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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 4
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0334
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Monatshefte für Kunstwissenschaft

hatte die häßlidien Züge des jungen Mannes „verschönern"
wollen. Das Bild ist in den Besitz des Geh.-R. Koppel
übergegangen und bleibt somit Deutschland erhalten.
Frankfurt. Die Stadt Frankfurt hat die aus etwa
25 Werken bestehende Kollektion Boehle, die gegenwärtig
im Städelschen Kunstinstilut ausgestellt ist, für 80000 M.
für die neue städtische Galerie angekauft.
Hannover. Als Nachfolger von Schuchhardt ist Dr.
Wilhelm Behncke an das Kestnermuseum berufen wor-
den. Er war ehemals Direktorial-Assistent am Berliner
Kunstgewerbe-Museum und hat sich durdi seine Unter-
suchungen über das Kunstgewerbe der deutschen Re-
naissance einen Namen gemacht; eine treffliche zusammen-
fassende Darstellung der deutschen Renaissance gab er
in dem betreffenden Abschnitt der von G. Lehnert heraus-
gegebenen „Illustrierten Geschichte des deutschen Kunst-
gewerbes".
Köln. Als Direktor des Kunstgewerbe-Museums ist
zum 1. April d. J., wie bereits kurz mitgeteilt, Dr. Max
Creutz berufen worden, bisher Direktorial-Assistent des
Berliner Kunstgewerbe-Museums. Die Forschungen von
Creutz liegen vornehmlich auf den Gebieten frühmittelalter-
licher Kleinkunst (Bronze, Email,Goldschmiedekunst) und der
Textilkunst; er war Mitarbeiter an Lessings großer Stoffe-
Publikation. Diese Zweige des alten Kunstgewerbes sind
es aber vornehmlich, die auch in dem Kölner Museum
gepflegt werden, und so empfahl sich nach wissenschaft-
lichen Gesichtspunkten die Wahl von Creutz, der selber
Rheinländer ist.
Denkmalpflege. Der diesjährige Tag für Denkmal-
pflege wird sich in unmittelbarem Anschluß an die Tagung
des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Alter-
tumsvereine am 24. und 25. September in Lübeck ver-
sammeln und durch einen Ausflug nach Wismar am 26. Sep-
tember seinen Abschluß finden.
München. Für die Glyptothek wurde eine hervor-
ragende archaische Statue vom Typus des Apollo von
Tenea zu einem bedeutenden Preise angekauft.
Münster i. W. Im März wurde das neue Landes-
museum der Provinz Westfalen eröffnet. Die Bauzeit hatte
vier Jahre in Anspruch genommen; Architekt Sdiaedtler
hat die Aufgabe, einen Museumsbau in den gewaltigen
herrlichen Dompiatz einzugliedern, mit ziemlichem Ge-
schick, wenn auch nidit in modernem Geiste, gelöst. Bei
der Inneneinrichtung konnte Direktor Brüning zur Genüge
mitwirken, da er seit dem 1. Oktober 1905 die werdende
Sammlung leitete. Er hat moderne Künstler dabei be-
schäftigt — den Monumentalmaler Guhr, Bruno Paul bei
der Ausgestaltung seiner Arbeitsräume, Melchior Lechter,
welcher Glasgemälde, und Lederer, der eine Reiterstatue
des hl. Georg für die Ostfront beisteuerte — und die vor-
handenen und sehr günstig vermehrten Sammlungen gut
verteilen und einriditen können. Im Erdgeschoß finden
die prähistorischen Werke und die Skulpturen Unterkunft.
Diese Abteilung erscheint wohl als die wichtigste; sie gibt
ein fast lückenloses Bild von der westfälischen Plastik des
11. bis 19. Jahrhunderts und enthält u. a. die wertvollen
Kreuztor-Funde in einem besonderen Saal. Die Wieder-
täufer hatten 1535 zu ihren Befestigungen am Kreuztor
Wahllos die Steinskulpturen der benachbarten Kirchen ver-
wendet; diese wurden 1898 von M. Geisberg ausgegraben.
— Im ersten Geschoß liegt die kunstgewerbliche Abteilung,
welche namentlich durch ihre altmünsterischen Zimmer be-
merkenswert ist; im zweiten Geschoß die Gemäldesamm-
lung.
Stuttgart. Die ruhende Sappho von Dannecker, eine
kleinere Marmorfigur, von der schon Goethe 1797 spricht,
ist von der Plastischen Sammlung der Württembergisdhen
Staatsgalerie für 8000 M. angekauft worden.
Trier. Einen reichen Fund machten zwei Bauern in
dem Dorfe Büdlidi (Landkreis Trier) bei dem Ausschach-
ten eines Grabes. Etwa V2 m unter der Erdoberfläche
stießen sie auf einen Krug, der vollständig mit alten
Silbermünzen angefüllt war. Man zählte nahezu 1400
Münzen, die sämtlich aus dem Erzbistum Trier und dem

Bistum Metz stammen und dem 13. Jahrhundert angehören.
Die Trierer Münzen zeigen auf der Aversseite das Bild
des Erzbischofs Theoderich II., dessen Regierung in die
Zeit von 1212 bis 1242 fällt. Die Vorderseite der Metzer
Münzen zeigt das Bild eines betenden Ritters mit der
Umschrift „CONRADVS". (Frkf. Ztg.)
Brügge. Der Gemeinderat von Brügge hat für den
Bau eines neuen Museums die Enteignung eines in der
Nähe des Johanneshospitales gelegenen Häuserblockes
einstimmig genehmigt. (Nieuwe Rotterd. Courant.)
Prag. Im ehemaligen Strakaschen Palais (auf der
Kleinseite) ist eine Stuckdecke mit fünf Gemälden mytho-
logischen Inhaltes aufgedeckt worden; laut Inschrift stam-
men sie von dem Solothurner Maler J. R. Bys, der von
1685—1698 im Dienst des Grafen Czernin in Prag stand.
Schweiz. In der Kapelle zu Landsdiladit am
Bodensee wurden kürzlich alte Malereien aus dem Mittel-
alter entdeckt. Die Thurgauer Sektion der Vereinigung
für Heimatschutz will sich der Bloßlegung und der Restau-
rierung der Gemälde annehmen.
Rom. (Zuwachs des Vatikanischen Museums.) Im
letzten Jahre ist das Vatikanische Museum mit zwei sehr
bedeutenden Denkmälern aufs glücklichste bereichert wor-
den: ein sehr elegantes viereckiges Basament und die
Schmalseiten eines kolossalen zerstörten Sarkophages.
Das Basament ist angeblich in der Villa Montalto im
18. Jahrhundert gefunden worden und war bis etwa 1830
im Vatikanischen Museum aufgestellt. Nachher wurde es
im Magazin verborgen, aus dem es erst im letzten Sommer
ans Licht gebracht und im zweiten Büstenzimmer ein-
gerichtet wurde. Die vier Seiten sind mit feinsten Bas-
reliefs geschmückt; auf der Hauptwand ist das sogenannte
Ikariosrelief wiederholt. Dionysos beehrt mit unerwartetem
Besuch einen siegreichen Dichter oder Schauspieler, der
seinen Sieg in lieblichster Gesellschaft feiert. Auf der
Rückseite in der Mitte erscheinen zwei Flügelknaben
(Erotes), die über den Flammen zweier Fackeln einen
großen Schmetterling halten: rechts und links treten zwei
Zentauren heran, die eine Frau und einen Satyr führen.
Die Querseiten zeigen landschaftliche Bilder mit Hirten-
szenen. Dieses Basament ist ein äußerst geschmackvolles
römisches Werk des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts.
Die Reliefbilder wiederholen unzweifelhaft einige berühmte
Schöpfungen der hellenistischen Kunst. In der nächsten
Nummer der römischen Zeitschrift „Ansonia" wird Pro-
fessor Nogara das merkwürdige Monument mit reichen
Illustrationen herausgeben.
Der Sarkophag von ungewöhnlicher Größe ist in den
christlichen Katakomben zwischen Via Appia und Andeatina,
unweit des Callistus-Coemeteriums, i. J. 1903 gefunden
worden. Er war vollständig zertrümmert und leider fehlen
auch heute noch die meisten Stücke. Mit unendlicher Mühe
wurden die beiden Schmalseiten und das Postament zu-
sammengesetzt und in dem Cortile Ottagono vor der Statue
der Venus Felix aufgestellt. Die erhaltenen Figuren lassen
auf bacdiische Darstellungen schließen, und die Arbeit
zeigt den Stil der verfallenden Kunst des 3. bis 4. Jahr-
hunderts. B. N.
Frejus. Ein Mosaik aus gallisch-römischer Zeit hat
Pelloux-Gervais aufgefunden. Im Mittelfelde gibt es zwei
kämpfende Hähne. Um das Mittelfeld sind in vier Fel-
dern Löwe, Hündin, Panther und Stier dargestellt. Alles
mit erstaunlicher Meisterschaft der Zeichnung und von
wundervoller Farbigkeit. Überraschend ist dabei das sonst
bei antiken Mosaiken seltene Vorkommen von grünen
Tönen; das Material dazu wurde anscheinend, wie heute
noch, in der Umgebung von Frejus gewonnen.
Paris, Die Witwe des Bildhauers Carpeaux starb
am 19. Februar. — Der „Tuileriengarten" von Manet ist
von Herrn Hugh Lane für das Dubliner Museum er-
worben worden, das „bon bock" desselben Künstlers soll
nach Berlin wandern. — Der Antiquitätenräuber Antony
Thomas wurde vom Schwurgericht Limoges zu 6 Jahren
Zwangsarbeit verurteilt. — Herr Georges BPnPditte wurde
zum Konservator der ägyptischen Abteilung des Louvre
ernannt.
 
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