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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

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4. Heft
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Abter, Adolf: Flugplatzbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0130
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MODERNE KUNST.

Der Flugplatzscliieber.
Wie es im Rennsport Turfschieber gibt, so haben sich auch im Flugsport Flug-
platzschieber etabliert. Ich war bei den Flugmeetings in Johannisthal und in Leipzig;
in Bremen und in Kiel und in Hamburg. Jedesmal traf ich einen Herrn, der sich in
allen Fliegerzelten zu schaffen machte. Hier schleppte er Benzinkannen herbei, dort
half er beim Aufmontieren eines Doppeldeckers, dann zog er einen Apparat mit zum
Start, nun erklärte er mit fachmännischen Ausdrücken einem jungen Menschen die
Funktionen eines Bindeckers. Und jeden Flieger kannte er persönlich, mit allen schien
er mehr oder minder befreundet. Jedes Flugzeug erkannte er mit bloßem Auge, wenn
es auch noch so hoch in der Luft schwebte, und konnte stets richtig den Typ an-
geben. Als ich mich bei einem Piloten erkundigte, wer denn dieser bewegliche Mensch

hat er auch bald seine Provision ganz in der Tasche. Und diese Vermittlungsprovision
ist nicht gering!
’ Hat der Schüler seine Pilotenprüfung bestanden, tritt der Flugplatzschieber wieder
in Aktion. Er sorgt dafür, daß der junge Flieger einen Apparat kauft und sich nicht
bei einer großen Flugzeugfirma als Rennpilot oder Fluglehrer engagieren läßt. Kauft
der neue Pilot einen Apparat von der Firma, bei der er die Ausbildung bezahlte, so
wird ihm diese Summe auf den Apparat verrechnet. Aber der noch zu zahlende
Betrag ist derartig, daß der Flugplatzschieber immer annähernd tausend Mark, oft noch
mehr, als zweite Vermittlungsgebühr erhält.
Besonders gut befreundet ist der Flugplatzschieber mit den Monteuren. Unter
ihnen sind viele findige Köpfe, die ihrem Herrn manches in der Konstruktion absehen


Valentin Zubiaurre: Der Bürgermeister von Torrecaballeros.

im Sportanzug und hohen Ledergamaschen und Flugmütze sei, antwortete er mir: „Das
ist ein Flugplatzschieber!"
Dieser neue Flugplatztyp ist ein smarter Geschäftsmann. Er vermittelt Passagier-
flüge für hohes Honorar und läßt sich dann von dem Flieger eine gute Provision
zahlen.
Er spürt neue Flugschüler auf und weist ihnen Fluglehrer nach. Und hierbei
verdient er ein schönes Stück Geld. Die Ausbildung zum Piloten kostet in der Regel
tausend bis zweitausend Mark, die entweder sofort oder in Raten bezahlt werden.
Dazu kommen noch gewöhnlich fünfhundert bis tausend Mark Bruchrisiko, die unter
allen Umständen bei Beginn der Lehrzeit eingezahlt werden müssen, denn jeder Schüler
hat während seiner Ausbildungszeit sicher einmal ein Malheur zu verzeichnen, und
wie leicht ist ein Propeller zerbrochen oder beim Auslauf oder Landen ein Rad ver-
bogen, die Tragfläche beschädigt! Der Flugplatzschieber sorgt dafür, daß die aus-
bedungene Summe möglichst gleich oder in hohen Raten bezahlt wird, denn dann

und sich dann mit einigen Änderungen Flugzeuge eigenen Systems Dänen. Diese
Apparate an den Mann zu bringen, ist die Aufgabe des Schiebers.
Er weiß die Vorteile des neuen Flugzeugtyps so hervorzuheben und die Mängel
der anderen Systeme so grell zu schildern, daß mancher junge Pilot den anempfohlenen
Ein- oder Doppeldecker kauft, besonders deshalb, weil ihm häufig bequeme Ab-
zahlungen gewährt werden.
Der Flugplatzschieber bekommt von dem Konstrukteur seine schöne Provision
und weiß den Käufer in Anbetracht der günstigen Bedingungen, die er für ihn heraus-
holt, dahin zu bringen, daß er ihm eine Ankaufsprovision zahlt. Sei es nun in barem
Gelde oder in prozentualen Gewinnanteilen an zukünftigen Flugsiegen.
Aber zur Ehre des Flugplatzschiebers sei es gesagt, daß er sich nur um den Ver-
kauf von Apparaten bemüht, wenn er fest davon überzeugt ist, daß der von ihm
angebotene Typ eine nützliche Verbesserung gegen andere Systeme darstellt. Und da
er über praktische technische Kenntnisse verfügt, darf man ihm gern darin vertrauen.
 
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