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Monatshefte für Kunstwissensdiaft
der Neoi trug, gewendet und sie wenigstens
zur Hälfte aufgedeckt. Die Anlage besteht aus
einem großen, unter freiem Himmel liegenden
Hofe in den respektablen Abmessungen von
etwa 36 zu 74 m, der rings von einer zwei-
geschossigen Säulenstellung mit ansdiließenden
Hallen umgeben ist. Auf die Hallen öffnen sich
in dem bisher ausgegrabenen Teile saalartige
Räume, darunter ein besonders stattlicher und
präditiger mit apsidenartigen Abschlüssen an
seinen Schmalseiten, der, nach einer auf dem
Architrav eingemeißelten Inschrift zu schließen,
vermutlich dem Kaiserkult gewidmet war. Denn
die erhaltene Architektur gehört, wie aus ihrem
Charakter zur Evidenz hervorgeht, einem Um-
bau hadrianischer Zeit an. Die ursprüngliche
Anlage aber geht in griechische Zeit zurück,
und von ihr haben sich Mauern und auch ver-
einzelte Bauglieder bisher gefunden. Über die
Geschichte des Baues wird sich erst Klarheit ge-
winnen lassen, wenn er in seiner ganzen Aus-
dehnung freigelegt ist.
Als dritter Gegenstand der Untersuchung
wurde das Theater ausersehen, das zwar schon
früher ausgegraben, aber inzwischen von neu
angehäuftem Schutt und Gestrüpp wieder über-
deckt worden war, von dem es befreit werden
mußte. Die Forschungen R. Bohns über diesen
Bau wurden dabei beträchtlich erweitert und
ergänzt. Schon Bohn hatte für das Skenen-
gebäude des Theaters drei Bauperioden fest-
gestellt. Die erste Anlage, aus hellenistischer
Zeit (2. Jahrh. v. Chr.) war ein hölzerner Bau,
der jedesmal für die festlichen Theaterspiele
neu errichtet wurde. An seine Stelle trat, eben-
falls noch in hellenistischer Zeit, ein fester Stein-
bau, der dann in römischer Zeit noch einmal
umgebaut wurde. Das zweite hellenistische
Skenengebäude hatte Bohn nur erschlossen,
ohne sichere Spuren davon nadiweisen zu kön-
nen. Jetzt haben sich Architekturglieder davon
unter dem Baumaterial der römischen Bühne
nachweisen lassen. Wichtiger noch sind die
Resultate für den ältesten, aus Holz errichteten
Skenenbau. Aus der genauen Beobachtung der
Fußbodenöffnungen, in denen die Holzpfosten
eingezapft wurden, aus ihrer Lage und Ver-
teilung hat sich wenigstens der Grundriß dieser
ältesten Skene mit einiger Sicherheit feststellen
lassen. Selbst für den Aufriß ergaben sich aus
der wechselnden Stärke der Holzpfosten, wie
sie aus den verschiedenen Abmessungen der
gedachten Öffnungen im Fußboden zu erschließen
ist, wichtige Rückschlüsse und zwingen zu der
Annahme, daß sich über dem Proskenion die
eigentliche Skenenwand mit einem oberen Stock-
werk erhob. Die ganze Tragweite dieser Ent-
deckungen für die Geschichte und Entwickelung
des griechischen Theaterbaues ist in dem vor-
läufigen Ausgrabungsbericht nur angedeutet und
wird erst in einer von Dörpfeld verheißenen
ausführlichen Darstellung klar zum Bewußtsein
kommen.
Endlich wurden von den außerhalb der Stadt
im Kaikostale liegenden Grabhügeln zwei größere
und zwei kleinere angeschnitten. In dem einen
der größeren, dem Mal-Tepeh, wurde eine aus
drei Kammern bestehende Bestattungsanlage, zu
denen ein stollenartiger Zugang führt, nach-
gewiesen. Alle Räume sind mit gut erhaltenen
Tonnengewölben überspannt, aber die Ver-
wendung von Kalkmörtel zur Hinterfüllung der
Mauern und Gewölbe beweist, daß die Anlage
nicht hellenistisch sein kann, sondern in die
römische Kaiserzeit gehört. — Das Fehlen des
Kalkmörtels in der Umfassungsmauer des zwei-
ten großen Tumulus, Jigma-Tepeh, weist diesen
in die Königszeit, und die Ausgräber vermuten,
daß in ihm die pergamenischen Königsgräber
erhalten sind; in das Innere vorzudringen ist
noch nicht gelungen. In den beiden kleinen
Tumuli hat man im Jahre 1906, wie eine Nach-
schrift berichtet, zwei gut erhaltene Trachyt-
sarkophage mit den darin gebetteten Leichen
und ihren Beigaben gefunden. Zwei in den
Sarkophagen liegende Silbermünzen gehören
noch dem 4. vorchristlichen Jahrhundert an.
Genaueres über den Fund, also über die Anlage
der Gräber, die künstlerische Form der Sarko-
phage usw. ist dem späteren genauen Aus-
grabungsberichte vorbehalten.
Neben den architektonischen Denkmälern
treten die Einzelfunde an Bedeutung zurück.
Den Marmorskulpturen, die in großer Zahl vor-
handen gewesen sein müssen — im Hofe des
Gymnasions scheint, wie aus den noch vor-
handenen Basen ersichtlich ist, vor den meisten
der 84 Säulen je eine Statue gestanden zu
haben! — ist von den Kalkbrennern arg mit-
gespielt worden. Interessant wäre unter den
Funden als Typus und als Vorbild gleichartiger
römischer Bildungen die Panzerstatue eines hel-
lenistischen Herrschers, wenn sie nicht gar zu
trümmerhaft erhalten wäre; das Fragment eines,
Porträtkopfes, das den hellenistischen Charakter
der Arbeit erkennen läßt, soll in seinerZugehörig-
keit zu dem nur in zahlreichen Bruchstücken
ans Licht getretenen Torso nicht einmal ganz
gesichert sein. Nach Erhaltung und künstlerischem
Wert steht an erster Stelle ein etwa lebens-
großer Herakleskopf griechischer Arbeit, der in
seinen Formen die hellenistische Weiterbildung
lysippischer Stilelemente erkennenläßt. Griechisch
sind weiter der Oberteil einer nackten Jünglings-
Monatshefte für Kunstwissensdiaft
der Neoi trug, gewendet und sie wenigstens
zur Hälfte aufgedeckt. Die Anlage besteht aus
einem großen, unter freiem Himmel liegenden
Hofe in den respektablen Abmessungen von
etwa 36 zu 74 m, der rings von einer zwei-
geschossigen Säulenstellung mit ansdiließenden
Hallen umgeben ist. Auf die Hallen öffnen sich
in dem bisher ausgegrabenen Teile saalartige
Räume, darunter ein besonders stattlicher und
präditiger mit apsidenartigen Abschlüssen an
seinen Schmalseiten, der, nach einer auf dem
Architrav eingemeißelten Inschrift zu schließen,
vermutlich dem Kaiserkult gewidmet war. Denn
die erhaltene Architektur gehört, wie aus ihrem
Charakter zur Evidenz hervorgeht, einem Um-
bau hadrianischer Zeit an. Die ursprüngliche
Anlage aber geht in griechische Zeit zurück,
und von ihr haben sich Mauern und auch ver-
einzelte Bauglieder bisher gefunden. Über die
Geschichte des Baues wird sich erst Klarheit ge-
winnen lassen, wenn er in seiner ganzen Aus-
dehnung freigelegt ist.
Als dritter Gegenstand der Untersuchung
wurde das Theater ausersehen, das zwar schon
früher ausgegraben, aber inzwischen von neu
angehäuftem Schutt und Gestrüpp wieder über-
deckt worden war, von dem es befreit werden
mußte. Die Forschungen R. Bohns über diesen
Bau wurden dabei beträchtlich erweitert und
ergänzt. Schon Bohn hatte für das Skenen-
gebäude des Theaters drei Bauperioden fest-
gestellt. Die erste Anlage, aus hellenistischer
Zeit (2. Jahrh. v. Chr.) war ein hölzerner Bau,
der jedesmal für die festlichen Theaterspiele
neu errichtet wurde. An seine Stelle trat, eben-
falls noch in hellenistischer Zeit, ein fester Stein-
bau, der dann in römischer Zeit noch einmal
umgebaut wurde. Das zweite hellenistische
Skenengebäude hatte Bohn nur erschlossen,
ohne sichere Spuren davon nadiweisen zu kön-
nen. Jetzt haben sich Architekturglieder davon
unter dem Baumaterial der römischen Bühne
nachweisen lassen. Wichtiger noch sind die
Resultate für den ältesten, aus Holz errichteten
Skenenbau. Aus der genauen Beobachtung der
Fußbodenöffnungen, in denen die Holzpfosten
eingezapft wurden, aus ihrer Lage und Ver-
teilung hat sich wenigstens der Grundriß dieser
ältesten Skene mit einiger Sicherheit feststellen
lassen. Selbst für den Aufriß ergaben sich aus
der wechselnden Stärke der Holzpfosten, wie
sie aus den verschiedenen Abmessungen der
gedachten Öffnungen im Fußboden zu erschließen
ist, wichtige Rückschlüsse und zwingen zu der
Annahme, daß sich über dem Proskenion die
eigentliche Skenenwand mit einem oberen Stock-
werk erhob. Die ganze Tragweite dieser Ent-
deckungen für die Geschichte und Entwickelung
des griechischen Theaterbaues ist in dem vor-
läufigen Ausgrabungsbericht nur angedeutet und
wird erst in einer von Dörpfeld verheißenen
ausführlichen Darstellung klar zum Bewußtsein
kommen.
Endlich wurden von den außerhalb der Stadt
im Kaikostale liegenden Grabhügeln zwei größere
und zwei kleinere angeschnitten. In dem einen
der größeren, dem Mal-Tepeh, wurde eine aus
drei Kammern bestehende Bestattungsanlage, zu
denen ein stollenartiger Zugang führt, nach-
gewiesen. Alle Räume sind mit gut erhaltenen
Tonnengewölben überspannt, aber die Ver-
wendung von Kalkmörtel zur Hinterfüllung der
Mauern und Gewölbe beweist, daß die Anlage
nicht hellenistisch sein kann, sondern in die
römische Kaiserzeit gehört. — Das Fehlen des
Kalkmörtels in der Umfassungsmauer des zwei-
ten großen Tumulus, Jigma-Tepeh, weist diesen
in die Königszeit, und die Ausgräber vermuten,
daß in ihm die pergamenischen Königsgräber
erhalten sind; in das Innere vorzudringen ist
noch nicht gelungen. In den beiden kleinen
Tumuli hat man im Jahre 1906, wie eine Nach-
schrift berichtet, zwei gut erhaltene Trachyt-
sarkophage mit den darin gebetteten Leichen
und ihren Beigaben gefunden. Zwei in den
Sarkophagen liegende Silbermünzen gehören
noch dem 4. vorchristlichen Jahrhundert an.
Genaueres über den Fund, also über die Anlage
der Gräber, die künstlerische Form der Sarko-
phage usw. ist dem späteren genauen Aus-
grabungsberichte vorbehalten.
Neben den architektonischen Denkmälern
treten die Einzelfunde an Bedeutung zurück.
Den Marmorskulpturen, die in großer Zahl vor-
handen gewesen sein müssen — im Hofe des
Gymnasions scheint, wie aus den noch vor-
handenen Basen ersichtlich ist, vor den meisten
der 84 Säulen je eine Statue gestanden zu
haben! — ist von den Kalkbrennern arg mit-
gespielt worden. Interessant wäre unter den
Funden als Typus und als Vorbild gleichartiger
römischer Bildungen die Panzerstatue eines hel-
lenistischen Herrschers, wenn sie nicht gar zu
trümmerhaft erhalten wäre; das Fragment eines,
Porträtkopfes, das den hellenistischen Charakter
der Arbeit erkennen läßt, soll in seinerZugehörig-
keit zu dem nur in zahlreichen Bruchstücken
ans Licht getretenen Torso nicht einmal ganz
gesichert sein. Nach Erhaltung und künstlerischem
Wert steht an erster Stelle ein etwa lebens-
großer Herakleskopf griechischer Arbeit, der in
seinen Formen die hellenistische Weiterbildung
lysippischer Stilelemente erkennenläßt. Griechisch
sind weiter der Oberteil einer nackten Jünglings-