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Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 11. Rusafa-Sergiopolis, äußere Apsiswand der Zentralkirche
Formen hat Strzygowski (a. a. 0. S. 341 ff.) hingewiesen, und die Richtigkeit seiner
Hypothese wird durch den Fries von Rusafa erhärtet. Wir möchten diese Stuck-
dekoration in die Mitte des XI. Jahrhunderts setzen. Zur selben Zeit, im Jahre 1048,
spricht der schon erwähnte Bagdader Arzt von den vergoldeten Stuckdekorationen
einer Kirche, die Constantin, der Sohn der Helena, gebaut hätte. Ohne Zweifel ist
mit dieser Kirche die Sergius-Basilika gemeint, und der erwähnte Stuckfries in der
Apsis ist ein Rest der von Ibn Batlan gesehenen Stuckdekoration. Als Erbauungszeit
kann natürlich für die Sergius-Basilika die Zeit Constantins nicht in Frage kommen;
ihr Stil, wie er in den ornamentalen Formen der ersten Bauperiode zum Ausdruck
kommt, ist derselbe wie der des Nordtores.
Es sei darauf hingewiesen, daß Strzygowski, welcher auf Grund der von Chapot
hergestellten Aufnahme der Sergius-Basilika, die er wiedergibt, an eine einheitliche
Entstehung des Gebäudes zu denken scheint, „den massiven orientalischen Bau mit
dem bezeichnenden Stützenwechsel" als orientalischen Typus der römischen Säulen-
basilika gegenüberstellt, und seine Verwandtschaft mit dem mittelalterlichen Kirchenbau
geltend macht.1)
In der Sergius-Basilika von Rusafa mit ihren vielen seitlichen Eingängen möchte
ich die Gemeindekirche des Wallfahrtsortes erblicken, während die zweite, größere
Kirchenanlage von sehr ungewöhnlichem, zentralem Grundriß im NW. des Mauer-
vierecks vielleicht als Martyrium, als die Grabeskirche des Heiligen, zu betrachten
ist. Die Erhaltung ist bis auf die Apsidenwand eine ziemlich schlechte, trotzdem ist es
Dr. Herzfeld gelungen, auch ohne Grabung aus dem hier und da noch anstehenden
Mauerwerk den Grundriß mit Sicherheit zu erkennen (Abb. 10). Wir werden an
ähnliche merkwürdige Zentralbauten Nord-Syriens, an das ovale Oktogon von Con-
stantina, dem heutigen Wiransheher, an Kal'at Sem'an, das Heiligtum des Simon
Stylites, und an die justianische Kirche in Kasr ibn Wardan erinnert. Der dreischiffige
basilikale Typus ist auch hier noch unverkennbar; die wiederum im Grundriß und
Aufriß hufeisenförmig gestaltete Apsis in syrischer Weise mit drei Achteckseiten aus-
d Die Schicksale des Hellenismus in der bildenden Kunst. Neue Jahrbücher des klassisch.
Altertums. 1905. S. 19 ff.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Abb. 11. Rusafa-Sergiopolis, äußere Apsiswand der Zentralkirche
Formen hat Strzygowski (a. a. 0. S. 341 ff.) hingewiesen, und die Richtigkeit seiner
Hypothese wird durch den Fries von Rusafa erhärtet. Wir möchten diese Stuck-
dekoration in die Mitte des XI. Jahrhunderts setzen. Zur selben Zeit, im Jahre 1048,
spricht der schon erwähnte Bagdader Arzt von den vergoldeten Stuckdekorationen
einer Kirche, die Constantin, der Sohn der Helena, gebaut hätte. Ohne Zweifel ist
mit dieser Kirche die Sergius-Basilika gemeint, und der erwähnte Stuckfries in der
Apsis ist ein Rest der von Ibn Batlan gesehenen Stuckdekoration. Als Erbauungszeit
kann natürlich für die Sergius-Basilika die Zeit Constantins nicht in Frage kommen;
ihr Stil, wie er in den ornamentalen Formen der ersten Bauperiode zum Ausdruck
kommt, ist derselbe wie der des Nordtores.
Es sei darauf hingewiesen, daß Strzygowski, welcher auf Grund der von Chapot
hergestellten Aufnahme der Sergius-Basilika, die er wiedergibt, an eine einheitliche
Entstehung des Gebäudes zu denken scheint, „den massiven orientalischen Bau mit
dem bezeichnenden Stützenwechsel" als orientalischen Typus der römischen Säulen-
basilika gegenüberstellt, und seine Verwandtschaft mit dem mittelalterlichen Kirchenbau
geltend macht.1)
In der Sergius-Basilika von Rusafa mit ihren vielen seitlichen Eingängen möchte
ich die Gemeindekirche des Wallfahrtsortes erblicken, während die zweite, größere
Kirchenanlage von sehr ungewöhnlichem, zentralem Grundriß im NW. des Mauer-
vierecks vielleicht als Martyrium, als die Grabeskirche des Heiligen, zu betrachten
ist. Die Erhaltung ist bis auf die Apsidenwand eine ziemlich schlechte, trotzdem ist es
Dr. Herzfeld gelungen, auch ohne Grabung aus dem hier und da noch anstehenden
Mauerwerk den Grundriß mit Sicherheit zu erkennen (Abb. 10). Wir werden an
ähnliche merkwürdige Zentralbauten Nord-Syriens, an das ovale Oktogon von Con-
stantina, dem heutigen Wiransheher, an Kal'at Sem'an, das Heiligtum des Simon
Stylites, und an die justianische Kirche in Kasr ibn Wardan erinnert. Der dreischiffige
basilikale Typus ist auch hier noch unverkennbar; die wiederum im Grundriß und
Aufriß hufeisenförmig gestaltete Apsis in syrischer Weise mit drei Achteckseiten aus-
d Die Schicksale des Hellenismus in der bildenden Kunst. Neue Jahrbücher des klassisch.
Altertums. 1905. S. 19 ff.