Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/monatshefte_kunstwissenschaft1911/0341
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
REZENSIONEN .
W. MARTIN UND E. W. MOES, Alt-
holländische Malerei. Gemälde von
holländischen und vlämischen Meistern,
die sich in Rathäusern, kleinen Museen,
Kirchen, Stiften, Senatszimmern usw. und
in Privatbesitz befinden. Leipzig, Klink-
hardt & Biermann, 1911. Lieferung I.
Der Kenner besonderer Kunstgebiete und der
weitblickende, nach historischen Zusammenhängen
suchende Kunstgelehrte haben beide ein gleiches
Interesse an der möglichst baldigen und vollstän-
digen Publikation bisher noch nicht oder wenig
bekannter Kunstwerke. Beide können nicht genug
sehen: der eine braucht zu seinen speziellen sti-
listischen Untersuchungen immer neues Vergleichs-
material, der andere vermag nicht anders als auf
Grund umfassender Anschauuung weitgreifende
geschichtliche Untersuchungen, die ins allgemeine
gehen, anzustellen. Deshalb begrüßen wir mit Freude
das vorliegende Unternehmen. Zwei bekannte hol-
ländische Gelehrte, W. Martin im Haag und E. W.
Moes in Amsterdam, haben sich die Aufgabe ge-
stellt, Gemälde von holländischen und vlämischen
Meistern, die sich an entlegenen Stellen befinden,
wo sie leicht der Aufmerksamkeit der Forschung
entgehen könnten, auszuwählen, in guten Repro-
duktionen zu veröffentlichen und zu beschreiben.
Die Herausgeber sind in der glücklichen Lage, in
ihrem eigenen Heimatlande eine große Zahl von
verborgenen Schätzen entdecken zu können. Schon
in dem ersten Heft der neuen Veröffentlichung
machen sie uns mit einer Reihe von künstlerisch
hervorragenden und geschichtlich interessanten
Gemälden bekannt. Ein köstliches Sittenbild von
Frans Hals „Zwei lachende Knaben" aus der
Familien-Frauen-Stiftung der Mevrouw van Aerden
in Leerdam macht den Anfang und zeigt uns den
großen Meister in der frischen Kraft der maleri-
schen Behandlung und in der unvergleichlichen
Wiedergabe des Gesichtsausdruckes von der glück-
lichsten Seite. Es folgen ein aus demselben Be-
sitze stammendes, im Motiv höchst einfaches, in
der Färbung aber offenbar besonders vollendetes
Stilleben von Pieter Claesz, dem erst seit neuerer
Zeit bekannten und geschätzten Vater Nicolas Ber-
chems; ein in der Amsterdamer Remonstratenser-
Kirche aufbewahrtes, von Jakob Backer, der
Rembrandts Schüler in dessen früher Amsterdamer
Zeit gewesen war, ganz vorzüglich in feinem Hell-
dunkel gemaltes Bildnis des Hofpredigers Johannes
Uitenbogaert, den auch Rembrandt wiederholt ge-

malt und radiert hat; ein besonders hervorragendes
Bild von Johannes Lingelbach aus dem Be-
sitze des Rathauses zu Amsterdam mit der Ansicht
eines reichbelebten Platzes dieser Stadt, feiner
und in den Figuren viel weniger manieriert als
die landläufigen Bilder dieses Meisters; ein mit
der größten Sorgfalt ausgeführtes eigenartiges Still-
leben vonjan van der Heyden, der sonst mehr
als Maler von Städteansichten bekannt ist, aus
einer Amsterdamer Privatsammlung. Auch ein
Werk des XVI. Jahrhunderts finden wir in diesem
Hefte: das im Beginenhof zu Amsterdam aufbe-
wahrte Bildnis des Pastors Nicolaus Cannius, der
längere Zeit der Sekretär Erasmus' von Rotterdam
gewesen ist. Das im Jahre 1534 gemalte Porträt
steht, wie uns scheinen will, der Weise Jan Sco-
rels, der es von einem Kenner genähert worden
ist, recht ferne. Die Herausgeber meinen, es könnte
eher von einem Amsterdamer Zeitgenossen des
Jacob Cornelisz herrühren. Wir möchten hingegen
in diesem etwas steifen Bildnisse den altertümlichen,
gleichsam verknöcherten Stil der späten Werke
Jan Mostaerts erkennen. An ihn erinnern die
Zeichnung der Augen und der Hände und beson-
ders die Landschaft des Hintergrundes, die man
sehr ähnlich auf zwei schon von Van Mander er-
wähnten späten Werken des Meisters wiederfindet:
es sind dies die von Ernst Weiß wiedergefundene
„westindische Landschaft" im Besitze des Herrn
J. B. van Stolk in Scheveningen und die Land-
schaft mit dem heiligen Hubertus in der Münchner
Pinakothek, die wir — unter Zustimmung Hugo
von Tschudis — Jan Mostaert glaubten zurück-
geben zu sollen. Gustav Glück.
DIE KUNST- UND ALERTUMSDENK-
MALE IM KÖNIGREICH WÜRTTEM-
BERG. Bd. I: Neckarkreis, von E. Paulus.
624 S. m. zahlr. Abb. 1889, Neudruck 1906.
Paul Neffs Verlag (Max Schreiber), Eß-
lingen. — Bd. II: Schwarzwaldkreis von
dems. 552 S. Ebenda, 1897. — Bd. III:
Jagstkreis, 1. Hälfte, von E. Gradmann.
767 S. Ebenda, 1907. — Bd. IV: Donau-
kreis, Oberamt Biberach, von J. Baum
und B. Pfeiffer. 260 S., 227 Abb., 20
Tafeln u. Karte. Ebenda, 1909.
Das württembergische Denkmälerwerk erscheint
in seiner Entwicklung als eine umgekehrte Stufen-
pyramide, welche ruckweise auf enger Grundlage
in die Breite geht. Der Anfänger E. Paulus hat

327
 
Annotationen