werden wird, weil hier ein gewaltiges Material in
jahrelangen vergleichenden Studien aufgearbeitet
worden ist und weil die Sammlung des viel zu
früh verstorbenen Dr. Ludwig Mond die italieni-
sche Malerei für sich so geschlossen repräsentiert
wie kaum irgend eine andre private Sammlung
auch jenseits des Ozeans.
Wie bekannt hat Ludwig Mond seine Schätze
der Londoner National-Gallery vermacht. Es bleibt
also nichts zu wünschen übrig. Alles hat dieser
Mann getan, einem Lebenswerke, das doch nur
in einem an Arbeit reichgesegneten Dasein Muße-
stunden ausfüllen konnte, unvergängliche Werte
zu verleihen. Was er gesammelt, wird der Nach-
welt in jedem Sinne erhalten bleiben und die
Früchte dieser Arbeit werden künftige Geschlechter
ebenso genießen können wie wir es heute tun.
So sollten Sammler denken und handeln. Sie
würden nicht nur sich selbst das schönste Denk-
mal setzen, sondern auch der Nachwelt Dienste
leisten, die wir heute noch gar nicht einzuschätzen
vermögen. Georg Biermann.
RICHARD HAMANN UND FELIX RO-
SENFELD. Der Magdeburger Dom.
Beiträge zur Geschichte und Ästhetik
mittelalterlicher Architektur, Ornamentik
und Skulptur. Mit 7 Lichtdrucktafeln und
182 Textabbildg. Berlin, G. Grote, 1910.
M. 20.-.
Seit der vortrefflichen und noch heute sehr les-
baren „Jubelschrift" von C. L. Brandt von 1863
ist über den Magdeburger Dom nicht zusammen-
hängend gehandelt worden. Obgleich seine Bau-
geschichte höchst anziehend und voller Rätsel ist;
Goldschmidt, Dehio, Hasak, der Referent hatten
in den letzten Jahren Einzelfragen untersucht.
Nun kommt zum erstenmal wieder ein umfassen-
des Werk, das den bis ins Unendliche differen-
zierten Fragen der ganzen Baugeschichte nach-
spürt und sie vom modernen Standpunkte be-
handelt: Hamann ästhetisch und stilkritisch, Rosen-
feld, der ehemalige Archivar in Magdeburg, auf
Grund der Quellen. Das archivalische Material
ist von Rosenfeld mit aufopferndem Fleiße restlos
durchgearbeitet und manche schönen Resultate
unumstößlich festgesetzt worden. Hierzu zählt
vor allem die endgültige Festlegung der Grund-
steinlegung auf April 1209, die Umschreibung der
ersten Bauepochen bis 1231 und innerhalb dieser
verschiedene Förderzeiten sowie der Beweis, daß
Hasaks „Domkapelle von 1211" keine Chorkapelle,
sondern nur der schnell errichtete Interimsbau sei,
und Beendigung der Querschiffe 1266. Daneben
eine Fülle sachlicher Angaben über den Baubetrieb,
die eine wertvolle Grundlage für die Forschung
bieten.!
Hamanns Anteil an dem Werk ist weit umfang-
reicher und abgesehen von einigen Zusätzen in
Text und Abbildungen ein Wiederabdruck seiner
in den Jahrb. d. Kgl. Pr. Kunstsammlungen 1909
erschienenen Aufsätze üher die Kapitelle des Doms.
Dieser Teil gibt dem Buche schon durch die zahl-
reichen klaren Abbildungen sein Gepräge; der
Verlag hat die Ausstattung in einer wissenschaft-
lich trockenen aber vornehmen Weise besorgt.
Auch hier seien die Verdienste von Dr. Stoedtner
hervorgehoben, der vom Magdeburger Dom über
300 Aufnahmen herstellte und dadurch erst eine
so schwierige Vergleichungsarbeit wie die von
Hamann ermöglicht hat.
Es ist wunderbar, daß man so spät auf den
Gedanken gekommen ist, die Kapitelle des Magde-
burger Doms wissenschaftlich zu untersuchen. Sie
prägten den ältesten Teilen des Baues so nach-
drücklich ihren Charakter auf, daß seine Bau-
geschichte nicht an ihnen vorbeisehen kann. Diese
Wichtigkeit der Kapitelle zuerst erkannt zu haben,
ist P. J. Meiers Verdienst1); Hamann behandelt
als erster den sehr schwierigen Stoff im großen
und im wesentlichen mit ungemein glücklicher
Hand. Er überschätzt vielleicht mitunter den Wert
der Kapitelle für die Erkenntnis der Architektur,
so wenn er einem — nicht bedeutenden — Stein-
metzen derartig einschneidende Anlagen zuschreibt
(S. 104) wie die Einmauerung der Skulpturen am
Chorhaupt, oder wenn er (S. 99) meint, Profil-
formen könnten auch den Steinmetzen selb-
ständig vom Architekten überlassen werden:
das ist ganz unmöglich, denn Profile sind gerade-
zu als Signa des Architekten anzusehen. Die
Einseitigkeit der Methode erlaubt H. auch nicht,
die näheren Zusammenhänge Magdeburgs mit
Naumburg, Bamberg, Münster u. a. in ihrem archi-
tektonischem Kern zu erkennen; Arnstadt, Halber-
stadt, Riddagshausen, die unmittelbar mit Magde-
burg zusammenhängen, und ihre Gefolgschaft in
Freyburg (Marienkirche), Mühlhausen, Pforta usf. er-
wähnt er gar nicht, obwohl hier sogar vielfach
die Kapitelle einen festen Anhaltspunkt geben2).
Allein das alles hätte ihn zweifelsohne zu weit
fortgeführt, der Magdeburger Dom selbst und die
(1) Vor allem im Braunschw. Magazin, 1904, Seite I3ff.
(2) Über diese und andere Beziehungen des von Hamann
„Niederrheinischer Meister" genannten Baumeisters ge-
denkt Ref. demnächst ausführlich zu handeln.
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jahrelangen vergleichenden Studien aufgearbeitet
worden ist und weil die Sammlung des viel zu
früh verstorbenen Dr. Ludwig Mond die italieni-
sche Malerei für sich so geschlossen repräsentiert
wie kaum irgend eine andre private Sammlung
auch jenseits des Ozeans.
Wie bekannt hat Ludwig Mond seine Schätze
der Londoner National-Gallery vermacht. Es bleibt
also nichts zu wünschen übrig. Alles hat dieser
Mann getan, einem Lebenswerke, das doch nur
in einem an Arbeit reichgesegneten Dasein Muße-
stunden ausfüllen konnte, unvergängliche Werte
zu verleihen. Was er gesammelt, wird der Nach-
welt in jedem Sinne erhalten bleiben und die
Früchte dieser Arbeit werden künftige Geschlechter
ebenso genießen können wie wir es heute tun.
So sollten Sammler denken und handeln. Sie
würden nicht nur sich selbst das schönste Denk-
mal setzen, sondern auch der Nachwelt Dienste
leisten, die wir heute noch gar nicht einzuschätzen
vermögen. Georg Biermann.
RICHARD HAMANN UND FELIX RO-
SENFELD. Der Magdeburger Dom.
Beiträge zur Geschichte und Ästhetik
mittelalterlicher Architektur, Ornamentik
und Skulptur. Mit 7 Lichtdrucktafeln und
182 Textabbildg. Berlin, G. Grote, 1910.
M. 20.-.
Seit der vortrefflichen und noch heute sehr les-
baren „Jubelschrift" von C. L. Brandt von 1863
ist über den Magdeburger Dom nicht zusammen-
hängend gehandelt worden. Obgleich seine Bau-
geschichte höchst anziehend und voller Rätsel ist;
Goldschmidt, Dehio, Hasak, der Referent hatten
in den letzten Jahren Einzelfragen untersucht.
Nun kommt zum erstenmal wieder ein umfassen-
des Werk, das den bis ins Unendliche differen-
zierten Fragen der ganzen Baugeschichte nach-
spürt und sie vom modernen Standpunkte be-
handelt: Hamann ästhetisch und stilkritisch, Rosen-
feld, der ehemalige Archivar in Magdeburg, auf
Grund der Quellen. Das archivalische Material
ist von Rosenfeld mit aufopferndem Fleiße restlos
durchgearbeitet und manche schönen Resultate
unumstößlich festgesetzt worden. Hierzu zählt
vor allem die endgültige Festlegung der Grund-
steinlegung auf April 1209, die Umschreibung der
ersten Bauepochen bis 1231 und innerhalb dieser
verschiedene Förderzeiten sowie der Beweis, daß
Hasaks „Domkapelle von 1211" keine Chorkapelle,
sondern nur der schnell errichtete Interimsbau sei,
und Beendigung der Querschiffe 1266. Daneben
eine Fülle sachlicher Angaben über den Baubetrieb,
die eine wertvolle Grundlage für die Forschung
bieten.!
Hamanns Anteil an dem Werk ist weit umfang-
reicher und abgesehen von einigen Zusätzen in
Text und Abbildungen ein Wiederabdruck seiner
in den Jahrb. d. Kgl. Pr. Kunstsammlungen 1909
erschienenen Aufsätze üher die Kapitelle des Doms.
Dieser Teil gibt dem Buche schon durch die zahl-
reichen klaren Abbildungen sein Gepräge; der
Verlag hat die Ausstattung in einer wissenschaft-
lich trockenen aber vornehmen Weise besorgt.
Auch hier seien die Verdienste von Dr. Stoedtner
hervorgehoben, der vom Magdeburger Dom über
300 Aufnahmen herstellte und dadurch erst eine
so schwierige Vergleichungsarbeit wie die von
Hamann ermöglicht hat.
Es ist wunderbar, daß man so spät auf den
Gedanken gekommen ist, die Kapitelle des Magde-
burger Doms wissenschaftlich zu untersuchen. Sie
prägten den ältesten Teilen des Baues so nach-
drücklich ihren Charakter auf, daß seine Bau-
geschichte nicht an ihnen vorbeisehen kann. Diese
Wichtigkeit der Kapitelle zuerst erkannt zu haben,
ist P. J. Meiers Verdienst1); Hamann behandelt
als erster den sehr schwierigen Stoff im großen
und im wesentlichen mit ungemein glücklicher
Hand. Er überschätzt vielleicht mitunter den Wert
der Kapitelle für die Erkenntnis der Architektur,
so wenn er einem — nicht bedeutenden — Stein-
metzen derartig einschneidende Anlagen zuschreibt
(S. 104) wie die Einmauerung der Skulpturen am
Chorhaupt, oder wenn er (S. 99) meint, Profil-
formen könnten auch den Steinmetzen selb-
ständig vom Architekten überlassen werden:
das ist ganz unmöglich, denn Profile sind gerade-
zu als Signa des Architekten anzusehen. Die
Einseitigkeit der Methode erlaubt H. auch nicht,
die näheren Zusammenhänge Magdeburgs mit
Naumburg, Bamberg, Münster u. a. in ihrem archi-
tektonischem Kern zu erkennen; Arnstadt, Halber-
stadt, Riddagshausen, die unmittelbar mit Magde-
burg zusammenhängen, und ihre Gefolgschaft in
Freyburg (Marienkirche), Mühlhausen, Pforta usf. er-
wähnt er gar nicht, obwohl hier sogar vielfach
die Kapitelle einen festen Anhaltspunkt geben2).
Allein das alles hätte ihn zweifelsohne zu weit
fortgeführt, der Magdeburger Dom selbst und die
(1) Vor allem im Braunschw. Magazin, 1904, Seite I3ff.
(2) Über diese und andere Beziehungen des von Hamann
„Niederrheinischer Meister" genannten Baumeisters ge-
denkt Ref. demnächst ausführlich zu handeln.
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