recht, wenn er von einem Werk „durchaus ersten Ranges" spricht und hervorhebt,
daß Bewegung und Massenkontraste von ungewöhnlicher Feinheit sind. Unter
solchen Umständen dürfte es vielleicht gerechtfertigt sein, das große Mittelstück
der Platte mit der Figur der Entschlafenen Vischer selber zuzuschreiben. Gerade
wer sich eingehender mit der Gießkunst um 1500 beschäftigt hat, der darf ruhigen
Blutes die Behauptung wagen, daß es zu jener Zeit in Deutschland überhaupt keine
Hütte gab, die etwas derartig Hervorragendes zu schaffen imstande war. Die
Figur ist wohl aus Vischers eigenen Händen hervorgegangen, aber schon am
Teppich macht sich die Mitarbeit einer weit weniger geschickten Hand geltend.
Es ist immer ein verfängliches Unternehmen, an einem Werke zwei Hände unter-
scheiden zu wollen, hier, glaube ich, ist es gerechtfertigt. Damit hätten wir
dann den bemerkenswerten Fall, daß ein niederdeutscher Geselle an der Grabplatte
einer niederdeutschen Fürstin, die auch aus niederdeutschem Blute entsprossen war,
kräftig mitgearbeitet hat.
Nach einer freundlichen Mitteilung von Herrn Prof. Borchling in Hamburg, einem
der besten Kenner des Niederdeutschen, enthält nun die Umschrift1) eigentlich gar
keine auffallenden dialektischen Eigentümlichkeiten; sie ist vielmehr ein typisches
Beispiel der ausgebildeten mittelniederdeutschen Schriftsprache. Das einzige, was
für die Zeit um 1504 bei einer Inschrift in Wismar auffällt, ist das o in gheborn
und Pomeren, man sollte in beiden Fällen ein a erwarten. Die Wismarschen
Bürgersprachen haben schon 1427 kalen, taghen (= Kohlen, gezogen). Das 0 ist
hier wohl hochdeutscher Einfluß.
Wesentlich mehr verrät dagegen der Name des Künstlers. Zwar ist es schwer
zu sagen, ob man briuth, briuck oder bruith, bruick lesen soll. Crull und Techen
(nach briefl. Mitteil.) haben sich für bruick entschieden; Schlie las briut und gab
eine Abbildung des N, in welches der Name eingraviert ist, jedoch ist das Klischee
belanglos, da es auf einer Zeichnung beruht. Auf alle Fälle ist ein ui oder iu
vorhanden und beides ist eine Schreibung, die bestimmt nicht mecklen-
burgisch ist! Sie beschränkt sich vielmehr auf den niederdeutschen Westen und
wird im westfriesischen und westniederdeutschen als lang ü oder im westfälischen
und niederländischen als lang u gelesen. Wir haben also die Wahl, den Namen
als Brühk oder als Bruhk zu sprechen. Unser Gießer stammt demnach aus einer
Gegend, die von alters für kunstvolle Güsse berühmt war! Nach weiterer Mit-
teilung von Techen ist über diesen Künstler aber nichts näheres bekannt geworden.
Dagegen , gibt es eine alte, nahezu gleichzeitige Nachricht über Grab und Platte
in den Chroniken des Klosters Ribnitz vom Jahre 1522, aus der aber nichts Kunst-
geschichtliches hervorgeht. Es heißt dort zum Schluß: „Darvp licht eyn gaten
missinges sten mit enem groten schonen bylde, na er (nach ihr) gebildet, myt
eren wapen." In Schröder, Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar,
1743, S. 241 heißt es nur „von deren Grabe noch etwas übrig" (Mitteilung von
Techen).
Endlich noch ein Wort über den Erhaltungszustand. Er ist gut und schlecht
zugleich, denn der Schriftrand und die Figur sind einwandfrei erhalten; nur die
Nasenspitze ist weggetreten, obwohl die Figur in einer handbreiten Vertiefung liegt.
(1) „Na cristi vnses heren ghebort Vefteihüdert vnd Im verde jare am fridaghe na misericordias dni
Is de durchluchtige hochgheborn vorstine frawe Sophia gheborn van stetti vnd pomeren etc. Hertogyne
to mekeleborch Vorstine to wede Grevine to Swerin, Rostock vnd Stargarde etc. Der lande frawe
verstorven Der zelen god gnedich vnd barmhertich sy."
299
daß Bewegung und Massenkontraste von ungewöhnlicher Feinheit sind. Unter
solchen Umständen dürfte es vielleicht gerechtfertigt sein, das große Mittelstück
der Platte mit der Figur der Entschlafenen Vischer selber zuzuschreiben. Gerade
wer sich eingehender mit der Gießkunst um 1500 beschäftigt hat, der darf ruhigen
Blutes die Behauptung wagen, daß es zu jener Zeit in Deutschland überhaupt keine
Hütte gab, die etwas derartig Hervorragendes zu schaffen imstande war. Die
Figur ist wohl aus Vischers eigenen Händen hervorgegangen, aber schon am
Teppich macht sich die Mitarbeit einer weit weniger geschickten Hand geltend.
Es ist immer ein verfängliches Unternehmen, an einem Werke zwei Hände unter-
scheiden zu wollen, hier, glaube ich, ist es gerechtfertigt. Damit hätten wir
dann den bemerkenswerten Fall, daß ein niederdeutscher Geselle an der Grabplatte
einer niederdeutschen Fürstin, die auch aus niederdeutschem Blute entsprossen war,
kräftig mitgearbeitet hat.
Nach einer freundlichen Mitteilung von Herrn Prof. Borchling in Hamburg, einem
der besten Kenner des Niederdeutschen, enthält nun die Umschrift1) eigentlich gar
keine auffallenden dialektischen Eigentümlichkeiten; sie ist vielmehr ein typisches
Beispiel der ausgebildeten mittelniederdeutschen Schriftsprache. Das einzige, was
für die Zeit um 1504 bei einer Inschrift in Wismar auffällt, ist das o in gheborn
und Pomeren, man sollte in beiden Fällen ein a erwarten. Die Wismarschen
Bürgersprachen haben schon 1427 kalen, taghen (= Kohlen, gezogen). Das 0 ist
hier wohl hochdeutscher Einfluß.
Wesentlich mehr verrät dagegen der Name des Künstlers. Zwar ist es schwer
zu sagen, ob man briuth, briuck oder bruith, bruick lesen soll. Crull und Techen
(nach briefl. Mitteil.) haben sich für bruick entschieden; Schlie las briut und gab
eine Abbildung des N, in welches der Name eingraviert ist, jedoch ist das Klischee
belanglos, da es auf einer Zeichnung beruht. Auf alle Fälle ist ein ui oder iu
vorhanden und beides ist eine Schreibung, die bestimmt nicht mecklen-
burgisch ist! Sie beschränkt sich vielmehr auf den niederdeutschen Westen und
wird im westfriesischen und westniederdeutschen als lang ü oder im westfälischen
und niederländischen als lang u gelesen. Wir haben also die Wahl, den Namen
als Brühk oder als Bruhk zu sprechen. Unser Gießer stammt demnach aus einer
Gegend, die von alters für kunstvolle Güsse berühmt war! Nach weiterer Mit-
teilung von Techen ist über diesen Künstler aber nichts näheres bekannt geworden.
Dagegen , gibt es eine alte, nahezu gleichzeitige Nachricht über Grab und Platte
in den Chroniken des Klosters Ribnitz vom Jahre 1522, aus der aber nichts Kunst-
geschichtliches hervorgeht. Es heißt dort zum Schluß: „Darvp licht eyn gaten
missinges sten mit enem groten schonen bylde, na er (nach ihr) gebildet, myt
eren wapen." In Schröder, Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar,
1743, S. 241 heißt es nur „von deren Grabe noch etwas übrig" (Mitteilung von
Techen).
Endlich noch ein Wort über den Erhaltungszustand. Er ist gut und schlecht
zugleich, denn der Schriftrand und die Figur sind einwandfrei erhalten; nur die
Nasenspitze ist weggetreten, obwohl die Figur in einer handbreiten Vertiefung liegt.
(1) „Na cristi vnses heren ghebort Vefteihüdert vnd Im verde jare am fridaghe na misericordias dni
Is de durchluchtige hochgheborn vorstine frawe Sophia gheborn van stetti vnd pomeren etc. Hertogyne
to mekeleborch Vorstine to wede Grevine to Swerin, Rostock vnd Stargarde etc. Der lande frawe
verstorven Der zelen god gnedich vnd barmhertich sy."
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