Anwesen besitzt, transportiert1) und es ist durchaus nicht sicher, zunächst nicht
einmal wahrscheinlich, daß es sich damals um etwas anderes als das Rohmaterial
handelt. Unter diesen Umständen bedarf die Frage, ob Meister Nikolaus nicht in
der Zeit von 1469 — 1479 durch andere Arbeiten in Anspruch genommen worden
ist, einer genaueren Untersuchung.
Einen Fingerzeig scheint da die erwähnte Zahlungsanweisung von 1469 an den
Bischof von Passau zu geben. Sie ist denn auch bisher stets dahin interpretiert
worden, daß Meister Nikolaus damals im Dienste des Passauers gestanden habe.
Zwingend ist meines Erachtens diese Folgerung nicht. Die Anweisung könnte auch
dem Bischof lediglich in seiner Eigenschaft als Kaiserlicher Beamter, der häufig in
der Residenz Neustadt selbst zu tun hat, angehen. Möglich ist aber ein Aufenthalt
Meister Lerchs in Passau durchaus; absurd wäre allerdings die Annahme, daß er
dort lediglich deswegen ein Atelier unterhalten habe, um dort mit Unterbrechung
des bequemen Transportes zu Wasser von Hallein nach Wien die für Neustadt
bestimmten Stücke zu bearbeiten. Man könnte aber einen Grund für seine Beru-
fung nach Passau in der Tatsache erblicken, daß Mitte der sechziger Jahre Jörg
Windisch, der „obriste Werkmeister" am Passauer Dom (am 16. September 1462
ist er noch am Leben, am 16. Mai 1467 ist seine Witwe bereits wieder verheiratet)
gestorben ist2). Der Kanzler und Bischof könnte sich Meister Nikolaus, dessen
Tätigkeit als Werkmeister am Straßburger Münster durch seinen Grabstein ver-
bürgt ist 3), als Ersatz vom Kaiser erbeten haben.
Der dekorative Schmuck des damaligen Dombaues ist bis auf geringe Reste zer-
stört, ein Suchen nach Spuren einer etwaigen Tätigkeit Lerchs erscheint hier aus-
sichtslos, dagegen ist eine große Zahl von Grabdenkmälern erhalten. Aus der Masse
gleichgültiger, durchweg unter dem Durchschnitt etwa der Kunst der bayerischen Inn-
städte bleibender Denksteine ragt einer hervor, der bis jetzt wenig beachtet worden
ist. Es ist der eines 1493 gestorbenen Weihbischofs Albrecht4). Unter aus seit-
(1) Cf. Maier, a. a. O., S. 77.
(2) Urkunden des Passauer Domkapitels im Allgemeinen Reichsarchiv zu München.
(3) Es geht doch nicht an, die klare Aussage des Grabsteins einfach beiseite zu schieben, weil uns
dieser nicht im Original, sondern nur in einer späten Beschreibung (1733) überliefert ist. Werkmeister
heißt durchaus nicht immer Architekt und technischer Bauleiter. In Passau haben wir z. B. neben
dem „Baumeister" (bis 1478 Hans Mitterberger, der Steinmetz) einen obristen und mehrere gewöhn-
liche Werkmeister, der erste doch wohl der Architekt, die andern die Bearbeiter des Baumaterials und
vor allem Schöpfer des dekorativen Beiwerks. So ist z. B. auch Hans Multscher als geschworener Werkmann
am Ulmer Münster urkundlich überliefert, ohne daß man ihm eine Stelle als Bauleiter zuweisen könnte und
möchte, während wir seine Hand in dem einzig erhaltenen Stück des figürlichen Schmuckes am Haupt-
portal des Münsters aus seiner Zeit, dem köstlichen Schmerzensmann, mit Sicherheit wiedererkennen. Eine
ähnliche Stellung Lerchs in Straßburg ist nach seiner sonstigen Tätigkeit dort durchaus wahrschein-
lich. Ich glaube auch nicht, daß man sich an dem durch den Grabstein überlieferten Namen Lerch
stoßen darf. Solche Rufnamen haften einem damals doch noch nicht von Geburt auf an, sie werden
oft erst im Alter aus irgendeinem unkontrollierbaren Anlaß erworben. Noch heute ist es vielerorts ein
großer Unterschied, wie sich einer schreibt und wie er gerufen wird. Warum Nikolaus Gerhaert von
Leyden in Österreich gerade Lerch genannt wurde, wissen wir nich es ist aber nicht einzusehen,
warum er nicht so genannt worden sein könnte. Es scheint mir danach recht unnötig, die Zuver-
lässigkeit der Inschrift seines Grabsteines anzuzweifeln und ich lasse ihm gern den Namen Nikolaus
Lerch.
(4) Die Umschrift lautet: ^ir ^ [epulfus Beuerettbu& / In röriffn pater et hw& dominus Mlberfn*
Gpifeupu* / ^alonenfä ^uftaganeu* / Girlie pal(er) Win nbgii Zitrin bnj m irrt Ixxxx tij Itu
wilibalbi.
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einmal wahrscheinlich, daß es sich damals um etwas anderes als das Rohmaterial
handelt. Unter diesen Umständen bedarf die Frage, ob Meister Nikolaus nicht in
der Zeit von 1469 — 1479 durch andere Arbeiten in Anspruch genommen worden
ist, einer genaueren Untersuchung.
Einen Fingerzeig scheint da die erwähnte Zahlungsanweisung von 1469 an den
Bischof von Passau zu geben. Sie ist denn auch bisher stets dahin interpretiert
worden, daß Meister Nikolaus damals im Dienste des Passauers gestanden habe.
Zwingend ist meines Erachtens diese Folgerung nicht. Die Anweisung könnte auch
dem Bischof lediglich in seiner Eigenschaft als Kaiserlicher Beamter, der häufig in
der Residenz Neustadt selbst zu tun hat, angehen. Möglich ist aber ein Aufenthalt
Meister Lerchs in Passau durchaus; absurd wäre allerdings die Annahme, daß er
dort lediglich deswegen ein Atelier unterhalten habe, um dort mit Unterbrechung
des bequemen Transportes zu Wasser von Hallein nach Wien die für Neustadt
bestimmten Stücke zu bearbeiten. Man könnte aber einen Grund für seine Beru-
fung nach Passau in der Tatsache erblicken, daß Mitte der sechziger Jahre Jörg
Windisch, der „obriste Werkmeister" am Passauer Dom (am 16. September 1462
ist er noch am Leben, am 16. Mai 1467 ist seine Witwe bereits wieder verheiratet)
gestorben ist2). Der Kanzler und Bischof könnte sich Meister Nikolaus, dessen
Tätigkeit als Werkmeister am Straßburger Münster durch seinen Grabstein ver-
bürgt ist 3), als Ersatz vom Kaiser erbeten haben.
Der dekorative Schmuck des damaligen Dombaues ist bis auf geringe Reste zer-
stört, ein Suchen nach Spuren einer etwaigen Tätigkeit Lerchs erscheint hier aus-
sichtslos, dagegen ist eine große Zahl von Grabdenkmälern erhalten. Aus der Masse
gleichgültiger, durchweg unter dem Durchschnitt etwa der Kunst der bayerischen Inn-
städte bleibender Denksteine ragt einer hervor, der bis jetzt wenig beachtet worden
ist. Es ist der eines 1493 gestorbenen Weihbischofs Albrecht4). Unter aus seit-
(1) Cf. Maier, a. a. O., S. 77.
(2) Urkunden des Passauer Domkapitels im Allgemeinen Reichsarchiv zu München.
(3) Es geht doch nicht an, die klare Aussage des Grabsteins einfach beiseite zu schieben, weil uns
dieser nicht im Original, sondern nur in einer späten Beschreibung (1733) überliefert ist. Werkmeister
heißt durchaus nicht immer Architekt und technischer Bauleiter. In Passau haben wir z. B. neben
dem „Baumeister" (bis 1478 Hans Mitterberger, der Steinmetz) einen obristen und mehrere gewöhn-
liche Werkmeister, der erste doch wohl der Architekt, die andern die Bearbeiter des Baumaterials und
vor allem Schöpfer des dekorativen Beiwerks. So ist z. B. auch Hans Multscher als geschworener Werkmann
am Ulmer Münster urkundlich überliefert, ohne daß man ihm eine Stelle als Bauleiter zuweisen könnte und
möchte, während wir seine Hand in dem einzig erhaltenen Stück des figürlichen Schmuckes am Haupt-
portal des Münsters aus seiner Zeit, dem köstlichen Schmerzensmann, mit Sicherheit wiedererkennen. Eine
ähnliche Stellung Lerchs in Straßburg ist nach seiner sonstigen Tätigkeit dort durchaus wahrschein-
lich. Ich glaube auch nicht, daß man sich an dem durch den Grabstein überlieferten Namen Lerch
stoßen darf. Solche Rufnamen haften einem damals doch noch nicht von Geburt auf an, sie werden
oft erst im Alter aus irgendeinem unkontrollierbaren Anlaß erworben. Noch heute ist es vielerorts ein
großer Unterschied, wie sich einer schreibt und wie er gerufen wird. Warum Nikolaus Gerhaert von
Leyden in Österreich gerade Lerch genannt wurde, wissen wir nich es ist aber nicht einzusehen,
warum er nicht so genannt worden sein könnte. Es scheint mir danach recht unnötig, die Zuver-
lässigkeit der Inschrift seines Grabsteines anzuzweifeln und ich lasse ihm gern den Namen Nikolaus
Lerch.
(4) Die Umschrift lautet: ^ir ^ [epulfus Beuerettbu& / In röriffn pater et hw& dominus Mlberfn*
Gpifeupu* / ^alonenfä ^uftaganeu* / Girlie pal(er) Win nbgii Zitrin bnj m irrt Ixxxx tij Itu
wilibalbi.
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