man jetzt zur Zeit der Werkbundausstellung in
Stuttgart besonders wach und zugänglich ist für alles Neue in
Bauen und Raumgestaltung? Daß in Stuttgart, einem Zentrum
der deutschen Qualitätsmöbelindustrie, einem schöpferischen
Innenarchitekten lohnende Arbeit gegeben werden kann oder
auch, daß Läszlö mit eben dieser Möbelindustrie schon länger
in Arbeitsgemeinschaft steht? Stuttgart ist zur Zeit neben der
Reichshauptstadt in Deutschland wohl der fruchtbarste Boden
für einen Innenarchitekten, der seine eigenen Wege gehen will.
Man findet gerade hier und in Deutschland überhaupt einen
Wagemut zu neuer Gestaltung und Formgebung, wie ihn kein
anderes Land aufbringt, und auch Wien nicht, von wo Paul
Läszlö herkommt. Aber ich deutete schon an, es scheint mir
nicht nur die äußere Erfolgsmöglichkeit zu sein, die Läszlö

nach Stuttgart brachte. Es scheint mir eher, sein künstlerischer
Werdegang und der Geist, der bei manchem seiner früheren
Werke Pate gestanden hat, wiesen ihn hieher. Und vielleicht
eine Ahnung, daß viele hier für sein Schaffen Verständnis
haben werden.
Mitten in der Arbeit treffe ich ihn. Er ist daran, ein Atelier,
das bisher ein Maler innehatte, sich als Raum für seine Arbeit
zu gestalten. Sollte das auch ein Zeichen der Zeit sein, daß
der Maler dem weichen muß, der durch die verwandte Kunst
die Gegenwart des Alltags veredeln will? Der Gedanke liegt
nahe: denn Läszlö hat unbedingt etwas vom Maler in seiner
Art. Eine gewisse willkürliche Freude am Erfinden neuer
Formen. Eine gewisse Lust in Architektur zu fabulieren.
Er will in seinen Raumschöpfungen eine Welt schaffen, die
anders ist als die nackte Zweckmäßigkeit und die reine un-
verhüllte Darlegung der Konstruktion, die man jetzt so laut
als Norm für alle Raumgestaltung preist. Läszlös Formen sind
nicht durch logisch-konstruktive Reduktion zu begreifen. Er
will kein Bauingenieur der Innenarchitektur sein. Es würde
seiner Geistesart widersprechen.
Läszlö ist Ungar. Er schrieb einmal über seine Landsleute:
„Wild ist ihr Blut, wild ihr Wein und wild ihre Ahnungslosig-
keit in bezug auf die allereinfachsten Fragen innen- und außen-
architektonischer Natur“. Das heißt also, daß für ihn, als einen
fabulierenden Raumkünstler, der unfruchtbare Historismus einer
schon etwas beiseite gestellten europäischen Zivilisation, wie
 
Annotationen