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Monatshefte für Kunstwissenschaft
dazu verwendet worden „die Verfassung des
Impressionismus in Begriffe zu bringen, das
impressionistische Weltbild philosophisdi zu
rechtfertigen, d. h. den Wert und die Existenz
des Unlogischen logisch zu begründen". (S. 112.)
Die Namen Dilthey, Mach, Rickert und Simmel
spielen in diesem Zusammenhange eine große
Rolle. Hettner sagt einmal von der Landschafts-
malerei, daß erst eine Weltanschauung, die
einen Spinoza möglich machte, den Lebenskeim
zu diesem Kunstzweig in sich getragen habe.
Denselben innigen Zusammenhang möchte ich
zwischen dem Psychologismus, diesem letzten
Ausläufer der Erkenntniskritik und dem male-
rischen Impressionismus behaupten.
Ein weiteres Kapitel des Hamann'schen Buches
betitelt sich „Ethik und Formen des Lebens im
Impressionismus" und behandelt in buntem
Durcheinander die verschiedensten äußeren und
inneren Probleme der modernen Gesellschaft.
Dann erst wird nach den eigentlichen Ent-
stehungs- und Daseinsbedingungen des Im-
pressionismus gefragt. Großstadt, Handel und
GeldWirtschaft nennt H. die entscheidenden
soziologischen Voraussetzungen. Die hieran
anknüpfende Definition des Impressionismus
als spezifischen Altersstils leitet zu dem viel-
leicht wertvollsten Kapitel des Buches über, in
dem H. das innige Verwandtschaftsverhältnis
aufhellt, in dem die Altersstile Rembrandt's
Goethes und Beethovens zueinander stehen.
Hier sind Zusammenhänge aufgedeckt, die unserer
Kenntnis dieser drei Größten erst die letzte und
tiefste Weihe geben und zu deren Erfassen
erst unsere Generation berufen war. Der
Schluß des Buches geht in historischer Betrach-
tung den impressionistischen Erscheinungsformen
nach, wie sie auch in der Vergangenheit als
Symptome kultureller Niedergangsepochen auf-
traten. In einer kulturpsychologischen Skiz-
zierung des Hellenismus, der römischen Kaiser-
zeit, des Rokoko und der Romantik, dieser Spät-
kulturen, breitet H. noch einmal den ganzen
Reichtum seiner Kenntnisse und seiner Belesen-
heit aus und überschüttet uns mit den manig-
faltigsten Anregungen.
In einer ausblicksreichen Schlußbemerkung
kommt dann endlich die heutige Zeitstimmung,
die in ihren feinsten Vertretern den Impres-
sionismus schon als überlebte Erscheinung emp-
findet, deutlich zum Ausdruck und wen es
drängt, im Nebel kommender Kulturmöglich-
keiten schon Linien und verschwommene Um-
risse zu entdecken, dem sei dieses Kapitel be-
sonders empfohlen. Die Untertöne, die im
ganzen Buch leise mitklingen, werden hier klar
und vernehmbar. Das Schlußwort gibt die ent-
scheidende Perspektive. Der Impressionismus
kannte keinen schöneren Schlachtruf als „Mehr
Goethe". Die Hamann'sche Abrechnung mit
dem Impressionismus, die vielleicht dieselbe
sensationelle Wirkung ausüben wird wie vor
Jahrzehnten die Abrechnung des Rembrandt-
deutschen mit seiner Zeit, schließt mit den
Worten „Mehr Hegel". w. Worringer.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
dazu verwendet worden „die Verfassung des
Impressionismus in Begriffe zu bringen, das
impressionistische Weltbild philosophisdi zu
rechtfertigen, d. h. den Wert und die Existenz
des Unlogischen logisch zu begründen". (S. 112.)
Die Namen Dilthey, Mach, Rickert und Simmel
spielen in diesem Zusammenhange eine große
Rolle. Hettner sagt einmal von der Landschafts-
malerei, daß erst eine Weltanschauung, die
einen Spinoza möglich machte, den Lebenskeim
zu diesem Kunstzweig in sich getragen habe.
Denselben innigen Zusammenhang möchte ich
zwischen dem Psychologismus, diesem letzten
Ausläufer der Erkenntniskritik und dem male-
rischen Impressionismus behaupten.
Ein weiteres Kapitel des Hamann'schen Buches
betitelt sich „Ethik und Formen des Lebens im
Impressionismus" und behandelt in buntem
Durcheinander die verschiedensten äußeren und
inneren Probleme der modernen Gesellschaft.
Dann erst wird nach den eigentlichen Ent-
stehungs- und Daseinsbedingungen des Im-
pressionismus gefragt. Großstadt, Handel und
GeldWirtschaft nennt H. die entscheidenden
soziologischen Voraussetzungen. Die hieran
anknüpfende Definition des Impressionismus
als spezifischen Altersstils leitet zu dem viel-
leicht wertvollsten Kapitel des Buches über, in
dem H. das innige Verwandtschaftsverhältnis
aufhellt, in dem die Altersstile Rembrandt's
Goethes und Beethovens zueinander stehen.
Hier sind Zusammenhänge aufgedeckt, die unserer
Kenntnis dieser drei Größten erst die letzte und
tiefste Weihe geben und zu deren Erfassen
erst unsere Generation berufen war. Der
Schluß des Buches geht in historischer Betrach-
tung den impressionistischen Erscheinungsformen
nach, wie sie auch in der Vergangenheit als
Symptome kultureller Niedergangsepochen auf-
traten. In einer kulturpsychologischen Skiz-
zierung des Hellenismus, der römischen Kaiser-
zeit, des Rokoko und der Romantik, dieser Spät-
kulturen, breitet H. noch einmal den ganzen
Reichtum seiner Kenntnisse und seiner Belesen-
heit aus und überschüttet uns mit den manig-
faltigsten Anregungen.
In einer ausblicksreichen Schlußbemerkung
kommt dann endlich die heutige Zeitstimmung,
die in ihren feinsten Vertretern den Impres-
sionismus schon als überlebte Erscheinung emp-
findet, deutlich zum Ausdruck und wen es
drängt, im Nebel kommender Kulturmöglich-
keiten schon Linien und verschwommene Um-
risse zu entdecken, dem sei dieses Kapitel be-
sonders empfohlen. Die Untertöne, die im
ganzen Buch leise mitklingen, werden hier klar
und vernehmbar. Das Schlußwort gibt die ent-
scheidende Perspektive. Der Impressionismus
kannte keinen schöneren Schlachtruf als „Mehr
Goethe". Die Hamann'sche Abrechnung mit
dem Impressionismus, die vielleicht dieselbe
sensationelle Wirkung ausüben wird wie vor
Jahrzehnten die Abrechnung des Rembrandt-
deutschen mit seiner Zeit, schließt mit den
Worten „Mehr Hegel". w. Worringer.