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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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jetzt in der National Gallery zu London befindlichen Bild behandelt hat. Es ist
dies die einzige mir bekannte Darstellung dieses Themas in Spanien vor Velazquez.
Christus sucht nach der Geißelung, sich zurückwendend, seine Kleider. Er kniet
die beiden Hände auf das flammenschlagende Herz gelegt, mit schmerzlichem Aus-
druck am Boden vor einem Engel — der „anima christiana", der nach einer oben sicht-
bar werdenden Inschrift zeigt. Diese lautet: Ave Dominus noster Solus nostros | es
miseratus errores. Der Engel ist in prachtvollen Helldunkel modelliert und erinnert
lebhaft an die Gestalt aus der „Befreiung Petri."
Es sei hier auch jenes Gemälde bei dem Herzog von Sutherland (London Stafford-
house) erwähnt, das „Christus kranke Kinder heilend" darstellt und als von einem un-
bekannten spanischen Meister herrührend bezeichnet wird, jedoch sicher aus dem
Kreis des Ruelas, wenn nicht gar von ihm selbst stammt. Die Behandlung des
Helldunkels in diesem Kniefigurenbild ist ausgezeichnet. Man wird verschiedentlich
an venezianische Dinge erinnert. Die Auffassung ist sehr edel.
Der Convento de la Merced calzada, für den, wie wir schon sahen, Ruelas mehr-
fach tätig war, besaß noch eine ganze Reihe anderer Werke von der Hand des
Meisters, die heute leider verschollen sind: Das Retablo der Porteria schmückte
der „Triumph des Mercenarierordens", gewöhnlich „das Gemälde mit den vielen
Köpfen" genannt. Man sah da die Madonna mit dem Jesusknaben auf den Armen
das Skapulier an Kaiser, Könige, Mönche, Edelleute und Gefangene austeilend1).
Ferner ebenda über der Tür einen lebensgroßen „S. Pedro Nolasco". Des weiteren
erwähnt Bermudez eine „Madonna" am Geländer des Chores und noch andere
Bilder in der Klosterkirche; die „Marter einer Heiligen in der Antesacristia", einen
„hl. Joachim" und einem „hl. Joseph" in der Sala de profundis, endlich vier große
Gemälde im unteren Kreuzgang mit Martyrien von Heiligen.
Die Gemälde im Claustro del algive und im oberen Hauptkreuzgang hatten Ber-
mudez zufolge die Schüler des Ruelas nach Skizzen und Zeichnungen des Meisters
ausgeführt. Ponz sagt von ihnen „sie sind teils schlecht erhalten, teils so übel
übermalt, daß es ein Jammer ist"2).
Eine „Himmelfahrt Mariä" schmückte einst den Altar einer Kapelle auf der Epistel-
seite von S. Augustin zu Sevilla, und über der Tür einer Kapelle auf der Evangelien-
seite von S. Juan de la Palma sah man eine „Glorie mit verschiedenen Heiligen",
die Bermudez „eines der besten Gemälde des Meisters" nennt. In dem im Vorder-
grund knienden Priester habe Ruelas sich selbst porträtiert. Verschollen sind auch
die beiden Johannes, die den Concepcionsaltar in S. Lorenzo schmückten.
Im Convento de la Merced calzada zu Madrid malte Ruelas, wie Bermudez mit-
teilt, einige Gemälde im unteren Hauptkreuzgang zur Seite der Capilla de los
Remedios vor allem Halbfiguren von weiblichen Heiligen.
Sichere Zeichnungen von der Hand des Ruelas sind uns nicht erhalten. Zuge-
schrieben wird ihm eine leicht grau lavierte, braune Federzeichnung in der Albertina,
die jedoch kaum etwas mit ihm zu tun hat. Es ist eine Studie für ein Hochaltar-
bild mit Maria in throno, Christus in den Wolken, Sebastian, Moses, Antonius usw.
Das ganze wirkt noch etwas klassizistisch. Für den Sebastian hat der Künstler
eine Apollostatue studiert.
Porträts im engeren Sinn des Wortes sind uns von dem Meister nicht bekannt,

(i) Auch von Ponz noch sehr gerühmt: die Madonna mit dem Kind auf den Armen mit vielen
knienden Figuren. Viaje IX, 108.

(2) Viaje IX, 106.

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