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Monatshefte für Kunstwissenschaft
in der Dresdener Gefäßsammlung bewahrt wird,
hat, da sie nicht genug trocken war, im Brand
stark gelitten: sie ist verzogen, der Sockel ist
ganz schief, und über und über zeigt die Figur
Brandrisse. Die Arkanisten der Fabrik hatten
ihre liebe Not mit diesen großen Arbeiten, die
meist mißlangen, was aber weder den Eifer
Kaendlers noch den des Königs abzukühlen ver-
mochte.
Bisher galt die Dresdener Petrusstatue als
das einzige erhaltene Stück aus Kaendlers großer
Apostelfolge. Kürzlich ist nun dem Leipziger
Kunstgewerbemuseum die Erwerbung einer
zweiten Figur aus dieser Serie geglückt. Daß
dieser effektvoll bewegte Barockapostel durch-
aus den Stil Kaendlers zeigt, braucht nicht erst
bewiesen zu werden: es genügt der Vergleich
mit anderen bekannten Arbeiten von Kaendler.
Im Vergleich zu dem Dresdener Petrus er-
scheint der Leipziger Apostel pathetischer
und großzügiger in der Drapierung. Auch
dieser Apostel hat im Brande gelitten, wenn
auch nicht so stark wie der Dresdener Pe-
trus. Die Menge seiner Brandrisse gibt denen
des Dresdener Petrus wenig nach. Da der
Leipziger Apostelfigur die Attribute fehlen
und da aus einer am 18. August 1732 einge-
reichten „Specificatio" der für das Japanische
Palais bestimmten Waren hervorgeht, daß noch
andere Apostel, große und kleinere, im ganzen
neun, worunter „ein Stück von 3 Ellen und ein
Stück von 3^2 Ellen lang", gemacht worden
sind, können wir die Leipziger Statue nicht
ohne weiteres mit dem in den Akten ausdrück-
lich erwähnten Paulus identifizieren. Immerhin
bleibt die Möglichkeit bestehen, daß wir in der
Leipziger Figur den Paulus vor uns haben, denn
von den anderen, die nur als „roh" oder „ver-
glüht" in der „Specificatio" gezählt werden,
hören wir nichts wieder, und es ist nicht un-
wahrscheinlich, daß sie im Gutbrande, falls er
überhaupt ausgeführt wurde, ganz mißglückten.
Wie dem auch sei, dem Leipziger Kunst-
gewerbemuseum ist durch diese virtuose Arbeit
ein weiteres Beispiel der plastischen Kunst
Kaendlers aus seiner ersten Periode zu-
gefallen. Schon früher kaufte es ein paar präch-
tige Barockvasen, die in ihrer Formengebung
dem dekorativen Stil Poeppelmanns am Zwinger
nahestehen, die aber ebenfalls für die erste Pe-
riode der Kunst Kaendlers charakteristisch sind,
die wir bis in die Mitte der dreißiger Jahre an-
setzen. Mit den letzten dreißiger Jahren wird
der Stil Kaendlers allmählig malerischer, zuweilen
auch bombastischer, auch nimmt die Teilnahme
von Mitarbeitern an seinen Werken zu. Die
bekanntere kleine Folge der zwölf Apostel
(wie sie im Wiener Hofmuseum bei einander
stehen), die 1741 fertig wurde und für deren Ge-
staltung italienische Vorbilder nachgewiesen wer-
den können, zeigt schon deutlich die veränderte
Stilweise, die dann in Werken weiter entwickelt
ist, wie in der Madonna mit dem heiligen Anto-
nius, in der Pieta, in dem Tod des heiligen
Franziskus, in der Kreuzigung Christi, — stau-
nenswerte Arbeiten, die alle im Dresdener Johan-
neum zu sehen sind. Auch von dieser Art
Kaendlerischer Figurenplastik besitzt das Leip-
ziger Kunstgewerbemuseum seit 1906 ein gutes
Beispiel in der ergreifenden Gestalt des Christus
am Kreuz, um den Johannes und Maria schmerz-
voll klagen, eine Gruppe, die dem Museum von
Frau Martina Limburger 1906 zum Geschenk
gemacht worden ist.
EIN JUBILÄUMSKATALOG
Soeben erschien der dritte Teil des Katalogs
500, den das Frankfurter Buchantiquariat Joseph
Baer & Co., Frankfurt a. M., anläßlich seines
120jährigen Bestehens herausgegeben hat. Der
reich illustrierte Katalog (5 Tafeln, 66 Text-
abbildungen) entspricht, was Ausstattung und
Inhalt betrifft, dem bereits vor einiger Zeit er-
schienenen ersten und zweiten Teil desselben
Bücherverzeichnisses. Er enthält die Beschreibung
von Drucken des 16. Jahrhunderts mit Illustrationen
französischer, italienischer und spanischer Künstler.
Die einzelnen Werke sind wieder nach kunst-
historischen Gesichtspunkten beschrieben und
unter die Namen der einzelnen Künstler, die sie
illustriert haben, geordnet. Im ganzen werden
89 verschiedene Künstlernamen aufgeführt nebst
kurzen Notizen über die Lebensdaten und biblio-
graphischen Angaben der über sie erschienenen
Literatur. Bei der Auswahl der Illustrationen
sind meist unpublizierte und kulturhistorisch
besonders interessante Bilder reproduziert
worden.
Den Anfang machen die französischen Bücher.
Darunter befinden sich einige sehr seltene
Ritterromane wie: Lorris, le romant de la
rose, (Nr. 1544), Meliadus, das Buch des Königs
Meliadus (Nr. 1550), die Lyoner Ausgabe der
4 Haimons-Kinder (Nr. 1572), die erste Ausgabe
von Amadis de Gaule (Nr. 1593—94) und das
Buch Ysaie le triste (Nr. 1605). Außerdem ist
erwähnenswert ein sehr hübsches Buch mit Illu-
strationen von Leonard Gaultier und Jean Gour-
mont, das Werk von Ramelli über alle möglichen
künstlichen Maschinen, welches in Paris 1588
erschien (Nr. 1517). Der Katalog bringt eine
ganzseitige Abbildung eines Kupferstiches aus
Monatshefte für Kunstwissenschaft
in der Dresdener Gefäßsammlung bewahrt wird,
hat, da sie nicht genug trocken war, im Brand
stark gelitten: sie ist verzogen, der Sockel ist
ganz schief, und über und über zeigt die Figur
Brandrisse. Die Arkanisten der Fabrik hatten
ihre liebe Not mit diesen großen Arbeiten, die
meist mißlangen, was aber weder den Eifer
Kaendlers noch den des Königs abzukühlen ver-
mochte.
Bisher galt die Dresdener Petrusstatue als
das einzige erhaltene Stück aus Kaendlers großer
Apostelfolge. Kürzlich ist nun dem Leipziger
Kunstgewerbemuseum die Erwerbung einer
zweiten Figur aus dieser Serie geglückt. Daß
dieser effektvoll bewegte Barockapostel durch-
aus den Stil Kaendlers zeigt, braucht nicht erst
bewiesen zu werden: es genügt der Vergleich
mit anderen bekannten Arbeiten von Kaendler.
Im Vergleich zu dem Dresdener Petrus er-
scheint der Leipziger Apostel pathetischer
und großzügiger in der Drapierung. Auch
dieser Apostel hat im Brande gelitten, wenn
auch nicht so stark wie der Dresdener Pe-
trus. Die Menge seiner Brandrisse gibt denen
des Dresdener Petrus wenig nach. Da der
Leipziger Apostelfigur die Attribute fehlen
und da aus einer am 18. August 1732 einge-
reichten „Specificatio" der für das Japanische
Palais bestimmten Waren hervorgeht, daß noch
andere Apostel, große und kleinere, im ganzen
neun, worunter „ein Stück von 3 Ellen und ein
Stück von 3^2 Ellen lang", gemacht worden
sind, können wir die Leipziger Statue nicht
ohne weiteres mit dem in den Akten ausdrück-
lich erwähnten Paulus identifizieren. Immerhin
bleibt die Möglichkeit bestehen, daß wir in der
Leipziger Figur den Paulus vor uns haben, denn
von den anderen, die nur als „roh" oder „ver-
glüht" in der „Specificatio" gezählt werden,
hören wir nichts wieder, und es ist nicht un-
wahrscheinlich, daß sie im Gutbrande, falls er
überhaupt ausgeführt wurde, ganz mißglückten.
Wie dem auch sei, dem Leipziger Kunst-
gewerbemuseum ist durch diese virtuose Arbeit
ein weiteres Beispiel der plastischen Kunst
Kaendlers aus seiner ersten Periode zu-
gefallen. Schon früher kaufte es ein paar präch-
tige Barockvasen, die in ihrer Formengebung
dem dekorativen Stil Poeppelmanns am Zwinger
nahestehen, die aber ebenfalls für die erste Pe-
riode der Kunst Kaendlers charakteristisch sind,
die wir bis in die Mitte der dreißiger Jahre an-
setzen. Mit den letzten dreißiger Jahren wird
der Stil Kaendlers allmählig malerischer, zuweilen
auch bombastischer, auch nimmt die Teilnahme
von Mitarbeitern an seinen Werken zu. Die
bekanntere kleine Folge der zwölf Apostel
(wie sie im Wiener Hofmuseum bei einander
stehen), die 1741 fertig wurde und für deren Ge-
staltung italienische Vorbilder nachgewiesen wer-
den können, zeigt schon deutlich die veränderte
Stilweise, die dann in Werken weiter entwickelt
ist, wie in der Madonna mit dem heiligen Anto-
nius, in der Pieta, in dem Tod des heiligen
Franziskus, in der Kreuzigung Christi, — stau-
nenswerte Arbeiten, die alle im Dresdener Johan-
neum zu sehen sind. Auch von dieser Art
Kaendlerischer Figurenplastik besitzt das Leip-
ziger Kunstgewerbemuseum seit 1906 ein gutes
Beispiel in der ergreifenden Gestalt des Christus
am Kreuz, um den Johannes und Maria schmerz-
voll klagen, eine Gruppe, die dem Museum von
Frau Martina Limburger 1906 zum Geschenk
gemacht worden ist.
EIN JUBILÄUMSKATALOG
Soeben erschien der dritte Teil des Katalogs
500, den das Frankfurter Buchantiquariat Joseph
Baer & Co., Frankfurt a. M., anläßlich seines
120jährigen Bestehens herausgegeben hat. Der
reich illustrierte Katalog (5 Tafeln, 66 Text-
abbildungen) entspricht, was Ausstattung und
Inhalt betrifft, dem bereits vor einiger Zeit er-
schienenen ersten und zweiten Teil desselben
Bücherverzeichnisses. Er enthält die Beschreibung
von Drucken des 16. Jahrhunderts mit Illustrationen
französischer, italienischer und spanischer Künstler.
Die einzelnen Werke sind wieder nach kunst-
historischen Gesichtspunkten beschrieben und
unter die Namen der einzelnen Künstler, die sie
illustriert haben, geordnet. Im ganzen werden
89 verschiedene Künstlernamen aufgeführt nebst
kurzen Notizen über die Lebensdaten und biblio-
graphischen Angaben der über sie erschienenen
Literatur. Bei der Auswahl der Illustrationen
sind meist unpublizierte und kulturhistorisch
besonders interessante Bilder reproduziert
worden.
Den Anfang machen die französischen Bücher.
Darunter befinden sich einige sehr seltene
Ritterromane wie: Lorris, le romant de la
rose, (Nr. 1544), Meliadus, das Buch des Königs
Meliadus (Nr. 1550), die Lyoner Ausgabe der
4 Haimons-Kinder (Nr. 1572), die erste Ausgabe
von Amadis de Gaule (Nr. 1593—94) und das
Buch Ysaie le triste (Nr. 1605). Außerdem ist
erwähnenswert ein sehr hübsches Buch mit Illu-
strationen von Leonard Gaultier und Jean Gour-
mont, das Werk von Ramelli über alle möglichen
künstlichen Maschinen, welches in Paris 1588
erschien (Nr. 1517). Der Katalog bringt eine
ganzseitige Abbildung eines Kupferstiches aus