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Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunsthandel — 1.1900/​1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.47723#0264

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— 234

kann kein Zweifel bestehen, dass die romanische
Anlage des zweiten Dombaues den gegenwärtigen
gotisierenden Dom an Harmonie, Grossartigkeit
und feierlicher Wirkung bei Weitem übertraf, ja
dass sie in Bezug auf die Schönheit der Propor-
tionen mustergiltig gewesen sein muss und in Be-
zug auf Raumwirkung den Vergleich mit manchen
der himmelanstrebenden rheinischen Bauten auf-
nehmen konnte. — Die nun folgende Gotisierung,
die Zeit der Renaissance (die Bereicherungen an
prachtvollen Marmoraltären, Sarkophagen, Holz-
und Eisenarbeiten, aber auch den Verlust der
zahlreichen gotischen Glasmalereien brachte), die
Veränderungen des 19. Jahrhunderts: all das ist
eine fortgesetzte Leidensgeschichte des prächtigen
Denkmals romanischer Kunst. Schildhauer hat
auch diese Leidensgeschichte auf das Ausführlichste
aus den Quellen behandelt und somit eine durch
ihre Vollständigkeit höchstverdienstliche Darstellung
der gesamten Baugeschichte des Domes gegeben.
10 schöne Tafeln illustrieren die hochinteressante
Arbeit. Zu beklagen ist nur, dass Schildhauer die
ältesten Glasmalereien des Domes statt nach Ori-
ginalaufnahmen nach Herbergers Buche reprodu-
ciert hat. Die Tafeln bei Herberger mögen ja in
ihrem Farbendruck die Farbengebung der Originale
getreu zeigen (das lobt Schildhauer an ihnen), in
ihrer ganzen Zeichnung dokumentieren sie aber die
Hand eines Copisten aus der Mitte des 19. Jahrh.,
des Malers Schenkenhofer, und sind darum für die
neuere Kunstwissenschaft ganz unbrauchbar. [1232
Berlin. Königliche Museen: Sammlung der
Sculpturen und Gipsabgüsse. Für die
Sammlung der Originalsculpturen wurde im Kunst-
handel eine weibliche Gewandfigur aus Marmor
erworben. Der Kopf ist das Porträt einer Römerin
aus der Zeit der Antonine, Haltung und Gewand
der Figur deuten auf ein auch in anderen Wieder-
holungen nachweisbares griechisches Vorbild aus
der ersten Hälfte des V. Jahrhdts. v. Chr. (vgl.
Amelung, Sitzg. des Kais. Deutsch. Archaeol. In-
stituts in Rom v. 20. April 1900; Römische Mit-
teil. XV. 1900, S. 181 ff) —
Die Sammlung der Bildwerke der christ-
lichen Epoche erwarb durch Ankauf u. A. : Ein
kleines Hochrelief in Marmor, darstellend Anna
selbdritt mit dem kleinen Johannes, ein späteres
Werk des lombardischen Bildners Agostino Busti,
gen. Bambaya, in der Komposition abhängig von
Leonardos Gemälde im Louvre. — In der Ver-
steigerung E. Miller von Aichholz zu Paris wurde
eine grosse Plakette aus Glockengussmetall er-
worben, eine Arbeit des Antonio Filarete, mit der
Darstellung der thronenden Madonna in reicher
ornamental und figürlich gezierter Rahmung, aus
einem Oratorium der Villa Costozza bei Vicenza
stammend. Ein zweites stärker ciseliertes Exem-
plar dieser Plakette wird im Louvre bewahrt. —
Angekauft wurden auch fünf italienische Plaketten
des XV. u. XVI. Jahrhdts., sämtlich bisher nicht
bekannt, darunter ein Porträt der Elisabetta Gon-
zaga. — Ein hoher Gönner, der die Sammlung
häufig schon bedacht hat, überwies ihr 3 historisch
interessante Elfenbeinplatten aus der Sammlung

Desmottes, byzantinische Arbeiten des X. bis XL
Jahrhdts.; und zwar eine Platte mit der Darstel-
lung der Einführung Mariä in den Tempel, zu
der die Sammlung eine Art Gegenstück besitzt,
und 2 Flügel eines Triptychons mit je 3 Brust-
bildern von Heiligen. — Geheimrat A. Thieme
(Leipzig) schenkte zwei zusammengehörige Kapi-
telle aus Stuck, mit den Bildnissen eines jungen
Mannes und seiner Gattin, mittelitalienische Ar-
beiten von ca. 1470. — Herr Oskar Huldschinsky
schenkte eine Bronzestatuette des Apollo, die zu
Beginn des XVI. Jahrhdts., frei nach einer Figur
praxitelischen Charakters ausgeführt ist. ■—- Eine
Zuwendung des Herrn Gustav Salomon brachte
ein Stuckrelief des Luca della Robbia mit einer
Madonna in Halbfigur, das in einem minder guten
Exemplare bereits vorhanden war. — Dr. W.
Bode überwies die Kinderbüste des Antonio Ros-
sellino, die im Jahrb. der K. Preuss. Kunstsamml.
1900 S. 215 veröffentlicht ist. (Amtl. Ber.) [1233
— Verein Berliner Künstler. In der Januar-
Hauptversammlung des Vereins Berliner Künstler,
auf deren Tagesordnung die Neuwahl des Vor-
standes stand, wurde an Stelle des Direktors Anton
v. Werner Baurat Heinrich Kayser, Mitglied der
Akademie der Künste, gewählt. Zum stellver-
tretenden Vorsitzenden wählte die Versammlung
den Kupferstecher Professor Louis Jakoby, zu
Schriftführern den Landschaftsmaler Dr. Müller-
Kurzwelly und den Maler Max Schlichting. [1234
Dresden. Königliche Gemälde-Galerie. Für
die k. Gemäldegalerie ist vor kurzem ein grosses
Gemälde von Puvis de Chavannes angekauft wor-
den. Das 1875 gemalte Bild, das in der Jahr-
hundertabteilung der Pariser Weltausstellung aus-
gestellt war, ist unter dem Namen der Fischer-
familie bekannt. In lebensgrossen, nur wenig be-
kleideten Idealgestalten, die doch von warmem
Eigenleben erfüllt sind, giebt das Gemälde in dem
schlummernden Greise, dem spielenden Kinde, dem
thätigen Elternpaare eine sinnbildliche Darstellung
der drei Lebensalter und damit zugleich ein Spiegel-
bild des menschlichen Lebens. Der einfache Vor-
gang ist an eine stille Meeresküste verlegt und
mit der ernsten schlichten Grösse aufgefasst und
wiedergegeben, die dem Meister eigen ist. Im
Katalog der Pariser Weltausstellung und in einigen
Zeitschriften findet sich eine Abbildung der Puvis-
schen Fischerfamilie. Diese Abbildung ist indes
nach einer kleinen, etwas veränderten Wiederholung
des Gemäldes von 1887 gemacht. -— Die franzö-
sische Kunst des 19. Jahrhunderts ist in der Kgl. Ge-
mäldegalerie zu Dresden nicht gerade glänzend
vertreten. Sie besitzt nur das Bildnis Napoleons
von Gerard, ein kleines Seestück von Gudin, das
Bildnis von Henriette Sontag von Paul Delaroche
(Vermächtnis von Karl Sontag) und das Geständnis
von Germain David-Nillet. Bedauerlich ist nament-
lich das gänzliche Fehlen der Schule von Fontaine-
bleau, Manets und der Impressionisten. (M. N. N.)
[1235
Düsseldorf. Kunsthistor. Ausstellung 1902.
Als Zuschuss des preussischen Staates zu der im
Jahre 1902 in Düsseldorf stattfindenden kunst-
 
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