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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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von August III. von Sachsen, von Maria Theresia und zuletzt von Stanislaus August
von Polen mit Aufträgen und Ehren überhäuft und glänzend belohnt, schafft er
weit über 100 prächtige große Ansichten ihrer Residenzen und Schlösser, mit nie
versiegender Frische wiederholt er die Bilder seiner italienischen Heimat, eigene
Radierungen bringen diese Werke ins Publikum, und trotzdem nirgends eine Er-
wähnung dieses Malers, eine Würdigung seiner Werke. Vergeblich habe ich Cana-
lettos Namen in den zahlreichen Zeitschriften und Künstlerhistorien des XVIII.Jahrh.
gesucht, nur Füssly erwähnt ihn kurz und flüchtig. Dieselbe Gleichgültigkeit gegen
Canaletto und seine Werke hat noch bis in das letzte Drittel des XIX. Jahrh. ge-
herrscht. Zwar sind einmal, Anfang der 1830 er Jahre, in Dresden seine im Vorrat
der Galerie begrabenen Gemälde zusammen mit denen des ebenfalls in völlige Ver-
gessenheit geratenen Alexander Thiele1) dem Publikum in einer besonderen Samm-
lung vaterländischer Prospekte zugänglich gemacht worden. Das galt aber in erster
Linie dem Gegenständlichen dieser Bilder, nicht ihrer Schätzung als Kunstwerke.
Der Galeriedirektor Matthäy sagt selbst im Katalog der Sammlung, daß die Ge-
mälde „hauptsächlich als Wahrzeichen des früheren Zustands unseres Vaterlandes,
in topographischer Hinsicht, die Aufmerksamkeit der Mitwelt verdienen".
Erst 1877 erschien eine Arbeit, die sich ausführlich mit Canaletto beschäftigt:
Die beiden Caneletto. Monographie von Rudolph Meyer. Der Hauptwert dieses
Buches besteht in dem sehr ausführlichen Verzeichnis des radierten Werks beider
Meister. Ihm folgte im Jahre 1885 die Biographie des jüngeren Canaletto, die Julius
Meyer im III. und letzten Band seiner Neubearbeitung des Naglerschen Künstler-
lexikons veröffentlicht hat (S. 437—444). Sie faßt in übersichtlicher Weise und
unter Benutzung handschriftlicher Notizen Naglers die zerstreuten Nachrichten zu-
sammen, die sich damals in der Literatur vorfanden, und gibt eine kurze ästhetische
Würdigung des Meisters. In deutscher Sprache ist seitdem nur die prächtige
Canaletto-Mappe des Dresdner Geschichtsvereins erschienen, mit Einleitung und Er-
läuterung von Otto Richter. Ihr Schwergewicht liegt naturgemäß auf den ausge-
zeichneten großen Abbildungen.
Die englische Literatur hat sich überhaupt nicht ausführlicher mit Canaletto be-
faßt und auch die französische hat nur zwei kleinere Werke gebracht, die mehr
durch die Eleganz ihres Vortrags erfreuen, als daß sie neues über den Meister
brächten. Octave Uzannes „Les deux Canaletto" beruht fast ausschließlich auf den
Werken der beiden Meyer und will auch selbst nur: „reunir en une gerbe synthe-
tique les documents et les references authorisees". Adrien Moureaus Antonio Canal
beschäftigt sich nur anhangsweise mit unserm Meister. In Italien hat der Turiner
Galeriedirektor A. de Vesme in seinem Peintre Graveur Italien Canaletto einen
Artikel gewidmet. Abgesehen von einigen biographischen Notizen und der Fest-
stellung einiger neuen etats gibt auch Vesme nichts neues. Er lehnt sich im cata-
logue raisonne eng an Meyer an: Pour la redaction de notre catalogue nous avons
mis largement ä contribution la monographie de Mr. Rodolphe Meyer.
Unter diesen Umständen werden die folgenden Ausführungen vielleicht nicht un-
willkommen sein, zumal da sie in der Hauptsache auf Material beruhen, das bisher
noch nicht oder an unzugänglichen Stellen veröffentlicht worden ist.
(1) Geboren am 26. März 1685 in Erfurt, gestorben am 22. Mai 1752 in Dresden. Seine bedeutendsten
Werke sind die etwa 100 großen sächsischen Ansichten, die sich fast alle in den Kgl. Schlössern in
Dresden und Pillnitz befinden. Er war einer der bekanntesten Landschaftsmaler seiner Zeit und hat
auch für den Schwarzburger und Schweriner Hof gemalt. Canaletto hat ihn auf dem Bilde 602 der
Dresdner Galerie zusammen mit sich selbst und Dietrich im Vordergrund gemalt,

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