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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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enge Verbindung zwischen Mensch und Gottheit ist hier verzichtet, eine Erscheinung,
die wir auch sonst in der bayerischen Kunst regelmäßig wiederfinden und die wohl
in einer von der westdeutschen etwas verschiedenen religiösen Auffassung begrün-
det liegt1). Das wohl nur kurze Zeit nach Rosenstingels Tod entstandene Stück
steht gewiß nicht ganz auf der Höhe des Laufener Epitaphs, die Typen sind aber
noch dieselben, ja das Christkind erscheint direkt von dort herübergenommen. Die
heilige Elisabeth erinnert trotz ihres etwas unbeteiligten Gesichtsausdrucks noch
stark an die Straßburger Sibylle, die beiden Geistlichen dagegen an ähnliche Ge-
stalten in den Geschichtsdarstellungen des Kaiserdenkmals (bemerkenswert scheint
mir an ihnen die sorgfältige Durchbildung der Hände, auf die andere gleichzeitige
Meister der Braunauer Gegend sonst gern verzichten, so auch beim Mauerkircher-
stein). Der Anschluß an die Art Meister Lerchs scheint mir offenbar, aber noch
etwas anderes tritt in diesem Denkmal deutlich zutage.
Halm weist mit Recht auf die enge Verwandtschaft der Laufener und Regens-
burger Madonna mit solchen des Meisters E. S. hin. An diesem Denkmal ist der
Zusammenhang fast noch deutlicher, die Strahlenmadonna L. 71, scheint hier die An-
regung gegeben zu haben; die zart empfundenen Engel stehen der Art des Meisters
E. S. noch um ein beträchtliches Stück näher, als die des Regensburger Epitaphs.
So könnte man einwenden, die Verwandtschaft der drei Stücke in Laufen, Regens-
burg und Ranshofen beruhe lediglich in dem gemeinsamen Zurückgehen auf Stiche
des Meisters E. S. Aber aus ähnlichen Fällen, unter denen mir das ebenfalls von
Halm erwähnte schöne Beispiel aus Gars 2) besonders bemerkenswert erscheint,
sehen wir, daß meist nur die Äußerlichkeiten übernommen werden. Hier finden
wir auch die ganze zarte Stimmung des Meisters in so feiner und vor allem so
gleichartiger Weise nachempfunden, daß sich nur ein und dieselbe Persönlichkeit
als ihr Vermittler annehmen läßt. Diese bietet sich nun in Meister Lerch, der
doch direkt vom Oberrhein nach Passau kommt, in denkbar glücklichster Weise.
Es kann kaum einem Zweifel mehr unterliegen, daß er der Schöpfer des Laufener
Epitaphs, der gemeinsame Lehrer Valkenauers und des dem Namen nach noch un-
bekannten Meisters des Ranshofener Stiftergrabsteines ist. Trotzdem will ich nicht
unterlassen auf ein kleines Detail hinzuweisen, das die drei Werke unter sich und
mit dem Kaiserdenkmal zusammenschließt. Auch darauf hat Halm bereits aufmerk-
sam gemacht, daß die Kronen der Laufener und Regensburger Madonna in ganz
derselben von der gewöhnlichen abweichenden Weise aus ineinandergreifenden
Ranken gebildet sind. Dasselbe findet sich, wenn auch etwas vereinfacht, in der
Krone der Ranshofener Madonna und Elisabeth und ebenso auf dem Helm des
österreichischen Schildträgers und über dem Georgswappen auf der Tumbaplatte
für Kaiser Friedrich. Das Motiv erscheint so selten (ich kann mich trotz lang-
jähriger Beschäftigung mit heraldischen Dingen keiner weiteren Fälle entsinnen),
daß das gemeinsame Vorkommen auf den schon auf andere Weise als zusammen-
gehörig gefundenen Stücken kein Zufall sein kann; es bestätigt lediglich unser Resultat.
Von den übrigen Stücken, die sich mit Lerchs Tätigkeit in Passau in Verbindung
bringen lassen, will ich lediglich im Vorübergehen noch eines erwähnen, bei dem
(1) Eine Ausnahme bildet der von Halm erwähnte Fall, in dem ein Salzburger Steinmetz (doch wohl
kaum der alte Valkenauer!) eine rheinische Vorlage für einen Grabstein benutzt. Sie erklärt sich aus
der sklavischen Abhängigkeit (fast möchte man von einem Plagiat sprechen) von dem Vorbild. Der
ganze Reiz des Stückes, den Halm hervorhebt, liegt doch lediglich in der Idee, an der der technisch
recht unbeholfene Steinmetz keinen Anteil hat.
(2) A. a. O., S. 186, Anm. 1.

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