zugrunde gegangen wie sämtliche anderen, die Caterina vielleicht umleuchtet
vom Glanz der Schönheit darstellten; wir kennen heute leider nur zwei authen-
tische Porträts der cyprischen Königin, die noch zu ihren Lebzeiten entstanden,
und vor beiden fällt es einigermaßen schwer, mit dem sonst doch ziemlich kühlen
Marin Sanuto „bellissima donna"! zu rufen1): das eine befindet sich auf dem großen
Gemälde der Akademie zu Venedig, in dem Gentile Bellini anno 1500 erzählte, wie
eine wundertätige Reliquie, die bei einer Prozession ins Wasser gefallen war, dem
ihr nachspringenden Guardian der Scuola di San Lorenzo vor aller Augen entgegen-
schwamm, das andere Porträt Caterinas, das ebenfalls Gentile Bellini, aber gewiß
ein paar Jahre später, schuf, gehört heute zu den kostbarsten Zierden des Budapester
Museums. Gentile Bellini, der Hofmaler Mohammeds II., hatte jedoch anscheinend
nicht lange genug im Sultanspalast zu Konstantinopel gelebt; noch sah er Herrscher
von Gottes Gnaden nicht so, wie sie aussehen wollten, sondern wie sie wirklich
waren; seine Caterina Cornaro trägt die Krone, aber ist trotzdem keine Königin
eines östlichen Wunderlandes 2), keine „Sitt al Husn", keine „Herrin der Schönheit"
aus Tausend und eine Nacht, sondern eine alternde, bereits mehr als wohlbeleibte
Dame von kurzem Atem; vergebens sucht man in dem gelblichen Antlitz jene
Reize, denen auch die Jahre nichts anhaben können, den Adel der Linien und
Augen, die von Seele, Geist oder wenigstens von Temperament zeugen; und
Gerola: „Dario pittore", in den „Miscellanea di studi in onore di Attilio Hortis." Trieste 1910.
II. Bd. p. 87iff. Da dieser Squarcione-Schüler, dessen gesicherte Schöpfungen, eine „Madonna della
Misericordia" in der Galerie zu Bassano, ein Fresko „die Madonna mit dem Kinde" im Rathaus zu
Asolo, die beide von Gerola publiziert werden, und endlich eine Fassaden-Dekoration in Seravalla
„ganz dürftige Machwerke" sind (Crowe und Cavalcaselle: „Geschichte der italienischen Malerei",
deutsche Ausgabe, Leipzig 1873, V, p. 346), so scheint es wenig glaublich, daß die Signoria Dario
mit der Aufgabe betraut haben sollte, Caterinas Bildnis für den König von Cypern zu malen, obschon
sie, wie aus einem trevisaner Dokument vom Jahre 1456 hervorgeht, bei ihm anfragen ließ, „se voleva
assumere di dipingere il palazzo del doge." Am 28. Mai dieses Jahres begab sich auch Dario nach
Venedig, aber ob und mit welchen Arbeiten er im Dogenpalast beschäftigt wurde, läßt sich heute
nicht mehr feststellen. S. Gerola, op. cit: p. 875.
Nun berichtet aber Vasari im Leben der drei Maler Bellini (Vasari, ed. Milanesi III, p. 151) „Le prime
cose che diedero fama a Jacopo [sc. Bellini] furono il ritratto di Giorgio Cornaro e di Caterina reina
di Ciprio . . ." Da nun Jacopo ums Jahr 1400 geboren wurde, hält Gronau (Vasari-Heitz V, S. 13,
Anm. 4) es für „ausgeschlossen", „daß Jacopo diese Beiden gemalt habe." Aber vielleicht irrt Vasari
nur, wenn er jene Porträts als Jugendwerke Jacopos erwähnt. Dieser starb erst zwischen 1470 und 1471,
war gerade im letzten Jahrzehnt seines Lebens in Venedig tätig und konnte ums Jahr 1468 noch sehr
gut Caterina Cornaro porträtiert haben. Und läßt sich nicht annehmen, daß die Republik Venedig
dieses Bildnis eher von dem trefflichsten Künstler der Stadt als von Dario malen ließ, dem „pictor
vagabundus", wie er sich selber nannte? Vgl. Gerola, op. cit: p. 871, der dem Berichte Colbertaldos,
Dario habe Caterina porträtiert, auch nicht recht zu trauen scheint, ebdt. p. 881.
(1) S. Marin Sanuto: „Vite de' Duchi di Venezia" bei Muratori: Rer. it. Script. Mediolani MDCCXXXIII.
Tom. XXII, Sp. 1185.
(2) Als solche lebte Caterina im Gedächtnis der Nachwelt fort und darum kam eine Gruppe
tizianesker Bildnisse, die sämtlich eine schöne Frau in orientalischer Gewandung darstellen, zu
dem Namen „Caterina Cornaro". Neuerdings wies jedoch Gronau überzeugend nach, daß all' diese
Porträts, denen man bisweilen die Attribute der heiligen Katharina hinzufügte, mehr oder minder freie
Atelierwiederholungen nach Tizians verschollenen Phantasiebildnissen der Gattin Solimans II., der
„Rossa Soltana" und seiner Tochter Cameria seien. Auch das bekannteste „Bildnis der Caterina Cornaro",
das der Uffizien, zeigt die zur Heiligen gewordenen Sultanin. Vgl. Gronau: „Tizians Bildnisse
türkischer Sultaninnen" in den „Beiträgen zur Kunstgeschichte", Franz Wickhoff gewidmet. Wien
1903, S. I32ff.
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vom Glanz der Schönheit darstellten; wir kennen heute leider nur zwei authen-
tische Porträts der cyprischen Königin, die noch zu ihren Lebzeiten entstanden,
und vor beiden fällt es einigermaßen schwer, mit dem sonst doch ziemlich kühlen
Marin Sanuto „bellissima donna"! zu rufen1): das eine befindet sich auf dem großen
Gemälde der Akademie zu Venedig, in dem Gentile Bellini anno 1500 erzählte, wie
eine wundertätige Reliquie, die bei einer Prozession ins Wasser gefallen war, dem
ihr nachspringenden Guardian der Scuola di San Lorenzo vor aller Augen entgegen-
schwamm, das andere Porträt Caterinas, das ebenfalls Gentile Bellini, aber gewiß
ein paar Jahre später, schuf, gehört heute zu den kostbarsten Zierden des Budapester
Museums. Gentile Bellini, der Hofmaler Mohammeds II., hatte jedoch anscheinend
nicht lange genug im Sultanspalast zu Konstantinopel gelebt; noch sah er Herrscher
von Gottes Gnaden nicht so, wie sie aussehen wollten, sondern wie sie wirklich
waren; seine Caterina Cornaro trägt die Krone, aber ist trotzdem keine Königin
eines östlichen Wunderlandes 2), keine „Sitt al Husn", keine „Herrin der Schönheit"
aus Tausend und eine Nacht, sondern eine alternde, bereits mehr als wohlbeleibte
Dame von kurzem Atem; vergebens sucht man in dem gelblichen Antlitz jene
Reize, denen auch die Jahre nichts anhaben können, den Adel der Linien und
Augen, die von Seele, Geist oder wenigstens von Temperament zeugen; und
Gerola: „Dario pittore", in den „Miscellanea di studi in onore di Attilio Hortis." Trieste 1910.
II. Bd. p. 87iff. Da dieser Squarcione-Schüler, dessen gesicherte Schöpfungen, eine „Madonna della
Misericordia" in der Galerie zu Bassano, ein Fresko „die Madonna mit dem Kinde" im Rathaus zu
Asolo, die beide von Gerola publiziert werden, und endlich eine Fassaden-Dekoration in Seravalla
„ganz dürftige Machwerke" sind (Crowe und Cavalcaselle: „Geschichte der italienischen Malerei",
deutsche Ausgabe, Leipzig 1873, V, p. 346), so scheint es wenig glaublich, daß die Signoria Dario
mit der Aufgabe betraut haben sollte, Caterinas Bildnis für den König von Cypern zu malen, obschon
sie, wie aus einem trevisaner Dokument vom Jahre 1456 hervorgeht, bei ihm anfragen ließ, „se voleva
assumere di dipingere il palazzo del doge." Am 28. Mai dieses Jahres begab sich auch Dario nach
Venedig, aber ob und mit welchen Arbeiten er im Dogenpalast beschäftigt wurde, läßt sich heute
nicht mehr feststellen. S. Gerola, op. cit: p. 875.
Nun berichtet aber Vasari im Leben der drei Maler Bellini (Vasari, ed. Milanesi III, p. 151) „Le prime
cose che diedero fama a Jacopo [sc. Bellini] furono il ritratto di Giorgio Cornaro e di Caterina reina
di Ciprio . . ." Da nun Jacopo ums Jahr 1400 geboren wurde, hält Gronau (Vasari-Heitz V, S. 13,
Anm. 4) es für „ausgeschlossen", „daß Jacopo diese Beiden gemalt habe." Aber vielleicht irrt Vasari
nur, wenn er jene Porträts als Jugendwerke Jacopos erwähnt. Dieser starb erst zwischen 1470 und 1471,
war gerade im letzten Jahrzehnt seines Lebens in Venedig tätig und konnte ums Jahr 1468 noch sehr
gut Caterina Cornaro porträtiert haben. Und läßt sich nicht annehmen, daß die Republik Venedig
dieses Bildnis eher von dem trefflichsten Künstler der Stadt als von Dario malen ließ, dem „pictor
vagabundus", wie er sich selber nannte? Vgl. Gerola, op. cit: p. 871, der dem Berichte Colbertaldos,
Dario habe Caterina porträtiert, auch nicht recht zu trauen scheint, ebdt. p. 881.
(1) S. Marin Sanuto: „Vite de' Duchi di Venezia" bei Muratori: Rer. it. Script. Mediolani MDCCXXXIII.
Tom. XXII, Sp. 1185.
(2) Als solche lebte Caterina im Gedächtnis der Nachwelt fort und darum kam eine Gruppe
tizianesker Bildnisse, die sämtlich eine schöne Frau in orientalischer Gewandung darstellen, zu
dem Namen „Caterina Cornaro". Neuerdings wies jedoch Gronau überzeugend nach, daß all' diese
Porträts, denen man bisweilen die Attribute der heiligen Katharina hinzufügte, mehr oder minder freie
Atelierwiederholungen nach Tizians verschollenen Phantasiebildnissen der Gattin Solimans II., der
„Rossa Soltana" und seiner Tochter Cameria seien. Auch das bekannteste „Bildnis der Caterina Cornaro",
das der Uffizien, zeigt die zur Heiligen gewordenen Sultanin. Vgl. Gronau: „Tizians Bildnisse
türkischer Sultaninnen" in den „Beiträgen zur Kunstgeschichte", Franz Wickhoff gewidmet. Wien
1903, S. I32ff.
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