Timmermann nach Ausweis der Lübecker Ratslinie von Middendorp, die uns diese
bürgerlichen Wappen mit gewissenhafter Vollständigkeit erhalten hat, den schrei-
tenden Bär im Wappenschild. Wann die Hochzeit dieses Paares stattgefunden
hat — etwa 1525 — läßt sich nicht feststellen. Aber soviel steht fest, daß das
kleine Meisterwerk Hans Kemmers sicher nicht aus Anlaß dieser Hochzeit ent-
standen ist, sondern, wenn es sich überhaupt um einen „Hochzeitsteller" handeln
soll, eher als Geschenk der Eltern an ihre hochzeitfeiernde Tochter. Denn neben
der rechten Hand des Gekreuzigten am Querholz des Kreuzes steht die über-
raschend späte Jahreszahl der Entstehung des Tellers: 1540.
Lübeck birgt selbst noch ein weiteres Gemälde von Hans Kemmers Hand, das
zugleich den Beweis bringt, daß der Künstler auch nach dem Jahre 1540 noch
lebt und an der Arbeit zu finden ist. Es stammt aus der Katharinenkirche und
war bis vor kurzem dem Studium dadurch schwer zugänglich, daß es mit anderen
alten Kunstwerken als Wandschmuck der Kapelle auf dem neuen Friedhof ver-
wendet worden war. Auf Eichenholz gemalt, etwa 60 X 90, ist es ein Votivbild,
das den Stifter knieend vor der Gestalt Christi als Schmerzensmann darstellt.
Hinter einer gemalten breiten Steinbrüstung, auf der in achtzeiliger Antiqua ein
frommer Spruch geschrieben steht, erheben sich die Oberkörper der beiden Figuren
— Christus, die Rute in der Hand, die Arme vor der Brust gekreuzt und die
Dornenkrone auf dem Haupte; daneben in etwas kleinerem Maßstab in schwarzem
Wams mit zierlich gefältelter Halskrause, mit modischem Spitzbart und kurzem
Haar der 40jährige Stifter. Dieser Mann sieht freilich gar nicht so aus, als wäre
er der Kaplan Jakob Dus, Substitut der Ratskanzlei und Sekretär der Bergen-
fahrer, dessen Siegel, von Milde veröffentlicht, dieselben Embleme enthält wie das
Wappen, das hier an der Brüstung unter der Gestalt des Stifters hängt. Wir
müssen uns vorläufig begnügen, die Inschrift am oberen Rande der Steinbrüstung
sprechen zu lassen. Sie lautet: ANNO DOI 1544. Aetatis sue 40 H. G. und rechts
darunter das Monogramm Hans Kemmers, gebildet aus H. und K. Diese Schrift-
züge sind von der Restauration, die sonst am unteren Drittel des Bildes allerlei
erneuert hat, unberührt geblieben. Da wir die Buchstaben H. G. dort nicht anders
denn als die Andeutung des Stifternamens verstehen können, so wird die alte Über-
lieferung in den „Nachrichten" von Melle und Schnobel wohl recht haben, wenn
sie unser Gemälde als die Gedächtnistafel des Hinrich Gerdes bezeichnet (S. 282
der Ausgabe von 1787), die seinerzeit in der Katharinenkirche am vierten süd-
lichen Schiffpfeiler aufgehängt zu sehen war. Die später aus Mecklenburg ein-
gewanderte Familie des Ratsherrn Christoph Gerdes von 1625 führt ein anderes
Wappen; und der 1511—18 als Zeuge bei den Verträgen einer bergischen Handels-
gesellschaft erwähnte Bürger Hinrick Gerdes, den Bruns aus dem Niederstadtbuch
erwähnt, kann hier ebensowenig in Frage kommen. So müssen wir vorläufig auf
eine Deutung des Anlasses zu unserm Votivgemälde verzichten.
Die stark restaurierte und unter den bisher bekannten Werken Kemmers jeden-
falls wenig bedeutend erscheinende Tafel ist neuerdings aus der Friedhofskapelle
entfernt und dem Museum für Kunst- und Kulturgeschichte überwiesen worden.
So stellt sich uns das Leben Hans Kemmers aus diesen vorläufig noch spar-
samen Bausteinen ungefähr so dar: Um 1495 mag der Künstler geboren sein; wo,
wissen wir nicht. Um 1515 war er wohl auf der Wanderschaft zu Cranach ge-
kommen und hielt sich dort lange genug auf, daß er in seines Lehrmeisters Art
sich ganz einleben konnte. Vielleicht sind Gemälde wie die des Jüterbocker Altars
unter seiner Mithilfe entstanden. Im Herbst 1522 ist er in Lübeck. Der Olafaltar
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bürgerlichen Wappen mit gewissenhafter Vollständigkeit erhalten hat, den schrei-
tenden Bär im Wappenschild. Wann die Hochzeit dieses Paares stattgefunden
hat — etwa 1525 — läßt sich nicht feststellen. Aber soviel steht fest, daß das
kleine Meisterwerk Hans Kemmers sicher nicht aus Anlaß dieser Hochzeit ent-
standen ist, sondern, wenn es sich überhaupt um einen „Hochzeitsteller" handeln
soll, eher als Geschenk der Eltern an ihre hochzeitfeiernde Tochter. Denn neben
der rechten Hand des Gekreuzigten am Querholz des Kreuzes steht die über-
raschend späte Jahreszahl der Entstehung des Tellers: 1540.
Lübeck birgt selbst noch ein weiteres Gemälde von Hans Kemmers Hand, das
zugleich den Beweis bringt, daß der Künstler auch nach dem Jahre 1540 noch
lebt und an der Arbeit zu finden ist. Es stammt aus der Katharinenkirche und
war bis vor kurzem dem Studium dadurch schwer zugänglich, daß es mit anderen
alten Kunstwerken als Wandschmuck der Kapelle auf dem neuen Friedhof ver-
wendet worden war. Auf Eichenholz gemalt, etwa 60 X 90, ist es ein Votivbild,
das den Stifter knieend vor der Gestalt Christi als Schmerzensmann darstellt.
Hinter einer gemalten breiten Steinbrüstung, auf der in achtzeiliger Antiqua ein
frommer Spruch geschrieben steht, erheben sich die Oberkörper der beiden Figuren
— Christus, die Rute in der Hand, die Arme vor der Brust gekreuzt und die
Dornenkrone auf dem Haupte; daneben in etwas kleinerem Maßstab in schwarzem
Wams mit zierlich gefältelter Halskrause, mit modischem Spitzbart und kurzem
Haar der 40jährige Stifter. Dieser Mann sieht freilich gar nicht so aus, als wäre
er der Kaplan Jakob Dus, Substitut der Ratskanzlei und Sekretär der Bergen-
fahrer, dessen Siegel, von Milde veröffentlicht, dieselben Embleme enthält wie das
Wappen, das hier an der Brüstung unter der Gestalt des Stifters hängt. Wir
müssen uns vorläufig begnügen, die Inschrift am oberen Rande der Steinbrüstung
sprechen zu lassen. Sie lautet: ANNO DOI 1544. Aetatis sue 40 H. G. und rechts
darunter das Monogramm Hans Kemmers, gebildet aus H. und K. Diese Schrift-
züge sind von der Restauration, die sonst am unteren Drittel des Bildes allerlei
erneuert hat, unberührt geblieben. Da wir die Buchstaben H. G. dort nicht anders
denn als die Andeutung des Stifternamens verstehen können, so wird die alte Über-
lieferung in den „Nachrichten" von Melle und Schnobel wohl recht haben, wenn
sie unser Gemälde als die Gedächtnistafel des Hinrich Gerdes bezeichnet (S. 282
der Ausgabe von 1787), die seinerzeit in der Katharinenkirche am vierten süd-
lichen Schiffpfeiler aufgehängt zu sehen war. Die später aus Mecklenburg ein-
gewanderte Familie des Ratsherrn Christoph Gerdes von 1625 führt ein anderes
Wappen; und der 1511—18 als Zeuge bei den Verträgen einer bergischen Handels-
gesellschaft erwähnte Bürger Hinrick Gerdes, den Bruns aus dem Niederstadtbuch
erwähnt, kann hier ebensowenig in Frage kommen. So müssen wir vorläufig auf
eine Deutung des Anlasses zu unserm Votivgemälde verzichten.
Die stark restaurierte und unter den bisher bekannten Werken Kemmers jeden-
falls wenig bedeutend erscheinende Tafel ist neuerdings aus der Friedhofskapelle
entfernt und dem Museum für Kunst- und Kulturgeschichte überwiesen worden.
So stellt sich uns das Leben Hans Kemmers aus diesen vorläufig noch spar-
samen Bausteinen ungefähr so dar: Um 1495 mag der Künstler geboren sein; wo,
wissen wir nicht. Um 1515 war er wohl auf der Wanderschaft zu Cranach ge-
kommen und hielt sich dort lange genug auf, daß er in seines Lehrmeisters Art
sich ganz einleben konnte. Vielleicht sind Gemälde wie die des Jüterbocker Altars
unter seiner Mithilfe entstanden. Im Herbst 1522 ist er in Lübeck. Der Olafaltar
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