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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Zucker, Paul: Zur Kunstgeschichte des klassizistischen Bühnenbildes
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0082

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Kante der Bühne steht. Die Kulissen sind nicht, wie sonst allgemein üblich,
schräg gestellt, sondern parallel zur Ebene der Zuschauer angeordnet. Blatt 3
dieser Sammlung gibt die genaue mathematische Konstruktion1) des Bühnen-
bildes. Die Neigung des Bühnenbodens ist 1:7, als unverhältnismäßig stark, da
die normale Neigung 1:20 bis 1:24 beträgt.
Dumont ist aber nicht nur einer der hervorragendsten Vertreter des Klassizis-
mus in der formalen Ausgestaltung des Bühnenbildes, sondern er liefert auch
Beiträge zur architektonisch-dispositionellen Umformung der Bühne. Als solchen
werden wir ihn weiter unten noch im Zusammenhänge mit den Arbeiten andrer
Künstler im gleichen Sinne kennen lernen.
Dumont gehört ebenso wie Servandoni, ja in noch weit stärkerem Maße als
er, zu den Künstlern, welche als Bindeglieder zwischen dem Pariser und italieni-
schen Klassizismus aufzufassen sind. War doch in Rom selbst der Klassizismus
eigentlich erst von Paris aus wiederbelebt worden, während Oberitalien seine
palladianische Tradition niemals aufgegeben hat. Dort wirkten von Vicenza aus
durch ihre Akademie Scamozzi und Arnaldi. Für Rom selbst ist die Neu-
belebung der Archäologie von ausschlaggebender Bedeutung. In der zweiten
Hälfte des Jahrhunderts wird die Villa Albani gegründet, deren Architektur schon
wieder auffallend klassizistisch ist. Winkelmanns Wirken kommt hinzu, und als
Krönung der klassizistischen Bewegung ist die um 1800 erfolgende Einrichtung
der neuen Museumsräume für antike Statuen im Vatikan zu betrachten 2).
Auch für das Gebiet der Theaterdekoration arbeiten Künstler, ebenso wie in
Frankreich, im klassizistischen Sinne, und einem Servandoni und Dumont ent-
sprechen hier Piranesi und Basoli. Der Klassizismus Piranesis war allerdings
unendlich reicher und individueller, als der zwar großartige, aber doch im
gewissen Sinne immer akademisch bleibende Schematismus Servandonis. Nie
verleugnete sich der Einfluß venezianischer Malerei und ihrer reichen tonlichen
Abstufungen auf diesen unglaublich vielseitigen Künstler. Diese „Farbigkeit"
vereinigt sich mit einem lebhaften architektonischen Raumgefühl und ergibt so
die besondere Eignung seiner Graphik als Unterlage für Theaterdekorationen.
(1) „Premiörement on elevera dans la Coupe Gdometrale du Th^ätre les objets que l'on
y veut representer, conformements au Plan dejä fait. Secondement on tirera des raisons
du point de vue ä toutes les hauteurs des objets, et leurs points de sections sur les lignes
qui reprösentent l'elövation, en profil des differentes feuilles, marqueront tous les dif-
ferentes hauteurs. Troisiemement on dessinera la Perspective de chaque feuille separement
afin qu'etans raportees sur les plans, elle ne fassent toutes ensembles qu'un meme tableau.
C'est ainsi qu'il sera aise de former des desseins exactes de chaque feuille de deco-
ration, et que l'on pourra les rapporter en grand avec justesse. On doit remarquer que
la hauteur du point de vue doit etre ordinairement ä la plus grande hauteur du plancher
du Th^atre afin d'aider, le plus qu'il est possible, le raccord des objets peints, avec les
objets reels. Lorsqu'on voudra faire une d^coration ä plusieurs feuilles pour un The-
ätre, il faudra avant toutes choses faire le plan et la coupe Geometrale de ce Theätre; y
comprenant les plans des differentes feuilles de d^coration qu'on y veut mettre. Secon-
döment on fera autour de ce plan G6ometral des plans Geometraux des objets qu'on y
voudra representer. Troisiemement on placera le point de vue ä la distence qu'il convient
de la mettre: qui est pour l'ordinaire ä la loge du prince ou de celui qui pröside
aux representations. Quatriömement on tirera de ce point de vue des Rayons qui iront
aboutir aux objets: et leur point de sections sur les lignes qui representent les plans des
differentes feuilles marqueront toutes les largeurs, comme on le peut voir dans cette
Figure."
(2) Vgl. A. Riegl. Die Entstehung der Barockkunst in Rom. Wien 1908.

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