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Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 2. PIETER SAENREDAM, Neue Kirche in Haarlem
□ Zeichnung im Amsterdamer Rijsprentenkabinett
was denn die Holländer in der Blütezeit ihrer Malerei unter Architekturbild ver-
standen?
Houbraken, dessen Ausdrücke die des XVII. Jahrhunderts sind — seine „Groote
Schouburgh" stellte er um die Wende zum XVIII. Jahrhundert zusammen — sagt,
wenn er von Architekturmalern spricht, daß sie „Ansichten von Tempeln und Kirchen"
malen. Um zum Beispiel de Witte als Architekturmaler zu bezeichnen, wird gesagt:
„er stellte das Innere von Kirchen dar." Und derselbe Ausdruck wiederholt sich bei
den übrigen Künstlern dieser Reihe.1) In der Tat haben die Maler auf der höchsten
Entwicklungsstufe der genannten Bildgattung fast ausschließlich Kirchenräume gemalt.
Und auch auf früheren Stufen der Entwicklung ist das holländische Architekturbild im
Wesentlichen: Kirchenstück. Andererseits hat schon das XVII. Jahrhundert weder
Maler wie die Brüder Berckheyde oder Jan van der Heyde noch Pieter de Hooch
und andere zu den Architekturmalern gerechnet. (Abgesehen davon, daß die Berckheyde
vereinzelt auch Kirchenstücke gemalt haben). Houbraken charakterisiert die Kunst des
Gerrit Berckheyde einmal als „die Darstellung angenehmer Landschaften mit Häusern,
großen Gebäuden und Kirchen, sowie auch perspektivischer Ansichten der beiderseits
mit Bäumen bepflanzten Heerengracht und Kaysersgracht, die er mit zahlreichen kleinen
Figuren staffierte".2) Also das Landschaftliche wird durchaus in den Vordergrund
gestellt. Man muß dies betonen, da auch aus dieser Charakterisierung des noch oft
9 Houbraken-Wurzbach (Wiener Quellenschriften) S. 54, 62, 123, 396.
2) Ebenda S. 362.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 2. PIETER SAENREDAM, Neue Kirche in Haarlem
□ Zeichnung im Amsterdamer Rijsprentenkabinett
was denn die Holländer in der Blütezeit ihrer Malerei unter Architekturbild ver-
standen?
Houbraken, dessen Ausdrücke die des XVII. Jahrhunderts sind — seine „Groote
Schouburgh" stellte er um die Wende zum XVIII. Jahrhundert zusammen — sagt,
wenn er von Architekturmalern spricht, daß sie „Ansichten von Tempeln und Kirchen"
malen. Um zum Beispiel de Witte als Architekturmaler zu bezeichnen, wird gesagt:
„er stellte das Innere von Kirchen dar." Und derselbe Ausdruck wiederholt sich bei
den übrigen Künstlern dieser Reihe.1) In der Tat haben die Maler auf der höchsten
Entwicklungsstufe der genannten Bildgattung fast ausschließlich Kirchenräume gemalt.
Und auch auf früheren Stufen der Entwicklung ist das holländische Architekturbild im
Wesentlichen: Kirchenstück. Andererseits hat schon das XVII. Jahrhundert weder
Maler wie die Brüder Berckheyde oder Jan van der Heyde noch Pieter de Hooch
und andere zu den Architekturmalern gerechnet. (Abgesehen davon, daß die Berckheyde
vereinzelt auch Kirchenstücke gemalt haben). Houbraken charakterisiert die Kunst des
Gerrit Berckheyde einmal als „die Darstellung angenehmer Landschaften mit Häusern,
großen Gebäuden und Kirchen, sowie auch perspektivischer Ansichten der beiderseits
mit Bäumen bepflanzten Heerengracht und Kaysersgracht, die er mit zahlreichen kleinen
Figuren staffierte".2) Also das Landschaftliche wird durchaus in den Vordergrund
gestellt. Man muß dies betonen, da auch aus dieser Charakterisierung des noch oft
9 Houbraken-Wurzbach (Wiener Quellenschriften) S. 54, 62, 123, 396.
2) Ebenda S. 362.